Luftreiniger sind so ein Thema, um das ich immer mal rumgeschlichen bin, bisher aber nicht so recht mit warm wurde – oder generell den Grund sah, einen anzuschaffen. Irgendwann ist dann immer das erste Mal und so hab ich dann dem Test eines Jya Fjord Pro zugesagt.
Falls ihr Jya nicht kennt: Macht nix, die sind nämlich ziemlich neu auf dem Markt und machen mit dem Fjord und Fjord Pro ihren Einstieg in den europäischen Markt. Wer beim Namen jetzt an Norwegen denkt liegt ein wenig daneben, denn Jya stammt wie so viele Firmen aus Shenzhen, China. Und ist ein Sub-Unternehmen von Xiaomi mit Fokus auf hochwertigere Luftreiniger.
Montage und Features
Das Feature das mich am meisten interessierte, ist auch schnell erwähnt: Homekit. Ich bin zwar so gar nicht im Apple-Kosmos unterwegs, Homekit steht aber auch dafür, dass das Gerät lokal und ohne Internetzugriff im Smart Home gesteuert werden kann. Dazu später noch mehr.
Zum Test hat Jya mir das größere Modell, den Fjord Pro, zugesandt. Der ist für Räume bis zu 66m² geeignet, sollte also mehr als ausreichen für nahezu jedes Zimmer. Technisch ist der Aufbau schnell erklärt. Ein großer, runter Filter im unteren Teil des Gehäuses sorgt für die Filterung, darüber sitzt der Lüfter und natürlich die ganze Messelektronik. Gemessen werden Feinstaub PM10 und PM 2.5 mittels Laser-Partikel-Sensor, TVOC (gasförmige, flüchtige Partikel) sowie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Der Filter soll zudem auf dem gleichen Niveau wie HEPA H13 Filter arbeiten und somit bis zu 99,99% aller Partikel bis 0.1μm herausfiltern.
Der Filter setzt dafür auf 3 Schichten: einen Vorfilter der größere Partikel wie Staub, Pollen und ähnliches herausfiltert. Danach folgt der „NanoGuard“ Filter, der Partikel bis 0.1μm aus der Luft herausfiltert. Abschließend kommt ein Aktivkohlefilter, der Gerüche und sogar schädliche Gase filtern soll. An der Front gibt es dann noch ein rundes OLED Touch Display, das allerlei Informationen darstellen kann. Auch können nahezu alle Funktionen darüber verwaltet werden. Für den schnellen Überblick der Luftqualität ist da dann noch eine LED-Leiste unterhalb des Filters, die farblich darstellt, wie die aktuelle Luftqualität ist. Er saugt die Luft durch große Gitter an der Front und Rückseite ein, die Lamellen am Luftauslass oben sind dann motorisiert einstellbar zwischen 30, 60 und 90 Grad, so kann die gefilterte Luft dahin geleitet wird, wo man sie haben möchte. Ich hatte sie meist einfach auf 90° gestellt, damit der Luftzug niemanden stört.
Was auch direkt auffällt: Der Fjord Pro ist groß. Sehr groß. Klar, denn gemacht ist er für wirklich große Räume, das benötigt dann auch eine entsprechend große Filterfläche. Die Verarbeitung passt, auch wenn das Gehäuse zum Großteil aus Kunststoff besteht. Fühlt sich nicht billig an und optisch könnte man sogar denken, es sei gebürstetes Metall. Die Montage ist ziemlich einfach und selbsterklärend.
Luftreiniger aus dem Karton genommen, Folie vom Filter entfernt und eigentlich war es das dann auch schon. Im Anschluss kann er dann direkt mit dem Smartphone verbunden werden. Zwei schöne Details noch: Räder am Boden ermöglichen es, den Luftreiniger problemlos zwischen Räumen zu bewegen und das Stromkabel ist nur gesteckt.
