Gaming PCs werden immer kleiner. Wie zuletzt der MSI Nightblade Mini hier im Blog beweisen konnte, muss das aber nicht immer zu Lasten der Performance gehen. Vor allem durch immer genügsamer werdende Grafikkarten kann immer mehr Leistung in immer kleinere Gehäuse gesteckt werden. Nvidia hatte hierzu die MXM Version seiner GTX980 vorgestellt, die sogar in Notebooks Platz findet. MSI hat sich das zunutze gemacht und zur CES 2016 mit dem Vortex G65 einen High-End PC im Mini Format vorgestellt. Nach gefühlt endlosem Warten konnte ich endlich ein Testgerät ergattern, um zu prüfen, ob das System seine Versprechungen halten kann.
Zum Test habe ich von MSI direkt das Topmodell erhalten, die technischen Daten fallen dem entsprechend gut aus:
- Intel® Core™ i7 Prozessor der sechsten Generation
- Windows 10 Home
- Zwei NVIDIA® GeForce® GTX™ 980 Grafikkarten der Desktop-Klasse mit je 8GB Speicher im SLI®-Verbund
- Hohe Geschwindigkeit mit neuem DDR4-Arbeitsspeicher
- Super RAID 4 mit extrem schnellen PCI-Express-NVMe-SSDs
- Starke und leise Silent-Storm-Radial-Kühlung
- Thunderbolt™3 mit USB 3.1 Typ-C-Unterstützung
- Killer™-DoubleShot-Pro-X3-Gaming-Netzwerk mit Killer™ Shield
- Dual-LAN und ac-WLAN mit ExtremeRange™-Technik
- Mehrfarbige und steuerbare Gehäusebeleuchtung
- Nahimic Audio Enhancer für besten Klang
- Integriertes, starkes 450-Watt-80-PLUS-Gold-Netzteil
Alternativ dazu bietet MSI noch eine günstigere Version mit 16GB RAM und zwei GTX960 anstelle der GTX980 an.
Der Lieferumfang ist schnell beschrieben: Neben dem PC liegen das 3-Polige Stromkabel und eine Hand voll Unterlagen bei, die Informationen zur Garantie etc. enthalten. Das wars dann aber auch schon.
Üppiger fallen da die Anschlüsse aus: 4x USB 3.0, 2x HDMI, 2x Mini-Displayport, 2x USB 3.1 Typ C, 2x GBIT LAN, S/PDIF Out, 2x 3,5mm Klinke für Micro und Kopfhörer.
Alle Anschlüsse sitzen an der Rückseite, was durch die geringe Größe aber nicht weiter stört. Für einen Multi-Display-Betrieb und unzähliges Zubehör sind auch auf jeden Fall genügend Anschlüsse vorhanden. Gerade die USB 3.1 Typ C Anschlüsse sind extrem vielseitig und sollten bei keinem modernen System mehr fehlen.
Verarbeitung
Wie immer geht’s nach einem Blick aufs Datenblatt an die Äußerlichkeiten: Die Verarbeitung ist rundum gut, nichts klappert oder wackelt. Das Gehäuse besteht zum Großteil aus Kunststoff, die abnehmbaren Seitenteile jedoch aus Aluminium. Ansonsten gibt es gleichmäßige Spaltmaße und das Gehäuse macht insgesamt einen hochwertigen Eindruck. Die LED-Beleuchtung, die per Software gesteuert und angepasst werden kann, rundet das ganze ab und bringt noch etwas „Gaming Flair“ in das sonst eher zurückhaltende Grau.
Die Verarbeitung im Inneren kann ich persönlich nicht beurteilen. Wer sich für das Innenleben interessiert kann sich den kompletten Teardown von Linus‘ Techtips anschauen:
https://www.youtube-nocookie.com/watch?v=qIVutYE6vxc
Wer nicht das komplette Video sehen möchte: Die Seitenteile lassen sich mit wenigen Handgriffen entfernen und bieten Zugriff auf eine M.2 SSD, den RAM und die 2,5″ Festplatte.
➡ zu notebooksbilliger.de
Das komplette Zerlegen dauerte rund eine Stunde und gibt einen Anhaltspunkt, wie komplex der Aufbau ist. Was auch klar wird: MSI hat hier wirklich viel Arbeit in das Kühlsystem gesteckt, denn das komplette System aus High-End Core i7 und gleich zwei GTX980 Grafikkarten wird einzig über einen Radiallüfter gekühlt. Der fällt natürlich dementsprechend groß aus und sitzt im Kopf des Vortex.
