„Team Rot ist zurück“ – So oder so ähnlich könnte man die neuen AMD RX 9070-Grafikkarten in Kürze zusammenfassen. Das hat viel mit der neuen RDNA4-Architektur und dem Aufholen bei wichtigen Software-Features zu tun. Eine Rolle spielt allerdings auch ein stagnierender Wettbewerb – und ein wohl temperierter Preis.
Warum AMDs Comeback genau zur richtigen Zeit kommt
Aber der Reihe nach. Warum greift AMD nun zuerst in der Mittelklasse an und springt dazu von der 7000er Reihe direkt zu Zahl 9000? Das hat einfache Gründe, die aber sicher nicht jedem bewusst sind: Mit dem Wechsel zur 9000er Serie, gleicht AMD die Namensgebung der Grafikkarten an die seiner Ryzen-Prozessoren (zum Ryzen 9000 Test) an.
Und warum in der (oberen) Mittelklasse? Weil AMD hier am ehesten Potenzial sieht, GPUs zu verkaufen. Die Mittelklasse-GPUs von Nvidia gingen die letzten Jahre preislich auf die Vierstelligkeit zu und waren bei Release meist kaum verfügbar. Mit der RTX 5000er Serie wurde zuletzt wieder die Brechstange herausgeholt, was in Grafikkarten resultiert, die einen noch größeren Energiehunger aufweisen als ihre bereits durstigen Vorgänger, die dabei aber kaum mehr leisten.
Enter AMD: Mit den beiden neuen GPUs soll nun vieles besser werden. Der Start wurde sogar verschoben – mutmaßlich, um direkt eine bessere Verfügbarkeit zu garantieren. Die Konkurrenz soll endlich wieder eingeholt werden, und zwar nicht nur bei der Leistung, sondern auch bei der so wichtigen Effizienz. Mehr Power bei weniger Energieverbrauch also.
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Radeon RX 9070er Serie: Der Fertigungsprozess ist dichter als bei Nvidia
Mit dem neueren TSMC N4P-Fertigungsprozess hat AMD diesmal eine höhere Transistorendichte als Nvidia. Denn im Gegensatz zu vergangenen Generationswechseln, verbesserte sich „Team Grün“ mit RTX 5000 hier kaum und setzt weiter auf den etablierten 4N-Prozess.
Kurzgesagt: Je kleiner ein Transistor ist, desto mehr lassen sich davon auf der Chip-Fläche unterbringen und mit Strom versorgen. Pro Fläche braucht man grobgesagt denselben Energiebedarf und je mehr Transistoren dort sind, desto schneller läuft – stark vereinfacht – der Chip. Ergo: Ein kleinerer Chip braucht dementsprechend auch weniger Strom.
In Zahlen: Auf 357 mm² bringt Navi 48, wie der Chip bei AMD intern heißt, eine Transistorendichte von 151 MTr/mm² unter. Das sind etwa 25% mehr als bei Nvidias GB202, der in der RTX 5070 Ti und 5080 zum Einsatz kommt (dort: 123 MTr/mm²).

Anschlussseitig stehen 3x DisplayPort 2.1a und 1x HDMI 2.1 bereit
Dazu kommt eine erstaunlich sparsame Leistungsaufnahme beim Non-XT-Modell von gerade einmal 220W Total Board Power. Das XT-Modell verbraucht trotz niedrigem Aufpreis mit 304W satte 38,04 Prozent mehr in der Spitze. Damit befeuert sie 14,29% mehr Rechen- und Shader-Einheiten (XT: 4.096 Shader-Einheiten, Non-XT: 3.584).
Model | Rechen-einheiten | Shader-Einheiten | GDDR6 | Boost-Takt (GHz) | Memory Interface | Infinity Cache | TBP | Preis (UVP) |
AMD Radeon RX 9070 XT | 64 | 4.096 | 16 GB | Bis zu 2,97 | 256-bit | 64 MB | 304W | 679€ |
AMD Radeon RX 9070 | 56 | 3.584 | 16 GB | Bis zu 2,52 | 256-bit | 64 MB | 220W | 629€ |
Wir konnten für diesen ersten Test jeweils ein Custom-Design der Acer Radeon Nitro 9070 & 9070 XT ergattern. Die beiden GPUs kommen vergleichbar bepreist und haben denselben Kühler, unterscheiden sich aber in einigen entscheidenden Punkten: Neben dem Mehr an Recheneinheiten verfügt unsere 9070 XT Nitro auch über drei 8-Pin-Stromstecker, während die normale 9070 mit zwei auskommt.