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Die App
Hier wären wir dann auch direkt bei der App angekommen, über die er etwas bequemer gesteuert werden kann. Die Verbindung ist schnell hergestellt, ein Assistent führt durch alle nötigen Schritte. Man merkt aber, dass die Übersetzungen hier und da noch nicht perfekt sind. Außerdem habe ich insgesamt 3 Versuche gebraucht, um die Verbindung mit dem WLAN herzustellen. Das lag am Ende daran, dass die Kopplung über die „Nearby“ Funktion mittels Bluetooth unterstützt wird, die bei mir deaktiviert war.
Für den einen oder anderen vielleicht noch wichtig: Ohne Internet geht nichts. Für die Ersteinrichtung muss zwingend eine Verbindung hergestellt werden können und danach ist es Glücksspiel ob die App den Fjord Pro noch erkennt, wenn dieser offline ist. Finde ich immer etwas fragwürdig, gerade da hier keine Features vorkommen, die Internet wirklich benötigen. Ok, das lokale Wetter wird angezeigt, aber darauf könnte ich an der Stelle auch verzichten.
Apple Homekit-Nutzer können das allerdings umgehen und den Jya Fjord Pro auch komplett offline nutzen. Bislang ist er allerdings noch nicht offiziell zertifiziert, man erhält also eine entsprechende Warnmeldung, wenn man ihn verbinden will. Danach funktioniert er aber direkt über die Home App und zumindest Ein- und Ausschalten lässt er sich, die restliche Steuerung ist noch etwas zickig und wollte nicht immer. Generell war die Einbindung nicht optimal und mehr als Ein/Aus und Lüftergeschwindigkeit ist nicht über Apple Home steuerbar. Dazu gibt es noch eine Statusanzeige für die Luftqualität, das wars.
Über die Android- oder iOS-App via WLAN geht dann doch etwas mehr. Hier können Firmware-Updates angestoßen, Zeitpläne angelegt und die Luftqualität überwacht werden. Zudem liefert sie Statistiken für die VOC- und PM2.5-Belastung, PM10 fehlt leider. Die Statistiken sind auch nicht besonders umfangreich, aber immerhin zeigen sie ganz gut wie die Werte sich verändern. Außerdem wird der Filterstatus angezeigt. Bei normaler Nutzung muss dieser voraussichtlich einmal im Jahr gewechselt werden. Insgesamt ist die App funktional und auch meist übersichtlich und selbsterklärend. Es fehlt aber noch einiges an Feinschliff, gerade bei der Übersetzung. Hier und da zeigen Übersicht und Graph auch mal grundlegend verschiedene Daten an.
Im Alltag
Nach der Einrichtung und Festlegen eines Zeitplans vergisst man recht schnell, dass der Jya Fjord Pro da ist. Sofern keine extremen Verunreinigungen gemessen werden, arbeitet er fast lautlos vor sich hin und stört nicht weiter. Das Display lässt sich zum Glück so weit dimmen, dass es auch nachts nicht stört, was den Einsatz im Schlafzimmer möglich macht. Hierfür gibt es auch einen zusätzlichen Nachtmodus, der die Geräuschkulisse dauerhaft sehr niedrig hält.
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Mangels Spektrometer ist es allerdings schwer, die Filterleistung zu beurteilen. Daher wurde er hier kurzerhand direkt neben meinen Resin 3D Drucker gestellt. Der stinkt im Betrieb ganz schön und sorgt auch für dicke Luft. Bei etwa 30% Leistung ist die Geruchs- und… nennen wir es mal Chemie-Belastung deutlich geringer als normal. Natürlich riecht man noch immer, dass der Drucker läuft, aber es stört bei weitem nicht mehr so sehr wie vorher. Rund geht es, wenn der Druck fertig ist und die Haube geöffnet wird. Dann springt die VOC Anzeige auf Rot und die Drehzahl wird deutlich erhöht. Die Erkennung von Verunreinigungen klappt also ziemlich gut. Auch die LED-Leiste unter dem Lufteinlass an der Front geht auf Rot. Neben dem Display eine zweite Möglichkeit, die aktuelle Luftqualität zu prüfen.