Software
MSI stattet seine Systeme mit der MSI Dragon Control Software aus, mit der man viele Aspekte des Systems individualisieren, aber auch automatisieren kann. Darüber lassen sich z.B. die LED des Gehäuse steuern, verschiedene Profile erstellen in denen dann die Lüfterdrehzahl, Übertaktung des Prozessors, usw. festgelegt werden können. Auf Tastendruck wird dann das Profil aktiviert und z.B. das ausgewählte Spiel nebst Teamspeak gestartet.
Kühlsystem
Schauen wir uns das „Storm Cooling“ genannte System mal genauer an. Es erinnert insgesamt an den Apple Mac Pro, der ebenfalls mit nur einem Lüfter auskommt um damit zwei Grafikkarten und seine CPU zu kühlen. Auch von der Größe her unterscheiden sich die beiden nur geringfügig.
MSI hat, wie schon erwähnt, ordentlich Arbeit investiert um das Kühlsystem zu bauen. Dabei hat man, wenn man den Aufbau von Mac Pro und MSI Vortex vergleicht, nicht einfach abgeguckt, sondern ein eigenes System mit anderem Airflow konstruiert. Während beim Mac Pro ein großer Kühlkörper („Thermal Core“) für CPU und beide GPUs zum Einsatz kommt, setzt MSI auf individuelle Heatspreader für jede der drei Komponenten, die zudem nicht nach innen, sondern nach außen gerichtet sind. Die Heatspreader sind außerdem durch größere Abstände zwischen den Finnen auf langsamen, gleichmäßigen Luftzug optimiert.
Das System arbeitet so, dass der Lüfter im Normalbetrieb nur auf sehr geringer Drehzahl läuft, um einen Strom frischer Luft am Boden einzusaugen, der dann auf seinem Weg nach oben durch sämtliche Kühlkörper strömt und die Komponenten kühl hält. Im Idle auf dem Desktop ist der Lüfter zudem meist komplett deaktiviert und das System wird (fast) rein passiv gekühlt. Möglich ist das durch ein ganz einfaches physikalisches Prinzip: Warme Luft steigt auf, sodass sich allein durch die Anordnung der Komponenten ein stetiger Luftstrom entwickelt, der zur Kühlung im Idle oder bei leichten Tasks vollkommen ausreicht. Die Temperaturen bewegen sich im Idle dann um die 50°C.
Einen Mini-Haken hat das System aber: Das Netzteil kann – vermutlich aus Platzgründen – nicht komplett passiv gekühlt werden, daher wurde ein kleiner zusätzlicher Lüfter nötig, der auch im Idle läuft. Ohne diesen wäre der Vortex im Idle und bei leichten Tasks wahrscheinlich lautlos. Vielleicht ein Ziel für die zweite Generation, MSI? 😉 Aber dennoch: Der kleine Lüfter ist sehr leise und kaum wahrnehmbar. Schon aus rund 60cm Entfernung musste ich mich in der normalen Büroumgebung konzentrieren, um ihn zu hören.
Wie sich die Konstruktion unter Last schlägt schauen wir uns aber später an, nun erstmal zum Wichtigsten:
Performance
Die Performance ist natürlich das, was euch am meisten interessiert – und mich selbstverständlich auch. Die Komponenten versprechen auf jeden Fall richtig Power, die sich nun in diversen Benchmarks beweisen muss.
SSD-Super-RAID
Schauen wir uns erstmal die SSDs an. Zum Einsatz kommen zwei Samsung SM951 SSDs mit jeweils 128GB. Dabei handelt es sich um M.2 PCIe x4 SSDs, es dürfte also alles recht flott von der Hand gehen – und das tut es auch. Über 3GB/s lesend und 1GB/s schreibend sind möglich, was den RAID deutlich schneller macht als eine einzelne SSD. Auch bei den 4K Random Read/Write Vorgängen liefert der SSD Verbund sehr gute Werte, die allerdings auf „normalem“ Niveau von schnellen NVMe PCIe SSDs liegen. Die Reaktionszeiten sind ebenfalls ordentlich, also insgesamt eine mehr als solide Darbietung.
CineBench
Hier muss die Core i7 CPU zeigen, was sie kann, wirklich überraschend ist das gute Ergebnis daher nicht. Auch im Open GL Benchmark geben sich die beiden GTX980 keine Blöße.
Emissionen
Nach den einleitenden Worten zum Kühlsystem jetzt die harten Fakten. Unterscheiden werde ich wie immer in Idle, normale Last, Gaming und Extrembelastung. Die Extrembelastung dient dabei wie gewohnt nur dem Test des Kühlsystems, um die Reserven oder eventuelle Schwachpunkte zu finden, in der Praxis hingegen sind diese Werte nahezu unerreichbar.
