Huawei legte in letzter Zeit einen immer stärkeren Fokus in Richtung Zubehör und Peripherie. Hintergrund ist natürlich die 1+8+n Strategie, die das Smartphone als Ausgangspunkt nimmt. Mit den Freebuds Pro hatte Huawei zuletzt richtig ordentliche In-Ears mit großartigem Noise Cancelling geliefert. Die Freebuds Studio sollen hier noch einen draufsetzen und sind dabei auch die ersten Over-Ear Kopfhörer von Huawei. Auf zur Hörprobe.
Natürlich legt Huawei hier auch wieder Wert auf das Active Noise Cancelling (ANC) als eines der Hauptfeatures. Dafür bringen sie die gleichen Features mit wie die Freebuds Pro: ANC On, Off und den „Awareness Mode“. Dazu kommen die Freebuds Studio mit einem eigenen High-Res Codec für die Übertragung von Smartphone zu Freebuds, dieser bietet bis zu 24bit/96khz. Allerdings: Bislang ist der nur mit bestimmten Huawei Smartphones kompatibel. Benötigt wird dafür nämlich mindestens EMUI 11, das derzeit nur auf dem Mate 40 Pro und der P40 Serie (teilweise) zu finden ist.
Optisch hat man sich ein wenig bei Bose inspiriert, aber doch noch einen eigenen Touch hinzugefügt. Dadurch wirken sie schlicht und irgendwo auch elegant, zumindest in Schwarz. Der Kopfbügel besteht aus Metall und Kunststoff, gleiches gilt für die Ohrmuscheln. Ohr- und Kopfpolster bestehen aus Kunstleder und sind angenehm weich. Die ganze Verarbeitung fühlt sich solide und hochwertig an. Etwas schade ist nur, dass man sie nicht falten kann. Dadurch fällt das beiliegende Tragecase entsprechend groß aus. Neben dem Case ist natürlich noch ein USB Type-C-Kabel enthalten, um die Kopfhörer zu laden. Dieses Kabel findet auch im Tragecase unter einer kleinen Abdeckung Platz.
Was fehlt ist ein Klinkenkabel, denn die Freebuds Studio verzichten komplett auf einen solchen Anschluss. Warum genau weiß ich nicht, allerdings ist es durchaus schade, denn das macht die Nutzung z.B. mit einem Entertainment-System im Flugzeug, Bus oder Zug in der Regel unmöglich.
Tragekomfort
Beim Komfort ist Huawei keine Kompromisse eingegangen: Die Freebuds Studio sitzen perfekt ohne zu drücken auch auf meinen großen Ohren samt Brille. Auch längere Sessions sind damit kein Problem. Selbst einen ganzen Arbeitstag konnte ich damit verbringen, mit nur kurzen Pausen zwischendurch. Weder drückten sie dabei auf Ohren oder Brille noch von oben auf den Kopf. Dazu trägt auch das geringe Gewicht bei. Kurzum: Bisher sind es die bequemsten Kopfhörer, die ich längere Zeit getragen habe. Direkt nach den DT1770 Pro zumindest 😉
Schönes Detail: Die Kopfpolster lassen sich abnehmen. Allerdings habe ich noch keinen Ersatz bei Huawei finden können.
Huawei FreeBuds Studio bei uns im Shop
Sound – Studio Titel verdient
Soundtechnisch war ich tatsächlich erstmal skeptisch. Das Label „Studio“ bekommen mittlerweile viele Kopfhörer, um dann am Ende doch einfache HiFi-Kopfhörer zu sein. Das ist je nach Nutzer und Nutzungsszenario nicht unbedingt von Nachteil, aber ich bin kein Fan davon. Persönliche Vorliebe einfach.
Die Freebuds Studio machen hier aber viel richtig. Die oftmals obligatorische „Badewanne“ in der Abstimmung fehlt und sie kommen ziemlich linear daher. Allerdings muss ich hier ein wenig differenzieren, denn je nach gewähltem ANC-Profil ändert sich auch das Soundprofil. Das für mich angenehmste Profil ist der Awareness-Modus, ironischerweise. Allerdings auch nur in komplett leisen Umgebungen, da sonst zu viele Störgeräusche zu hören sind. Dann spielen die Freebuds Studio dann angenehm transparent und sogar mit ein wenig breiterer Bühne auf als mit ANC oder gar deaktiviertem ANC.