Zwei 8-Pin-Anschlüsse sind Standard, manche Hersteller setzen beim XT-Modell auf drei oder gar den neueren 12VHPWR-Anschluss.
Laut AMD sind zwei klassische 8-Pin-Ports für beide GPU-Modelle die Norm, die Boardpartner können jedoch darüber hinaus gehen. Alternativ wird von einigen Herstellern auch die neue 12V-HPWR-Schnittstelle angeboten. Was AMD schon lange richtig macht: Beide Grafikkarten verfügen über einen 16 GB großen Speicher. Als Boost-Takt stehen 2.970 MHz (XT) respektive 2.520 MHz (non XT) zu Buche. Ein Plus von circa 20 Prozent – was genau der AMD-Referenz entspricht. Teurere Custom-Modelle drehen hingegen stärker an der Taktschraube und lassen sich laut ersten Erkenntnissen wohl auch ordentlich übertakten.
Die meisten Verbesserungen liegen aber – Übertaktung hin oder her – in der neuen RDNA4-Architektur: So wurde die Bearbeitung von Matrizen-Operationen deutlich optimiert und der Scheduler stark überarbeitet. Letzterer entscheidet – vereinfacht gesagt – in welcher Reihenfolge Daten von eurer GPU bearbeitet werden. Ganz besonderes Augenmerk wurde auf eine Sache gelegt, bei der AMD bislang im Hintertreffen war. Dazu gleich mehr.
Unser Testsystem für die RX 9070 (XT):
Erst einmal aber zum Testaufbau: Wir konnten beide GPUs ausführlich durch unseren Test-Parcours aus 6 Spielen jagen. Die Auswahl ist nicht riesig, deckt mit den verschiedenen Titeln aber mehrere Generationen an Games ab. Sowohl aktuelle, RT-lastige (CP2077, Indiana Jones) als auch ältere (Shadow of the Tomb Raider), CPU-gebundene (ANNO 1800) und Multiplayer-Spiele sind dabei (Counter Strike 2). Dafür nutzten wir dieselbe Plattform, wie bereits für unseren Test der RTX 4000er-Super-Reihe.
- CPU: AMD Ryzen 9 7900X3D
- CPU-Kühler: Arctic Liquid Freezer II 360
- Mainboard: ASUS ROG STRIX X670E-E
- RAM: Crucial Pro OC Schwarz 32GB Kit (
- Netzteil: Seassonic VERTEX GX-1000 1000W
- Hauptspeicher: Samsung 990 PRO SSD
- Gehäuse: be quiet! DARK BASE 701 Black
- Betriebssystem: Windows 11 Home
- Grafikkarten-Treiber: AMD-Software-Adrenalin-Edition-24.30.31.03 -Press Build
Großer Zugewinn bei Raytracing und fast auf Augenhöhe mit 4080 und 5070 Ti
AMDs eigene Folien verrieten es bereits vor Release: Gerade die Leistung mit Raytracing soll bei RDNA4 deutlich wachsen. Beim Zuschalten von RT-Effekten mussten vorherige AMD-Generationen bislang stärkere Einbußen als die Konkurrenz von Nvidia hinnehmen. Das ändert sich mit RDNA4. Hier liefert die Radeon RX 9070 XT als Flaggschiff-Modell der neuen Generation in 4K – laut AMD – durchschnittlich 42 Prozent mehr Bilder die Sekunde als die „spirituelle Vorgängerin“ Radeon RX 7900 GRE. Zum deutlich teureren Konkurrenzmodell RTX 5070 Ti herrscht in einem Mittel aus 30 Spielen annähernd Gleichstand, wobei der Abstand mit RT etwas größer wird.
