Intel hat mit Alder Lake-S die neueste Generation Desktop-Prozessoren vorgestellt und beansprucht die Gaming-Krone wieder für sich. Mit einer vollständig neuen Architektur und dem big.LITTLE-Prinzip, das auf verschiedene CPU-Kerne setzt, könnte Team Blau ein echter Erfolg gelingen – aber der Reihe nach.
Intel Alder Lake: Alles neu, alles anders
In einem etwa anderthalbstündigen Deep-Dive hat Prozessorgigant Intel die neuen Alder Lake S-CPUs für den Desktop präsentiert. Die neuen Prozessoren sind – ohne Übertreibung – der größte Entwicklungsschritt für den amerikanischen Hersteller seit Einführung der Core-Architektur. Im Gegensatz zu den letzten sechs Generationen kommt nun nämlich erstmals ein komplett neuer Fertigungsprozess zum Einsatz.
Dieser nennt sich „Intel 7“ – was auf den 7nm-Prozess von TSMC hinweist, auf dem der große Widersacher AMD basiert. Aber eigentlich nutzt Intel für Alder Lake einen stark verbesserten 10nm-Prozess. Das klingt zwar nicht nach dem großen Sprung, allerdings hat der 10nm-Prozess eine höhere Transistorendichte als der 7nm-Prozess der Konkurrenz. Damit passen der Vergleich und die Namensänderung zu Intel 7 auch wieder.
In der Praxis bedeutet dieses Fachchinesisch für PC-Fans: Die neuen Prozessoren werden schneller und deutlich effizienter als ihre Vorgänger. Dafür ist aber nicht nur der neue Fertigungsprozess verantwortlich, denn zum allerersten Mal kommt in einem klassischen x86-Prozessor für den Desktop die big.LITTLE-Bauweise zum Einsatz.
Es werden also „große“ Performance-Kerne für die harte Arbeit genutzt und „kleinere“ Effizienzkerne für Hintergrund-Tasks oder starkes Multi-Threading. Das Prinzip kennen wir bereits seit Jahren von ARM-Prozessoren, die in fast allen Smartphones oder etwa auch in Apples neuen MacBooks stecken.
Intel Thread Director: Kubrick oder Boll?
Um eine derart neuartige Architektur im Desktop-PC unterzubringen, braucht es den Thread Director. Dieser verteilt Aufgaben „intelligent“ zwischen den Kernen und „kommuniziert“ mit dem OS. Derzeit soll er vor allem in Windows 11 hervorragend funktionieren, unter Windows 10 soll man laut Intel mit minimalen Performance-Einbußen leben müssen. Dennoch scheint man auch in Windows 10 leistungsmäßig vor der Konkurrenz zu liegen.
Wie gut der Thread Director letztendlich ist, werden erste Tests klären müssen. Einige Kopierschutzmechanismen scheinen aber noch Probleme mit dem neuartigen Konzept zu haben. So „denkt“ etwa der vieleingesetzte DRM Denuvo, dass es sich bei den E-Cores um ein zweites System handele und startet das Game teilweise nicht.
Intel und Microsoft konnten aber eine Abwärtskompatibilität herstellen, sodass alle Spiele laufen sollten. Man arbeitet zudem mit DRM-Herstellern zusammen, um die maximale Performance von Alder Lake in allen Games zu realisieren und den Thread Director perfekt einzusetzen.
Maximal 16 Kerne, PCIe 5.0 und DDR5-Arbeitsspeicher
Was die Kerne angeht, herrscht nun Parität mit AMD – denn im Flaggschiff Intel Core i9-12900K stecken 16. Trotzdem bekommt ihr eine eher unorthodoxe Threadzahl von 24 geboten. Das liegt an den E-Cores, die nur jeweils einen Thread bearbeiten könne. Die P-Cores sind hingegen Multi-Threading-fähig.
INTEL Alder Lake-S | ||||||||||
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Prozessorkerne (P+E) |
Threads | Intel Smart Cache (L3) | Max. Boost-Takt P-Core/E-Core) | iGPU | PCIe-Lanes (CPU) | Arbeitsspeicher (maximale Geschwindigkeit) | Maximaler Arbeitsspeicher | Energie-Package (Basis/Turbo) | Vorläufiger US-Preis | |
i9-12900K | 16 (8P+8E) | 24 | 30MB | Bis zu 5,2 GHz (P) | Bis zu 3,9 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 241W | $589 |
i9-12900KF | 16 (8P+8E) | 20 | 30MB | Bis zu 5,2 GHz (P) | Bis zu 3,9 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 241W | $564 |
i7-12700K | 12 (8P+4E) | 20 | 25MB | Bis zu 5,0 GHz (P) | Bis zu 3,8 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 190W | $409 |
i7-12700KF | 12 (8P+4E) | 20 | 25MB | Bis zu 5,0 GHz (P) | Bis zu 3,8 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 190W | $384 |
i5-12600K | 10 (6P+4E) | 16 | 20MB | Bis zu 4,9 GHz (P) | Bis zu 3,6 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 150W | $289 |
i5-12600KF | 10 (6P+4E) | 16 | 20MB | Bis zu 4,9 GHz (P) | Bis zu 3,6 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 150W | $264 |
Für viele dürfte besonders der Core i5-12600KF spannend werden. Denn er bietet mehr Kerne und Threads als das aktuelle Gegenstück von AMD, der Ryzen 5 5600X und schlug diesen in geleakten Benchmarks wohl bereits deutlich. Selbst der teurere 5800X könnte von dem Mittelklasseprozessor übertroffen werden.