Idle
Wie schon bei der Erläuterung zum Kühlsystem selbst angeschnitten ist das System im Idle bzw. bei geringer Last wie im Internet Surfen nahezu lautlos. Der große Radiallüfter muss nur selten langsam anspringen, daher hört man meist nur den Netzteillüfter leise vor sich hin säuseln. Die Temperaturen bewegen sich dabei um die 50°C (20°C Raumtemparatur), also alles im normalen Bereich.
Normale Last
Das übliche Multitasking aus Videos per Stream, etwas surfen, Textverarbeitung, nebenher läuft noch ein größeres Update für ein Spiel – was halt im Alltag so anfällt. Hier gibt es nahezu keine Unterschiede zum Idle Betrieb. Der Lüfter läuft etwas öfter, aber auch auf geringer Drehzahl und ist daher nur gelegentlich wahrnehmbar. Die Temperaturen bewegen sich weiterhin um die 50°C.
Hohe Last/Gaming
Hier hat das System natürlich weit mehr zu tun und der Lüfter läuft durchgehend. Durch die Größe des Lüfters muss er dennoch nicht besonders hoch drehen, was in einem niederfrequenten Rauschen resultiert. Es tritt kein hochfrequentes Pfeifen o.ä. auf. Das System ist dabei aus etwa 1m Entfernung deutlich zu hören, da es aber ein Niederfrequentes Rauschen ist, ist es leicht zu übertönen. Schon Musik auf Zimmerlautstärke genügt, damit man den Vortex G65 vergisst. Trägt man alternativ ein Headset zum Zocken wird man den PC gar nicht mehr hören. Die Temperaturen gehen allerdings sichtlich in die Höhe, die Grafikkarten pendeln sich bei 80 bis 86°C ein, die CPU lag bei gemütlichen 60°C. Beides sind Normalwerte unter Last, die Nvidia Grafikkarten haben bei etwas über 80°C sogar ihre „Wohlfühlzone“. Interessant finde ich nur, dass die Grafikkarten, obwohl baugleiche Kühlkörper verwendet wurden, unterschiedliche Temperaturen ausgeben. Wird wahrscheinlich an unterschiedlichen Workloads liegen, spannend ists aber allemal.
Extrembelastung
Als Extremtest müssen mal wieder Prime95 und Furmark herhalten. Furmark läuft dabei auf 3840×2160 Pixeln, 8x Anti-Aliasing und im „Extreme Burn-In“ Preset, während Prime95 im „Maximum Heat“ Preset läuft. So werden die Komponenten wirklich aufs äußerste belastet, was auch in einer hörbar höheren Drehzahl mündet. Dennoch gibt es kein pfeifen o.ä., sondern es bleibt im Niederfrequenten Bereich. Ein Großteil der Geräuschkulisse entsteht durch den Luftzug, nicht den Lüfter selbst, weshalb es auch jetzt noch recht leicht übertönt werden kann. Die CPU Temperaturen sind allerdings nicht mehr optimal: Der Prozessor schießt auf bis zu 100°C hoch, die Grafikkarten pendeln sich dagegen bei etwa 85°C ein. Der Prozessor kratzt damit am Limit – angesichts des Tests nicht ungewöhnlich, Overclocker sollten daher aber vorsichtig sein und nicht zu schnell hoch schrauben.
Fazit
Insgesamt liefert das System eine sehr gute Vorstellung. Die Performance liegt wie angegeben auf dem Niveau eines großen Desktops, die Lautstärke hält sich in Grenzen, die Verarbeitung stimmt. Für ein System dieser Baugröße gibt es also nichts auszusetzen.
Auf der positiven Seite haben wir damit die hohe Leistung auf kleinem Raum, viele Anpassungsmöglichkeiten durch die MSI Software, eine gute Verarbeitung und das ausgeklügelte Kühlsystem mit nur einem Lüfter.
Negativ ist der meist gut hörbare Lüfter festzuhalten. Aufrüsten lassen sich nur der RAM, eine SSD und der 2,5″ Slot ohne größere Umbauaktionen.
Preislich liegt der Vortex G65 mit dual GTX980 aktuell (Stand 30.05.2016) bei 3599 Euro, wer es etwas günstiger möchte und dennoch nicht auf das kompakte Gehäuse verzichten will kann zur Version mit dual GTX960 Setup für derzeit rund 2200 Euro greifen. MSI zeigt hier letztlich, was Physikalisch derzeit möglich ist, dafür ist der Preis angemessen.