Unser Heuschnupfen wurde im Testzeitraum leider noch nicht so richtig herausgefordert, das geht erst etwas später los, hier ist ein Vergleich daher schwierig. Durch den 3-lagigen Filter sollte aber auch die Pollenbelastung deutlich reduziert werden. Auch Staub ist ein Thema. Der ist spürbar reduziert im Homeoffice und gerade beim Fotografieren von Testgeräten macht sich das auf jeden Fall positiv bemerkbar. Zwar ist nicht alles an Staub weg, aber es ist weit angenehmer als davor. Statt nahezu täglich Staub zu wischen, reicht es nun ein bis zweimal in der Woche die Oberflächen abzuwischen. Die automatische Steuerung hat auch problemlos funktioniert. Aktuell bemerkt man schon einen Anstieg an PM2.5 und PM10 Partikeln nach dem Lüften, was zu erhöhter Lüfterdrehzahl führt. All die Pollen da draußen werden also auch direkt erkannt.
Dann sind da noch die laufenden Kosten. Bei normaler Nutzung soll der Filter etwa ein Jahr halten. Nachkaufen kann man den Filter für 79€ direkt bei Jya. Den Energiebedarf gibt man mit bis zu 65W an, je nach Betriebsmodus natürlich. Knapp 63W konnte ich bei 100% Leistung messen. Im Automatikmodus lief er aber in der Regel bei nur 10 bis 15% Leistung, die sich rund 5 Watt genehmigen. Bei 50% Leistung – viel höher habe ich ihn nie laufen hören – liegt der Energiebedarf bei 15W. Grob überschlagen macht das zwischen 8 und 10 Euro Stromkosten im Jahr, bei täglich 10 Stunden Betrieb. Zusammen mit dem Filter wären das also rund 90 Euro im Jahr an laufenden Kosten.
Fazit
Der größte Negativpunkt ist, wie leider bei vielen Geräten heute, die App. Oft gibt es sie nur, damit es sie gibt, ohne weitere oder tiefergehende Integration weiterer Dienste. Immerhin: Alexa und Google Assistant können eingebunden werden und Homekit ermöglicht dann auch eine lokale Einbindung in Homeassistant oder ähnliche Dienste. Hier funktioniert sie, von daher ist der Punkt auch nur so halb negativ. Oft braucht man sie am Ende eh nicht.
Die Größe ist dann relativ. Eignet er sich für das kleine 15m² Schlaf- oder Wohnzimmer? Eher nicht. Passt er gut in das große Wohnzimmer, Wohnküche oder Büro? Schon eher. Man muss wirklich wissen worauf man sich hier größentechnisch einlässt. Allergiker dürften die hohe Filterleitung schon bei geringer Auslastung aber sehr zu schätzen wissen, denn da übertrifft er die meisten Konkurrenzprodukte.
Ansonsten habe ich nicht viel zu meckern. Er macht was er soll und das auch ohne besonders viel Energie zu benötigen. Ersatzfilter sind durch die Größe recht teuer, das sollte man auf jeden Fall einkalkulieren. Auch der Preis ist nicht ohne: 499 Euro ruft Jya für den Fjord Pro auf. Der kleinere Fjord, der wohl besser in die typische Mietwohnung oder Haus passt, schlägt noch mit 300 Euro zu buche. Dafür bietet er auch Sterilisation mittel UV-Bestrahlung, was der größere Fjord Pro nicht kann. Für den Preis hätte ich mir eventuell noch ein Alugehäuse gewünscht, aber das dürfte dann auch schnell schwer werden bei der Größe. Verfügbar sind beide derzeit nur direkt beim Hersteller unter https://eu.jyalife.com/.
Ist der Jya Fjord Pro also eine Anschaffung wert? Wenn ihr wirklich große Räume filtern wollt oder die Größe generell kein Problem ist: Definitiv. Mietwohnungen wie ich sie kenne, dürften aber mit dem kleineren Fjord bereits mehr als gut ausgestattet sein.