Anfang November hat HUAWEI mit dem Mate 9 seine neueste Iteration der beliebten Mate Serie vorgestellt. An Features wurde nicht gespart, HUAWEI hat so ziemlich verbaut, was man aktuell im Portfolio hat. Das Mate 9 dient seit kurz nach der Vorstellung nun als mein Daily Driver, sodass ich einen ersten Eindruck für euch zusammenfassen möchte. Einen ausgiebigen Test gibt es dann zu einem späteren Zeitpunkt.
Vorweg: Bei meinem Testgerät handelt es sich softwareseitig noch um ein Vorserienmodell, die Software ist also noch nicht ganz fertig. Daher kann es hier noch zu Abweichungen und Fehlern kommen, die es in der finalen Release-Version nicht mehr geben wird.
Highlights des Mate 9 sind unter anderem die neue Dual-Kamera samt optischem Bildstabilisator und Hybrid-Zoom, der 4000mAh große Akku und die HUAWEI SuperCharge getaufte Schnellladetechnik. Aber auch softwareseitig soll es durch Machine Learning mit steigender Nutzungszeit nicht langsamer, sondern schneller werden.
HUAWEI hat also ordentlich aufgetischt, ob man die Erwartungen halten kann muss die Praxis zeigen. Die Verarbeitung ist auf jeden Fall extrem gut gelungen. Alle Spaltmaße sind gleichmäßig, das Material fühlt sich sehr hochwertig an. Optisch erinnert es an vorangegangene HUAWEI Smartphones, was auch wenig überraschend ist. Durch die abgerundeten Ecken und Kanten liegt es trotz der Größe angenehm in der Hand. Allerdings ist die Rückseite durch das Aluminium auch etwas rutschig.
Softwareseitig setzt das Mate 9 auf Android 7.0 Nougat und die HUAWEI Emotion UI 5.0 (EMUI 5.0). Im Gegensatz zum EMUI 4.1, das beispielsweise auf dem HUAWEI P9 zum Einsatz kommt, ist Version 5.0 deutlich näher an Stock Android angelehnt. Auffällig wird dies schon beim Launcher, denn hier bietet das Mate 9 wahlweise sogar einen App-Drawer, der bei den Vorgängern nicht vorhanden war. Wer will, kann aber natürlich auch weiterhin einen alternativen Launcher nutzen.
Positiv fiel mir auch direkt auf, dass HUAWEI sich in EMUI 5.0 offenbar von der Ultra-Stromspar-Politik verabschiedet hat. Anstatt standardmäßig alle Apps zu schließen, sobald das Display abschaltet, bleiben nun alle Apps aktiv. Wer möchte kann aber in den erweiterten Energieeinstellungen Apps festlegen, die automatisch geschlossen werden. Statt des Opt-Out gibt es nun eben ein Opt-In für diese Art des Energiesparens. Auch der Arbeitsspeicher wird nicht mehr so rigoros ausgeleert, Apps müssen also nicht ständig komplett neu laden. Gerade für die Zuverlässigkeit von Widgets und Benachrichtigungen ein guter Schritt, denn bei früheren Modell gab es durch den rigorosen Energiespar-Prozess häufig Probleme, vor allem mit ausbleibenden Benachrichtigungen.
Ansonsten läuft die Bedienung flüssig, Ruckler oder Stocken habe ich bislang nicht bemerkt. Apps öffnen außerdem extrem schnell, schneller als ich es bislang auf einem Smartphone erlebt habe. Durch die vielen kleineren Änderungen in der Software habe ich bislang allerding nur einen Bruchteil der Funktionen wirklich entdeckt. Hier ein umfangreiches Fazit zu ziehen wird daher noch etwas dauern.
Auf der Hardware-Seite hat mich vor allem die Kamera interessiert, daher wurde die auch am ausgiebigsten ausprobiert. Wie im P9, das ich bisher genutzt habe, gibt es sowohl einen Farb- als auch einen Monochrom-Sensor. Im Mate 9 wurde die Auflösung des Monochrom-Sensors auf 20 Megapixel erhöht, der Farbsensor bleibt bei 12 Megapixel. Dafür gibt es nun einen optischen Bildstabilisator, der gerade bei Videos hilfreich sein dürfte. Ein weiterer großer Vorteil dieses Dual-Kamera-Setups: Fotos werden, wenn in Farbe aufgenommen wird, mit beiden Sensoren aufgenommen und diese Aufnahmen dann ineinandergelegt. Dadurch erhält auch die Farbaufnahme mehr Detail- und Kontrastinformationen, was gerade in schwierigem Licht zu deutlich besseren Aufnahmen führen soll. Durch die höhere Auflösung des Monochrom-Sensors ist auch ein digitaler 2x Zoom möglich, ohne dabei den üblichen Pixelbrei zu erhalten. So zumindest die Theorie. Die Kamera App hingegen hat sich nur leicht geändert, was auch gut so ist.
Für mich das Highlight ist definitiv der Monochrom-Sensor mit seinen 20 Megapixeln. Da der für Farbaufnahmen nötige Beyer-Filter entfällt, kann mehr Licht auf den Sensor durchdringen, das sorgt für mehr Details auch bei sehr schlechtem Licht. Das Ergebnis sind extrem detaillierte Aufnahmen, selbst bei schlechtem Licht. Wirkliche Schwächen konnte ich bislang nicht finden, außer dass die Automatik hin und wieder zum überbelichten neigt. Die Details machen das aber locker wieder wett, hier einmal eine Aufnahme samt 100% Crop Ausschnitt.
