Honor hat sich in der Smartphone-Mittelklasse einen Namen gemacht. Zurecht, bringt das Tochter-Unternehmen von Huawei doch ziemlich vernünftige Smartphones für vergleichsweise wenig Geld auf den Markt. Das Honor 9X ist ein stattliches Gerät mit Notch-freiem 6,6″-Display. Für ca. 300 Euro* bekommt ihr eine Triple-Cam, 128 GB erweiterbaren Speicher, 4 GB RAM und den Mittelklasse-SoC Kirin 710F.
Notch-freies Display in der Mittelklasse
Das Full-View-Display ist mittlerweile also auch in der Mittelklasse angekommen. Während ASUS beim Zenfone 6 (Test) auf den Flip-Mechanismus der Hauptkamera setzt, geht Honor beim 9X den gleichen Weg wie OnePlus beim 7 Pro (Test). Das 9X nutzt für Selfies eine Pop-Up-Cam. So kann Honor beim 9X ein notch-freies Display realisieren, das mit einer Diagonale von 6,6″ ziemlich Eindruck macht.
Google-Apps auf dem Honor 9X
Das Mate 30 Pro vom Honor-Mutterkonzern Huawei hat es nicht mehr mit Google-Apps nach Deutschland geschafft. Trotzdem ist das beim später auf den Markt kommenden Honor 9X möglich. Wie kann das sein? Ganz einfach, das Honor 9X wurde in China bereits vor den Sanktionen gegen chinesische Firmen zertifiziert. Es ähnelt zudem sehr dem Huawei P Smart Z, das mit etwas langsamerem Speicher und einem marginal schlechteren Kamera-Sensor für um die 200 Euro erhältlich ist.
Standard-Lieferumfang
Das Honor 9X wird mit einem Ladekabel, einem Netzteil und einer Hülle ausgeliefert. Die Hülle ist ziemlich wabbelig und weich, erfüllt im Alltag aber ihren Zweck. Für meinen Geschmack könnte sie nach vorne hin etwas weiter über den Rand hinausragen, um das Display besser zu schützen. Ab Werk ist auf diesem allerdings auch eine Folie angebracht. Dazu gibt es noch den SIM-Piekser und etwas Papierkram. Kopfhörer sind leider nicht dabei, was laut Pressematerial eigentlich der Fall sein sollte.
Massives Erscheinungsbild
Mit dem knapp 6,6″ großen Display ohne abgerundete Seiten wirkt das 9X ganz schön mächtig und ist vermutlich eher nichts für zarte Frauenhände. Mit knapp 200 Gramm ist es zudem fast so schwer wie das erste ROG Phone. Die Vorderseite wird fast komplett vom Display eingenommen. Die Rahmen sind alle sehr schmal und nur das Kinn an der Unterseite ist etwas breiter. Der blaue Farbton des 9X ähnelt dem des Axon 10 Pro (Test), ist allerdings etwas satter. Auf der Rückseite belässt es Honor bei Triple-Cam, LED-Blitz, Fingerabdrucksensor und einem „Honor“- bzw. „AI Camera“-Schriftzug. Auffällig ist hingegen die X-förmige Licht-Spiegelung
Die Verarbeitung ist gut und die Anschlüsse und Öffnungen für den unteren Lautsprecher sind sauber in den Rahmen aus Aluminium gefräst. Die ausfahrbare Selfie-Kamera schließt leider nicht ganz bündig mit dem Rahmen ab und sitzt etwas vertieft. Auch der SIM-Kartenslot wirkt in Verbindung mit dem Alu-Rahmen nicht 100%ig wie aus einem Guss. Die Rückseite des 9X besteht aus Glas.
Großes, aber mittelmäßig helles LCD-Display
Das Display im 19,5:9-Format ist mit 6,6″ ziemlich groß. Vor einigen Jahren waren Tablets mit 7″-Display keine Seltenheit. Da die Rahmen über die Jahre immer schmaler geworden sind, lässt sich aber im Jahr 2019 auch ein Smartphone mit dieser Displaygröße – große Hände vorausgesetzt – gut handhaben. Mit der Auflösung von 2.340 x 1.080 Pixeln kommt das 9X auf eine Punktedichte von ungefähr 391 PPI. Die Screen-to-Body-Ratio beträgt 91%.