- RX 9070 vs RX 7900 GRE
- RX 9070 XT VS RX 7900 GRE
- RX 9070 XT VS RTX 5070 Ti
So viel zu AMDs Behauptungen, doch was sagen die Benchmarks?
Beide AMD-Grafikkarten schlagen sowohl die von uns gemessene 4070 Super und somit dann auch die etwas langsamere 5070.
Das XT-Modell liefert sich mit Raytracing einen engen Schlagabtausch mit der 4070 Ti Super und liegt nur teilweise 9-16 Prozent hinter der deutlich teureren RTX 4080. Letztere taugt auch als guter Vergleich um die neue RTX 5070 Ti zu erfassen. Wir hatten sie zwar noch nicht im Test, laut diversen Kollegen ist sie allerdings in etwa auf einem Level mit der RTX 4080 zu sehen. Das gute Ergebnis der 9070 XT in diesem Vergleich wird noch beeindruckender, wenn man sich die UVP-Unterschiede vor Augen führt: Fast 200 Euro liegen zwischen den beiden GPUs.
Allerdings sieht es noch nicht in allen Games perfekt aus: In Indiana Jones & der Große Kreis traten mit Pathtracing starke Performance-Verluste auf, die in 4K sogar in mehreren reproduzierbaren Abstürzen beim non-XT-Modell gipfelten. Das mag in diesem Fall aber am Game liegen, da das RT-Feature für AMD-GPUs erst mit dem letzten Update hinzugefügt wurde und wir noch einen Vorserien-Treiber für den Test nutzten.
In den meisten Fällen lässt sich sagen, dass die XT und non-XT in 1080p selten mehr als 5-10 Prozent trennen. In einigen Games war sogar das günstigere Modell schneller, wobei es sich hier um Messabweichungen oder Messungen im CPU-Limit handeln kann. Erst in 4K zieht die XT im Durchschnitt um 10-15 Prozent davon. Schaltet man Raytracing hinzu, wird der Abstand in höheren Auflösungen oder höher skalierendem FSR noch deutlicher. In Indiana Jones und Cyberpunk wollte die Non-XT auf maximalen Settings keine Bilder mehr ausgeben und es kam zu reproduzierbaren Abstürzen. Da alles andere problemlos lief und CP2077 sowie Indiana Jones ohne Pathtracing gute Bildraten erzeugten, sehen wir die Probleme eher im Treiber bzw. der Optimierung der Games.
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FSR 4 ist ein wortwörtlicher Game-Changer
Mit FidelityFX Super Resolution 4 schickt AMD den hauseigenen KI-Hochskalierer in die vierte Generation. Und während der Vorgänger im Vergleich zu Nvidias Lösung DLSS meist noch etwas hinterherhinkte, was Bildqualität & Performance angeht, macht FSR4 nun einen riesigen Sprung. Echte Bild-Unterschiede zum neuesten DLSS muss man mit der Lupe suchen – und selbst dann wird es schwer. Objekte in Bewegung und feine Linien in der Distanz werden nun deutlich schärfer dargestellt und Ghosting ist gefühlt sogar noch geringer als bei DLSS4. Nur der Performance-Gewinn des Hochskalierers liegt noch wenige Prozent hinter Nvidia – wenn wir dafür aber ein noch glatteres Spielerlebnis bekommen, nehmen wir das gerne in Kauf.
Besonders im Vergleich mit FSR3 (hier kommst Du zu einem Vergleich der älteren Lösungen) steigt die Bildqualität also enorm. Sobald wir mehr Games (bislang nur Horizon) damit testen können, aktualisieren wir den Artikel an dieser Stelle. Ein einziger kleiner Wermutstropfen: Für ältere AMD-GPUs wird FSR4 diesmal nicht nachgereicht und bleibt ein RDNA4-exklusives Feature.
Temperaturen & Verbrauch: Keine Hitzköpfe, aber große Unterschiede
Wie eingangs erwähnt ist der Verbrauchs-Unterschied der beiden neuen Radeon-Grafikkarten nicht gerade gering. Die genannten 38% mehr Watt schrumpfen in der Praxis jedoch: Zwar überbietet unsere Referenz-nahen RX 9070 XT mit gemessenen 307W ihre Werksangabe knapp, doch der kleine Bruder 9070 langt mit 230W sogar gute zehn Watt mehr zu.