Ein vergrößerter L2-Cache sorgt pro P-Core für schnellen Zwischenspeicher. Den E-Cores stehen je Kern-Cluster hingegen 2 MB zur Verfügung. Alle Kerne teilen sich einen großen L3-Cache. Ein Trend, den AMD mit dem sogenannten Game-Cache vorgemacht hat und der nun via Intel Smart Cache auch zu Team Blau kommt. Damit sollen niedrige Latenzen vorherrschen, die für kürzere Ladezeiten in Spielen sorgen und smoothere Frametimes ermöglichen.
Falls ihr noch keine Grafikkarte ergattern konntet, haben die Modelle mit K-Endung eine Intel UHD Graphics integriert. Sie basiert auf der Xe-Architektur und soll der des Vorgängers Rocket Lake annähernd gleichen. Damit dürfte also wieder einfaches Gaming möglich sein.
Neben der neuen Architektur erhaltet ihr mit Alder Lake-S auch einige brandneue Features, wie etwa die Unterstützung von DDR5-Speicher oder sogar die CPU-Kompatibilität mit PCIe 5.0. Die neue Schnittstelle wird über 16 PCIe-Lanes direkt via CPU ermöglicht. Auf dem kommenden Chipsatz LGA 1700 stehen dann auch noch bis zu zwölf PCIe 4.0-Lanes parat und maximal 16 weitere PCIe 3.0-Anbindungen.
Damit dürfte das Anschließen von vielen M.2-SSDs oder Grafikkarten problemlos möglich sein. Auch mit DDR4-Speicher lässt sich Alder Lake übrigens ein und soll damit auch nur unwesentlich weniger Leistung bieten.
Mehr Gaming-Performance und ein „gigantischer Sprung“ für Kreative
Auf ebendiese Leistung kam Intel im Anschluss endlich zu sprechen – und geizte bei so vielen Neuerungen natürlich nicht mit Superlativen. So sollen die neuen Performance-Kerne eine 19-prozentige Leistungssteigerung zum bereits sehr Single-Core-starken Vorgänger Rocket Lake bieten – und dabei aufgrund der neuen Fertigungsweise (14nm vs Intel 7) nun eben auch viel effizienter laufen.
Die MT-Leistung soll durch die Menge an Kernen und die speziellen E-Cores ebenfalls stark steigen. Leider verglich Intel in Kreativanwendungen lediglich mit den eigenen Prozessoren – und zudem nur den Achtkerner 11900K gegen den 16-Kerner 12900K. Bei einer so unterschiedlichen Kern- und Threadzahl lassen sich die Ergebnisse deswegen nur schwer einschätzen.
Denn gerade die Multi-Core-Leistung in Anwendungen wäre im Vergleich zum großen Widersacher AMD Ryzen 5000 spannend gewesen. Dafür gab es immerhin einige Gaming-Vergleiche: Der derzeitige Leistungskrösus AMD Ryzen 9 5950X (mit 16 Kernen und 32 Threads) wurde vom Core i9-12900K in ausgewählten Titeln meist geschlagen. Inwiefern es in anderen Titeln und in der Praxis aussieht, werden erste Tests zeigen müssen. Leistungs- und Feature-mäßig scheint Intel aber wieder State-of-the-Art zu sein.
Intel Alder Lake-S mag das Übertakten
In einer Sache dürfte Intel aber eindeutig die Nase vorn haben: Mit Alder Lake werden euch unzählige Übertaktungsmöglichkeiten geboten. Zwar sind die CPUs mit einem maximalen Package-Verbrauch von 241W nicht gerade sparsam (zum Vergleich: AMD Ryzen 5000 liegt bei höchstens 140W), doch mit guter Kühlung soll noch mehr drin sein: Laut ersten Leaks schafften es Übertaktungsprofis, bis zu 330W auf Alder Lake loszulassen. Damit wurden auf allen Performance-Kernen 5,2 GHz erreicht. Solche Extremszenarien sind aber eher etwas für Hardcore-Fans.
Simples Übertakten von CPU und Arbeitsspeicher soll aber per Mausklick ebenfalls möglich sein. Dazu hat Intel unter anderem das beliebte XMP-Profile für Arbeitsspeicher überarbeitet. Mit DDR5-RAM soll Overclocking somit noch besser möglich sein.
US-Preise bereits bekannt, Veröffentlichung am 04. November
Zu den Preisen hielt sich Intel bei der Präsentation noch bedeckt, kurz vor knapp erreichten uns dann aber offizielle Infos zum Kostenpunkt der Alder-Lake-CPUs in den USA. Wir rechneten bereits mit wettbewerbsfähigen Angeboten, die sich in etwa an der Konkurrenz von AMD orientieren, doch Intel scheint diesmal die Preis-Leistungs-Antwort geben zu wollen. Das Top-Modell i9-12900K kostet mit einer UVP von 589 Dollar somit deutlich weniger, als das Konkurrenzmodell 5950X.
Die Modelle ohne iGPU sind zudem wieder etwas günstiger bepreist. Besonders der Core i5-12600K/F dürfte ein interessantes Angebot werden. Für 289, bzw. 264 US-Dollar bietet er Performance die mutmaßlich über einem Ryzen 7 5800X liegt. Alle weiteren US-Preise findet ihr in der Tabelle oben.
Wir haben bereits Test-Samples bekommen und warten nur noch auf das Mainboard, um euch erste unabhängige Leistungseindrücke bieten zu können.
Was haltet ihr von den neuen Alder-Lake-Prozessoren? Hat das Intel-Imperium allem Anschein nach zurückgeschlagen oder AMD für euch noch immer die Nase vorn, solange es keine unabhängigen Tests gibt? Lasst es uns in einem Kommentar wissen.