Die 12 Megapixel Hauptkamera liefert auch gute Ergebnisse, hat aber hier und da noch mit Problemen zu kämpfen, die wahrscheinlich auf die Vorserien-Software zurückzuführen sind. Bei HDR-Aufnahmen unter schlechten Lichtverhältnissen kann es dadurch zu teils massiver Artefaktbildung kommen. Das betrifft nicht jede Aufnahme, aber kommt relativ häufig vor. Ansonsten neigt die Kamera bei schlechtem Licht teilweise noch zur Überbelichtung, auch das kann aber noch per Software korrigiert werden. Da die Software also offensichtlich noch nicht final ist, möchte ich hier mit einer genaueren Beurteilung noch warten, bis das angekündigte Update verfügbar ist.
Da sich die App nicht weiter geändert hat, findet man den Pro-Modus weiterhin mit einem einfachen Wisch über einen kleinen Balken neben dem Auslöser. Hier können dann auf die Schnelle ISO, Verschlusszeit, Weißabgleich, Belichtungskorrektur und Fokus manuell eingestellt werden. Damit lässt sich die Automatik auch schnell korrigieren bzw. überstimmen. Interessant ist der Ansatz von HUAWEI, dass Fotos zwar im RAW-Format, also als unbearbeitetes Rohformat, gespeichert werden können, dies aber nur im Pro-Modus erfolgt. Interessant ist es deshalb, weil die RAW-Bilder sehr viel Speicherplatz benötigen. Vorher musste man sich daher immer entscheiden, ob man alle oder kein Foto als RAW speichert – bei HUAWEI ist die Entscheidung nun für jedes Foto möglich, durch kurzes Wischen in den Pro-Modus. Schnelle Schnappschüsse nehmen nicht unnötig Platz weg, während Fotos für die man sich Zeit genommen hat auch als DNG vorliegen und deutlich umfangreicher nachbearbeitet werden können, wenn man das möchte. Hier gibts ein paar Beispiele, ungeschönt direkt und unbearbeitet.
Dann ist da noch der Akku. 4000mAh misst dieser und soll so für lange Laufzeiten sorgen. Der Vorgänger Mate 8 konnte damit ja bereits überzeugen. Mit dem HUAWEI SuperCharge getauften Schnellladesystem soll der Akku nun auch schnell wieder befüllt sein.
Die Laufzeit braucht sich gegenüber dem Vorgänger auch nicht zu verstecken. Mein normaler Tag mit relativ starker Nutzung – unter anderem drei E-Mail-Konten und diverse Messenger die per Push Benachrichtigungen senden und hin und wieder ein kurzes Spiel – reicht nicht, um den Akku in die Knie zu zwingen. Am Ende des Tages kam ich meist auf etwa drei bis vier Stunden aktive Display-Zeit, der Akku zeigte dann noch rund 50% Restkapazität an. Die Laufzeit ist aber natürlich auch stark von der jeweiligen Nutzung abhängig, ebenso scheint es bei anderen Testern mit denen ich mich unterhalten habe noch Probleme mit der Laufzeit zu geben. Etwas Feinschliff zur Optimierung der Laufzeit ist also auch nicht Unwahrscheinlich.
Ein bislang recht unklarer Punkt sind die verbauten Lautsprecher. Oft liest man von Stereo-Lautsprechern, in der Praxis ist diese Angabe aber nicht nachvollziehbar. Auch HUAWEI erwähnt in den Produktdaten keine Stereo-Speaker. Es handelt sich eher um ein Hybrid-System aus zwei Lautsprechern. Der Haupt-Lautsprecher, der sich unten rechts befindet, sorgt für das Volumen und die Tiefen bis mittleren Töne, während die Hörmuschel als Zweitlautsprecher dient und für die Höhen sorgt und Sprache unterstützt. Das hört man sehr gut heraus, wenn man die Lautsprecher einfach abwechselnd mit einem Finger abdeckt. Akustisch sind die Lautsprecher trotzdem keine Offenbarung. Um kurz ein Video zu gucken oder per Lautsprecher zu Telefonieren reicht es, Musik darüber zu hören ist aber maximal als Notlösung tauglich.
Zusammengefasst macht das Mate 9 wirklich Spaß. Es ist schnell, das Dual-Kamera-Konzept geht für mich voll auf und es liegt sehr gut in der Hand. Hardwareseitig hat HUAWEI hier nahezu alles richtig gemacht. Bessere Lautsprecher und Audio-Hardware generell wäre wünschenswert gewesen, ebenso, dass HUAWEI auf USB 3.1 statt 2.0 setzt, das wars aber auch schon. Echte Kritikpunkte an der Software sind im Moment allerdings noch schwer als solche zu definieren: Die Software der Testgeräte ist noch nicht Final, sodass es noch einige kleinere Fehler gibt, die bis zum Marktstart behoben sein sollen. Erst danach ist ein abschließendes Urteil über das Gerät und die Software möglich.