Dennoch bleiben beide Grafikkarten in guten Temperatur-Bereichen von maximal 63 Grad bzw. 69 Grad (XT). Daran hat der massive Triple-Slot-Kühler der Acer Nitro-Karten sicher seinen Anteil. Er ist aus dem geschlossenen be quiet! Dark Base 701 erst unter Volllast zu vernehmen, in den meisten Games jedoch kaum hörbar. Im Normalbetrieb schaltet er dann seine Lüfter aus und bleibt so stumm.
Presseschau: Von Effizienzwundern und Übertaktungsmonstern
Besonders die RX 9070 scheint also im Sweet-Spot aus Performance und Verbrauch zu laufen, der die letzten Jahre über bei Grafikkarten immer mehr verloren gegangen zu sein scheint. Für etwa 10-15% weniger Leistung verbraucht sie ein Drittel weniger an Strom als der große Bruder XT. Pro berechnetem Bild gehört sie damit sogar zu den effizientesten Grafikkarten momentan, wie die Kollegen von Computerbase in ihrem Test sehr schön veranschaulicht haben. Auch die englischsprachigen Kollegen von Gamer’s Nexus waren von AMDs Effizienzwunder begeistert (zum YouTube-Video).

Die Metall-Backplate der Acer Nitro-Modelle sorgt für eine hochwertige Haptik
Ein weiteres Ausrufezeichen setzt PCGH: Dort wurde eine Asrock Taichi 9070 XT auf eine Taktrate von 3,2 GHz gebracht, was ihr am Ende eine Leistungszunahme von durchschnittlich zehn Prozent beschert. Damit liegt sie gar über einer 5070 Ti.
Fazit: AMDs neue GPUs können eine Wende einläuten
AMD ist zurück! Mit ihren Preisen von 629 und 689 Euro rollen die beiden neuen Radeon-Modelle das Feld von der Mittelklasse ausgehend neu auf. Mehr Bildraten pro Euro (zur UVP) gibt es derzeit nirgendwo anders. Abgesehen vom Preis überzeugt aber auch der Rest: Die neue RDNA4-Architektur hat bei Raytracing und Raster-Rechenleistung massiv aufgeholt, bleibt aber – besonders in Form der RX 9070 – enorm effizient. Die ca. 10-15% schnellere 9070 XT bietet für etwa 10% Aufpreis eine Mehrleistung von 10-15% – was mit Raytracing und in 4K-Auflösung auch Richtung 20% steigen kann.
In 1080p und 1440p liegen die Karten näher beieinander – und vor allem vor der direkten Konkurrenz von Nvidia. Die RTX 5070 wird von beiden geschlagen, da sie in etwa gleichauf mit der 4070 Super der Vorgängergeneration ist. Die deutlich teurere 5070 Ti hatten wir bislang noch nicht im Test. Laut den Weiten des Internets (und der ungefähr gleichschnellen RTX 4080) ist sie für das XT-Modell aber in zuweilen einstelliger Reichweite. Mit zusätzlicher Übertaktung, die je nach Custom-Design bis zu 10% mehr Leistung bringen kann, wird Nvidias 880-Euro-Karte gar geschlagen.
Dazu kommt noch: Die USPs von Nvidia – DLSS und MFG – fallen dank AMDs neuem Software-Paket immer weniger ins Gewicht. FSR4 erscheint optisch ebenbürtig und auch AMDs Frame Generation dürfte in Zukunft nur besser werden. Wir testen die nächsten Wochen munter weiter und halten euch hierzu auf dem Laufenden. Schaut dafür auch auf unserem YouTube-Kanal vorbei, wo es in den nächsten Wochen einen großen Grafikkarten-Vergleich geben wird.
Nun bleibt nur noch abzuwarten, wie gut die Verfügbarkeit der Radeon-GPUs zum Start ausfällt und wie sehr sich Custom-Modelle von AMDs genannter UVP entfernen. Alles in allem sind die neuen Radeon RX 9070er aber AMDs bester GPU-Release seit Jahren und machen Hoffnung auf einen angeheizten Wettbewerb der großen Hersteller.