Die Displayhelligkeit ist mit gemessenen 330 cd/m² bei direkter Lichteinstrahlung jedoch unterdurchschnittlich. Deaktiviert ihr die automatische Helligkeitsanpassung und stellt den Farbmodus auf „Normal“, kommt ihr bei maximaler Helligkeitseinstellung auf ca. 300 cd/m². Im Vergleich mit einem OLED-Display sieht man den Unterschied deutlich. Da beim 9X ein IPS-Panel verbaut ist, sind die Farben schön natürlich und die Blickwinkel stabil. In den Einstellungen könnt ihr Farbmodus und -temperatur ändern und einen Nacht-Modus aktivieren.
Honor verspricht Android 10, flotter Fingerabdruck-Sensor
Ab Werk wird das Honor 9X mit Android 9.0 Pie ausgeliefert. Als Nutzeroberfläche kommt das hauseigene EMUI 9.1 zum Einsatz. Hier hätte ich mir Android 10 gewünscht, wobei das Update für das 9X laut Honor garantiert kommen soll. Die Gestensteuerung lässt sich zumindest ab Werk aktivieren. Dass das Honor 9X ein naher Verwandter des Huawei P smart Z ist, wird spätestens bei der Google-Sicherheitswarnung deutlich. Google informiert mich nämlich, dass sich jemand auf einem Huawei P smart Z mit meinem Konto angemeldet hat. So close.
Der Fingerabdruck-Sensor auf der Rückseite ist zumindest für meine Pranken gut positioniert und leicht erreichbar. Er reagiert Honor-typisch sehr flott und zuverlässig auf Eingaben.
Mittelklasse-Leistung reicht für mind. 90% der Nutzer
Genug Leistung für den Alltag steht euch mit dem Mittelklasse-Achtkern-SoC Kirin 710F und den 4 GB RAM auf jeden Fall zur Verfügung. Als Ottonormal-Nutzer dürfte euch der Unterschied zu einer Oberklasse-CPU nur auffallen, wenn ihr besonders anspruchsvolle 3D-Spiele spielt. CSR Racing 2 läuft zum Beispiel flüssig, jedoch wird das Spiel nicht mit der bestmöglichen Auflösung angezeigt. Programme laufen einwandfrei und ihr könnt auch schnell und butterweich zwischen einzelnen Apps wechseln.
Solide Triple-Cam-Leistung bei schlechtem Licht
Machen wir es kurz: Für ein Gerät aus der Mittelklasse für unter 300 Euro ist die Kamera durchaus in Ordnung. Das Dreier-Gespann aus Hauptkamera mit 48 MP (f 1.8), Ultraweitwinkel mit 12 MP (f 2.4) und dem 2-MP-Sensor für Tiefenunschärfe macht einen soliden Job. Honor setzt mit dem 48-MP-Sensor auf 4 zu 1 Pixel-Binning für mehr Lichtausbeute und kommt so auf Bilder mit einer Auflösung von 12 MP. Ihr könnt aber auch mit der nativen Auflösung fotografieren. Besonderheit ist beim 9X der mit 1/2″ relativ große Sensor, trotzdem wäre eine Teleobjektiv als dritte Kamera etwas nützlicher gewesen.
Bei Tageslicht macht die Triple-Cam gute Bilder, die für die Mittelklasse durchaus akzeptabel sind. Mit Hilfe des Nacht-Modus und einer ruhigen Hand könnt ihr hier dank langer Belichtungszeit relativ gute Bilder knipsen, die deutlich besser belichtet sind als im normalen Modus und wesentlich mehr Details bieten. Wer möchte, kann zudem mit dem Blenden-Modus herumspielen. Je nach Motiv lassen sich hier mehr oder weniger gute Bokeh-Effekte erzeugen. Über einen AI-Modus verfügt die Kamera ebenfalls. Im HDR-Modus konnte ich jedoch keinen großen Unterschied zum automatischen Modus feststellen.