Im Alltag nutze ich meist das ANC auf geringster Stufe, da es für den Weg ins Büro in der Bahn etc. mehr als ausreicht. In dem Modus wird der Bass etwas weicher und weniger trocken als im Awareness-Modus, aber immer noch präzise. Bassheads sollten allerdings wissen, dass der Bass nicht so viel Druck hat wie bei den Freebuds Pro, sondern eher neutral ist. Für meine Hörgewohnheiten aus primär Rock, Metal und auch mal ein wenig Blues genau richtig.
Huawei FreeBuds Studio bei uns im Shop
Höhen und Mitten sind genau dort, wo sie sein sollen. Clipping gab es nicht und die Freebuds Studio können selbst extreme Höhen noch ohne Clipping abspielen. Erst sehr feine Höhen bringen sie dann hörbar an ihre Grenzen, was man im Intro von Billy Jean ganz gut hört. Die Cimbals sind nur noch zu erahnen – allerdings hatten selbst die mehr als doppelt so teuren Beyerdynamic Amiron Wireless mit dieser Passage zu kämpfen.
Mein einziger, wirklich minimaler Kritikpunkt, ist die Breite der Bühne. Die könnte natürlich immer besser sein, auch die Ortung der einzelnen Instrumente ist nicht immer möglich. Aber das ist alles Meckern auf sehr hohem Niveau.
Was mich mehr stört, ist das Verhalten bei deaktiviertem ANC. Hier wird der Bass plötzlich matschig, dröhnend und überlagert die tiefen Mitten fast komplett. Generell ist das Klangbild dann sehr unpräzise. Erklären kann ich mir das Verhalten nicht, schade ist es dennoch, weil ich nicht immer ANC nutzen will. Gerade beim Musik hören zuhause kann ich darauf verzichten, muss dann aber in den Awareness-Modus wechseln, der sich wiederum nicht so gut mit den Clicky Switches meiner Tastatur verträgt 😉 .
Noch kurz zu Telefonaten: Läuft. Meine Gegenüber habe ich immer einwandfrei verstanden und diese mich ebenso. Egal ob auf der Straße, zuhause oder in der Bahn. Auch wenn ich in letzterer nur ungern telefoniere, manchmal muss es sein und durch das ANC versteht man seinen Gegenüber eigentlich immer.
ANC – Endlich Stille
Das ANC selbst funktioniert ansonsten hervorragend. Das übliche „Grundrauschen“ der Umgebung verschwindet und auch Autolärm und vorbeifahrende Züge sind einfach weg. Im Flugzeug oder auf längeren Bahnfahrten konnte ich sie bislang nicht testen, aber hier dürften sie eine ebenso gute Figur machen. Wenn man nicht gerade einen Klinkenanschluss braucht, sondern sein eigenes Unterhaltungsprogramm dabei hat.
Während meiner Nutzung hat mir immer die niedrigste Stufe ausgereicht, egal ob in der Bahn, zu Fuß in der Stadt oder mit unruhigem Kleinkind im Homeoffice. Die höheren Stufen wären dann sicher interessant für Flüge oder andere wirklich laute Umgebungen. Im dynamischen Modus regeln die Freebuds Studio die Intensität auch automatisch. Wirklich gemerkt habe ich davon nichts, die Übergänge sind offenbar fließend.
Was dem ANC zu schaffen macht sind sehr plötzliche, laute Geräusche. Zuschlagende Türen als ein Beispiel. Hier gibt es dann teilweise Störgeräusche aufs Ohr, weil das ANC versucht gegenzusteuern.
Huawei FreeBuds Studio bei uns im Shop
Akkulaufzeit – Dauerläufer
Huawei wirbt mit 20 Stunden Laufzeit mit und 25 Stunden ohne ANC. Wie so oft bei solchen Geräten ist es schwierig, eine genaue Messung durchzuführen, wenn man mal hier, mal da Musik hört, telefoniert und mal ANC an oder aus hat. Die Akkulaufzeit war aber durchaus gut und eine Woche ohne Laden bei mir durchaus drin. Sind sie doch mal leer, reichen knapp 10 Minuten am PC für 8 Stunden Laufzeit.
