Der Traum jedes Retro-Bastlers und Mac-Fans: Jede klassische Version von Mac OS ganz einfach nutzen, ohne anstrengende Emulatoren oder alternde Original-Hardware. Das Web-Projekt infinitemac.org macht es möglich und funktioniert überraschend gut.
Kurzes Hintergrundwissen
Kaum ein Betriebssystem hatte so großen Einfluss auf unsere modernen Desktops, wie Mac OS von Apple. Die erste Version im Jahr 1984 legte die Grundlage für so ziemlich alles, was wir heute jeden Tag bei einer grafischen Oberfläche selbstverständlich nutzen. Natürlich muss hier Apples Lisa erwähnt werden, der sogar noch ein Jahr früher erschienen ist. Aber auch die Computer selbst, wie der erste Macintosh oder die ersten iMacs, haben absoluten Kultstatus.
Daher verwundert es nicht, dass es eine aktive Retro-Szene dafür gibt. Dort werden alte Geräte wieder flott gemacht, teils experimentelle Upgrades verbaut oder die alten Betriebssysteme stark optimiert. Ein Running-Gag ist hier, Minecraft (Java) oder Doom auf möglichst alten Systemen zum Laufen zu bekommen.
Web-Projekt infinitemac.org
Um es Neugierigen und Fans möglichst einfach zu machen, alte Versionen von Mac OS auszuprobieren, hat sich der Entwickler Mihai Parparita etwas Besonderes ausgedacht: Wie wäre es, alte – historisch wichtige -Versionen von Mac OS im Web testen zu können?
Da es bereits einige funktionierende Emulatoren für Mac OS gibt (z.B. Mini vMac, Basilisk II oder SheepShaver), hat Parparita diese genommen und mittels WebAssembly-Magie für den Browser portiert. Danach hat er eine einladende Webseite als Overlay geschaffen. Im Grunde hat er damit ein interaktives Museum für Fans des Macintosh erschaffen. Dabei hat er darauf geachtet, all die technischen Details und Einstellungen vor den Nutzern zu verbergen. Es soll einfach und ansprechend sein.
Ganz aus dem Nichts kommt infinitemac.org aber nicht: Bereits 2022 hat er ähnliche Web-Emulatoren, wie system7.app und macos8.app, veröffentlicht. All diese kleinen Projekte sind inzwischen darin aufgegangen und dienen als Direkt-URLs für die jeweiligen virtuellen Maschinen.
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Entwickler Mihai Parparita hat zum Projekt ein nettes Vorstellungs-Video auf YouTube veröffentlicht, in dem er die Möglichkeiten und den Werdegang des Projekts ein wenig erläutert.
Die einfach gehaltene Webseite gliedert alles nach Jahren und Versions-Nummern des beliebten Betriebssystems. Ein kurzes Changelog in einem Macintosh-Monitor zeigt, was sich hier im Vergleich zum Vorgänger getan hat. Darunter gibt es eine „Run“-Taste, um die virtuelle Maschine in Sekundenschnelle zu starten.
Über eine (dezent) versteckte „Customize“-Taste kann die Maschine bzw. Hardware ausgewählt werden. Da sich die Hardware damals schnell entwickelt hat, sind viele Mac OS-Versionen für die unterschiedlichsten Geräte mit verschiedenen Prozessoren und Motherboards erschienen. Jede Maschine hatte ihre Eigenheiten, Stärken und Schwächen.
Einmal auf „Run“ gedrückt, fährt der virtuelle Macintosh in einem schicken Monitor-Design hoch und man landet auf dem Desktop. Dort befinden sich hilfreiche Notizen als Stickies und einige Spiele und Anwendungen sind bereits vorinstalliert. Darunter Klassiker wie Adobe Photoshop, UltraPaint, AnotherWorld, Battle Chess und viele mehr. Die Auswahl hängt natürlich von der jeweiligen Mac OS-Version ab.
Schon der historische Wert des Ganzen ist groß, damit hört die Bedeutung des Projekts aber noch nicht auf.
Wie ein echter Macintosh
Nun kommt der Clou, der das Projekt weit über den Status eines virtuellen Museums hievt: Es ist ein funktionierender Macintosh.
Vorhandene Programme und Anzeigen funktionieren (meistens, es gibt noch Bugs), es gibt einen Vollbild-Modus und per Drag & Drop können Dateien vom eigenen Computer auf den virtuellen Mac gezogen werden.
Auch der Export funktioniert kinderleicht: Dateien lassen sich als .zip-Datei aus dem virtuellen Mac exportieren. Alles ohne großes Fachwissen oder nervenaufreibende Konfiguration.
Netzwerke und (einige) Netzwerkgeräte werden ebenfalls erkannt. Einige Versionen beherrschen sogar funktionierendes AppleTalk.
Der Funktionsumfang eines virtuellen Macintosh ist nicht begrenzt, denn Anwendungen und Spiele lassen sich nachträglich installieren und ausführen. Die Webseite macintoshgarden hat sich auf Software für ältere Mac OS-Versionen spezialisiert, bewegt sich rechtlich aber in einer Grauzone. Hier laden Nutzer*innen meist angepasste Retro-Software hoch und tauschen sich darüber aus.
Da es sich bei infinitemac.org um ein Web-Projekt handelt, läuft es ebenfalls auf Tablets, Smartphones und allen anderen technischen Geräten mit halbwegs aktuellem Browser. Es kann sogar als PWA (ProgressiveWeb Application) „installiert“ und wie ein Programm genutzt werden.
Entwicklung
Infinitemac.org wird von Mihai Parparita, aktuell Entwickler bei Tailscale und ehemals bei Slack,Google und Quip, sowie drei weiteren Leuten entwickelt. Es funktioniert ganz ohne Werbung und wird rein über Spenden finanziert.
Der gesamte Source Code ist öffentlich auf GitHub anzusehen, wo auch Fehler gemeldet werden können.
Was denkt ihr über solche Projekte? Beeindruckend oder Zeitverschwendung? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!
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Quelle: infinitemac.org blog.persistent.info