Matschiger Ultraweitwinkel-Sensor und Selfie-Cam ohne Bokeh
Wesentlich schlechter schneidet hingegen der Ultraweitwinkel-Sensor ab, denn Bilder sind deutlich matschiger und auch der Weißabgleich stimmt häufig nicht mit dem von der Hauptlinse überein. Bei schlechtem Licht solltet ihr Bilder mit dem Ultraweitwinkel nur im Notfall aufnehmen.
Die Selfie-Cam macht ansehnliche Bilder, allerdings erzeugt der Portrait-Modus kein wirkliches Bokeh. Bei Selfies mit der Hauptkamera wurde hingegen mein Gesicht nicht richtig fokussiert und die Schärfe lag häufig auf dem Hintergrund. Videos könnt ihr maximal in Full HD mit 60 FPS aufnehmen. Über eine optische Bildstabilisierung verfügt das 9X nicht, daher solltet ihr hier nur mit Bedacht drauflosfilmen.
Technische Daten
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Featureset, Akku und Lautsprecher
Die technische Tabelle offenbart, dass es dem Honor 9X an einigen aktuellen Features mangelt. So wird bspw. kein WiFi 6 (ax) unterstützt und auch Bluetooth 5.0 ist nicht an Bord. Zudem ist bargeldloses bezahlen bedingt durch fehlendes NFC nicht möglich. Wenn ihr die 128 GB internen Speicher erweitern wollt, müsst ihr zudem auf die zweite SIM-Karte verzichten. Zudem besitzt das Honor 9X noch einen 3,5mm-Klinkenanschluss. Der USB-C-Anschluss unterstützt leider nur USB-2.0-Übertragungsraten.
Mit dem 4.000-mAh-Akku solltet ihr locker durch den Tag kommen. Bei der Größe des Smartphones hätte ich mir allerdings fast noch einen größeren Akku gewünscht. Leider unterstützt das Honor 9X keine Schnelladetechnik, ihr könnt also maximal mit 10 Watt laden. Am USB-Anschluss meines Rechners habe ich in 30 Minuten ca. 6% Akku geladen. An der Steckdose waren es im gleichen Zeitraum 27%. Das Honor 9X lässt sich nicht kabellos laden.
Beim Honor 9X sitzt der Mono-Speaker wie bei den meisten Smartphones auf der Unterseite. Klanglich dürft ihr hier keine Wunder erwarten, bei moderater Lautstärke geht die Musikwiedergabe aber in Ordnung. Bei Maximallautstärke wird das Klangbild zwar etwas schriller, unsere Ohren haben bei anderen Smartphones und Monitoren aber schon stärker geblutet.
Fazit: Honor 9X
Insgesamt ist das Honor 9X ein solides Mittelklasse-Smartphone. Das große Display kann abgesehen von der niedrigen Maximal-Helligkeit überzeugen. Die Verarbeitung ist gut und auch die Leistung stimmt angesichts des Preises von aktuell ca. 300 Euro*. Die Kamera kann leider nicht auf ganzer Linie überzeugen, macht aber auch nichts komplett falsch. Mit dem Nacht-Modus könnt ihr auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch vernünftige Bilder machen.
Der Akku fällt mit 4.000 mAh angenehm groß aus, jedoch wird Fast-Charge ebenso wenig unterstützt wie kabelloses Laden. Dem Honor 9X fehlen zudem noch ein paar weitere Features, die für den ein oder anderen vielleicht interessant sein könnten. Dazu gehören neben Bluetooth 5.0 auch NFC. Dafür ist aber immerhin ein Klinkenanschluss verbaut.
Solltet ihr euch das Honor 9X kaufen? Jain. Die Version mit 4 GB RAM und 128 GB RAM gibt es aktuell für ca. 300 Euro*. Für das gleiche Geld bekommt ihr auch das Huawei P30 Lite. Wenn ihr nochmal 100 Euro drauflegt, bekommt ihr mit dem Xiaomi Mi 9T Pro ein deutlich besseres Featureset inkl. Full-View-OLED und Snapdragon 855. In meinen Augen hängt die Attraktivität des 9X davon an, wie sich der Preis in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt.
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Stand: 15. November 2019