Huawei FreeBuds Studio bei uns im Shop
Wirklich Gedanken um die Laufzeit musste ich mir daher nie machen. Schade allerdings: Aufladen und gleichzeitig nutzen geht nicht. Damit können sie auch nicht als kabelgebundenes PC-Headset genutzt werden, wie manch andere Bluetooth-Headphones.
Intuitive Bedienung
Abschließend noch zur Bedienung. Diese erfolgt über 3 Tasten, davon zwei am rechten und eine an der Linken Ohrmuschel. Links steuert das ANC, rechts befinden sich Power- und Bluetooth-Button. Dazu gibt es ein Touchfeld am rechten Ohrhörer, das für die Mediensteuerung zuständig ist. Darüber lassen sich dann die Lautstärke und Play/Pause oder Vor/Zurück steuern, aber auch Anrufe annehmen oder ablehnen. Hält man die Touchfläche gedrückt wird entweder der Sprachassistent aufgerufen oder der aktuelle Titel zu den (Huawei Music) Favoriten hinzugefügt. Als Sprachassistent ist im Falle des Mate 40 Pro nur Celia verfügbar. Nutzt ihr ein Gerät mit Google Services ist aber auch der Google Assistant verfügbar.
Huawei FreeBuds Studio bei uns im Shop
Einzig, dass die Touchbereiche keine haptische Abgrenzung oder Markierung haben stört mich ein wenig. Irgendwann gewöhnt man sich daran, aber gerade für den Einstieg würde eine einfache Markierung helfen. Das ist aber auch das Einzige, was mir bei der Steuerung aufgefallen ist. Ansonsten reagierte sie präzise auf das, was ich von ihr wollte.
Oh, und weil es sonst nirgendwo hinpasst: Die Bluetooth Reichweite ist mehr als ausreichend. Im Modus für hohe Qualität kann es zwar hier und da zu kurzen Störungen kommen, wenn viele Geräte in der Umgebung sind, ansonsten gibt es aber auch unterwegs keine Probleme. Reduziert man die Qualität und stellt in den Modus für hohe Reichweite reicht diese auch um sich weiter von der Quelle weg zu bewegen. Ich konnte mich damit in der kompletten Wohnung frei bewegen ohne das Telefon mitnehmen zu müssen. Im Freien soll die Reichweite noch besser sein, was ich so ohne Weiteres aber leider nicht testen konnte.
Fazit Huawei FreBuds Studio
Der Tragekomfort ist hervorragend, gleiches gilt für die Verarbeitungsqualität. Klanglich gibt es wenig zu kritisieren, außer wenn das ANC deaktiviert ist. Hier wird der Bass matschig und unpräzise. Ansonsten entspricht er dem ‚Studio‘ Label und liefert einen präzisen, neutralen Sound.
Das ANC ist wie schon bei den Freebuds Pro hervorragend und hatte nur ganz selten Probleme mit externen Geräuschen. Ansonsten gab es vor allem eines: Ruhe.
Zusammengefasst bleiben mir wenige Kritikpunkte. Allerdings: Ein paar davon haben das Potential zum Dealbreaker für einige Nutzer. Der fehlende Klinkenanschluss zur Nutzung an Inflight-Entertainment-Systemen beispielsweise ist für mich ein großer Punkt, da ich, wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht, doch recht viel unterwegs bin und auch mal das Inflight System nutzen möchte.
Wer nicht viel unterwegs ist oder auf die Inflight-Systeme verzichten kann, kann bedenkenlos zuschlagen. Der Preis von 299€ (UVP) ist für die Leistung durchaus angemessen, dafür muss man sich aber eben auch mit Konkurrenten wie den Sony WH-1000XM4, Bose QC35-II und natürlich den Bose 700 messen. Generell gibt es in dem Bereich viel Konkurrenz. Verstecken muss man sich davor aber nicht.