Ihr könnt endlich Ersatzteile und Reparatur-Werkzeuge für euer iPhone direkt bei Apple kaufen. Die Preise sind allerdings ein schlechter Scherz – aus gutem Grund.
Apple hat seinen DIY-Reparatur-Service gestartet. Zuerst nur in den USA, aber weitere Länder (darunter auch Europa) sollen noch in diesem Jahr folgen. Am Anfang könnt ihr nur Teile für die iPhone 12 und iPhone 13-Serien, sowie dem iPhone SE (dritte Generation) kaufen. Macs mit M1-SoC sollen ebenfalls noch 2022 ins Programm aufgenommen werden.
Bei der Ankündigung versprach Apple, dass Kunden bald in der Lage sein sollen, über 200 „einzelne Teile und Werkzeuge“ zu kaufen. Es wurde auch Zeit. Ersatzteile von Dritt-Anbietern (besonders Displays) haben bei iPhones oft ominöse Warnzeichen hervorgerufen. Kauft ihr eure Teile also in Zukunft von Apple, umgeht ihr diese Benachrichtigungen.
iPhone DIY-Reparatur sollte nicht jeder machen
Apple macht auch klar, dass sich das DIY-Reparaturprogramm an „einzelne Techniker mit dem Wissen und der Erfahrung zur Reparatur elektronischer Geräte“ richtet. Die Mehrheit der Nutzer*innen sollen also weiterhin in den Apple Store gehen und ihre Reparaturen dort von Profis erledigen lassen. Versuchen dürfen es natürlich auch die Non-Pros. Dazu gibt es auch passende Reparatur-Anleitungen.
Apple behauptet, dass es seine Ersatzteile zu den gleichen Preisen verkauft, die es auch von autorisierten Reparaturanbietern verlangt. Zusätzlich gibt es eine Gutschrift, wenn ihr eure alten (defekten) Ersatzteile zurück an Apple schickt. Für ein altes iPhone 12 oder 13-Display bekommt ihr beispielsweise 33,60 Dollar zurück – egal, ob mini oder Pro Max.
Ersatzteilpreise sind kaum günstiger als der offizielle Reparatur-Service von Apple
Wenn ihr jetzt erwartet habt, dass ihr gutes Geld sparen könnt, wenn ihr euer iPhone einfach selbst repariert, muss ich euch enttäuschen. Wirklich Geld spart ihr nur, wenn ihr eure alten und kaputten Teile wieder an Apple schickt.
Als Beispiel könnt ihr euch die Kosten für einen neuen Akku ansehen. Das kostet als Service bei Apple 69 Dollar, wenn euer iPhone außerhalb der Garantie ist. Als Ersatzteil inklusive Schrauben sind es ebenfalls 69 Dollar. Als Ganzes Set sogar 71 Dollar. Nur wenn ihr euren alten Akku an Apple zurückschickt, lohnt es sich also finanziell, den Akku selbst zu tauschen – eure eigene Zeit nicht mitgerechnet.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Displays. Ein iPhone 12-Display und ein Schraubensatz kosten direkt bei Apple 267,96 Dollar. Eine Bildschirmreparatur außerhalb der Garantie im Apple Store kostet dagegen 279 USD für dasselbe Gerät. Beim 12 mini sind es 225,96 US-Dollar gegenüber 229 US-Dollar und beim 12 Pro Max 309,96 Dollar gegenüber 329 Dollar im Store – eine Ersparnis von 5 bis 20 US-Dollar, wenn ihr eure alten Displays nicht wieder zurück an Apple schickt.
Apple sagt, dass sie planen, die von Kunden eingesandten Teile zu recyceln. iFixit merkt aber auch an, dass Apple sie auch für die Wiederverwendung aufbereiten könnte. Dazu kritisieren die Bastler, dass ihr eure IMEI-Nummer angeben müsst, wenn ihre Ersatzteile direkt von Apple kaufen wollt.
My Two Cents: „Right-to-Repair“ macht nicht nur Apple Druck
Apple geht es bei seinen Produkten seit Jahren um Kontrolle. Das zeigt sich daran, dass die iPhone 13-Serie anfangs Face ID verloren hat, wenn ihr ein Display von Drittanbietern verwendet habt. Ein anderes Beispiel sind die SSD-Slots im neuen Mac Studio, bei denen man nicht einfach eine weitere SSD einwerfen kann. Seht ihr euch die Reparatur-Anleitungen des neuen Programms genauer an, fallen euch viele teure Maschinen auf, um beispielsweise den Kleber am Display zu lösen. Sowas schafft sich keine Privat-Person an und ein inoffizieller Shop auch nicht, wenn die Teile alleine schon so viel kosten wie der ganze Service bei Apple.
Allerdings wächst in den USA und in Europa eine Bewegung, die das Recht fordert, ihre gekauften Produkte selbst zu reparieren. Schließlich haben sie diese Geräte gekauft. Sie gehören ihnen. Die Bewegung hört auf den Namen Right-to-Repair. Apple und andere Hersteller wollen mit solchen Reparatur-Programmen dieses Anliegen im Keim ersticken, bevor es zu viel Momentum bekommt und von den Gesetzgeber*innen zu ernst genommen wird.
Neben Apple haben auch andere große Smartphone-Hersteller angekündigt, dass sie sich mehr der DIY-Szene öffnen wollen. Sowohl Samsung als auch Google haben bereits eine Partnerschaft mit iFixit angekündigt. Gleiches gilt übrigens auch für Valve und das Steam Deck.
Wer jetzt glaubt, dass Apple vor den Gesetzgeber*innen in den USA und Europa einfach so klein begibt, irrt sich gewaltig. Das neue Reparatur-Programm zeigt das perfekt. Ja, ihr könnt Original-Ersatzteile kaufen, aber sie sind nicht wirklich günstiger als der Service im Apple Store. Damit entspricht der Mega-Konzern aus Cupertino den Anforderungen, ohne sie wirklich attraktiv zu machen. Gleichzeitig dürfte man gerade stark daran arbeiten, grundlegend euren Eigentums-Anspruch am iPhone auszuhebeln, damit diese Diskussion nie wieder kommt.
Vergesst nicht: Das ist immer noch die Firma, die eine Pentalob-Schraube entworfen hat, damit nicht jeder Depp seine Hardware öffnen kann. Seit Mitte Januar zahlte Apple auch jede Woche 5 Millionen Euro an Bußgeld, statt seine Provision für den App Store aufzuweichen. Die Sache war auf 50 Millionen gedeckelt, aber ihr müsst mal überlegen, wieviel Geld Apple hier durch den Store mehr einnimmt, um diese Strafe in Kauf zu nehmen. Ich habe schon Mal gesagt: Eher streicht Apple alle Ports am iPhone, bevor es auf USB-Typ-C setzt – lasst das Mal einen Moment sacken.
Dabei ist Right-to-Repair wichtiger als je zuvor. So kann verhindert werden, dass immer noch gute Geräte zu Elektroschrott werden. Euer iPhone 11-Akku mag nicht mehr ganz einen Tag durchhalten, aber mit einem neuen Akku würde sich bestimmt jemand der Verwandtschaft oder im Freundeskreis sehr darüber freuen, während ihr clever seid und euch ein iPhone 13 mini (Test) kauft.
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Quelle & Bilder: Apple