Mit Edvard Griegs Morgenstimmung in der überfüllten S-Bahn auf dem Arbeitsweg entspannen oder sich durch Roger Waters aus dem Ohrensessel entführen lassen – wenn es darum geht, qualitativ hochwertige Musik ungestört zu genießen, sind Muschelkopfhörer für HiFi-Freunde häufig die erste Wahl. Doch leider gibt es nicht den einen Alleskönner für jeden Anwendungszweck. Alleine durch die Bauweise der Muschelkopfhörer ergeben sich große ergonomische Unterschiede sowie verschiedene Klangeigenschaften. Wir geben einen Überblick, worin sich ohraufliegende und ohrumschließende Muschelkopfhörer unterscheiden und erklären, wie sich offene, geschlossene und halboffene Bügelkopfhörer auf Klangeigenschaften und Tragekomfort auswirken.
On-Ear vs. Over-Ear
Muschelkopfhörer gibt es in zwei Bauarten, die sich auf den ersten Blick kaum unterscheiden. Bei beiden Arten verbindet ein Bügel zwei Hörkapseln, die über die Ohren gelegt werden. Die sogenannten Over-Ear-Hörer umschließen dabei das Ohr, ohne es zu berühren. Sie sind die größte Bauart von Kopfhörern und eignen sich eher für den Einsatz in den eigenen vier Wänden.
Etwas dezenter tragen die On-Ear-Hörer auf, die mit ihren kleineren Muscheln auf dem Ohr aufliegen. Zudem lassen sich die meisten ohraufliegenden Kopfhörer zusammenfalten und so bei Reisen leichter in Reisetasche oder Rucksack verstauen. Häufig legen Hersteller eine Tasche oder sogar ein stabiles Case bei, um den Kopfhörer samt Kabel beisammen zu halten und vor Transportschäden zu schützen.
Klangeigenschaften von offenen und geschlossenen Kopfhörern
Ob ein Kopfhörer offen oder geschlossen ist, bezieht sich nicht auf die Muschelarten Over-Ear oder On-Ear, sondern auf deren akustische Entkopplung nach außen. Ein geschlossener Kopfhörer schirmt die Umgebungsgeräusche weitgehend ab und sorgt zusätzlich dafür, dass die Musik nur zum geringen Teil an die Umwelt ausgestrahlt wird. Das ist vorteilhaft, wenn man sich in lauteren Umgebungen seiner Musik widmen will und schont zugleich die Mitmenschen vor unfreiwilliger Beschallung. Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung (Link zum Shop) setzen noch einen drauf und versuchen, mit Gegenschall die Umgebungsgeräusche komplett zu eliminieren.
Ein offener Kopfhörer lässt Schallwellen nach außen sowie innen durch. Umgebungsgeräusche erreichen fast ungefiltert das Ohr, genauso wie schon leise Musik nach außen dringt. Ein offenes System bietet für Kopfhörer den räumlichsten Klangeindruck, worauf HiFi-Freunde großen Wert legen. Dagegen entsteht mit einem geschlossenen Kopfhörer stärker der Eindruck, die Schallquelle mitten im Kopf zu haben. Diese so genannte Im-Kopf-Lokalisation ist ungewohnt und kann den Musikgenuss einschränken.
Pauschal haben offene Kopfhörer das Potenzial, klarer und akzentuierter aufzuspielen als andere Kopfhörerarten. Vor allem im Tiefenbereich erzeugen offene Systeme oftmals eine neutralere Klangwiedergabe. Geschlossene Kopfhörer bieten dafür mehr Druck im Bass und spielen mit starkem Live-Charakter auf. Halb-offene Kopfhörer versuchen die Vorteile aus beiden Systemen zu vereinen. Dabei erreichen sie nicht die Klangcharakteristik eines offenen Kopfhörers bei gleichzeitiger Schallabsorption eines geschlossenen Systems. Wie die einzelnen Hersteller die aufgrund der unterschiedlichen Bauformen physikalischen Eigenschaften in ihren Kopfhörern umsetzen, steht auf einem anderen Blatt. So kann ein offener Kopfhörer einen schlechteren Raumklang erzeugen als ein geschlossener.
Ergonomische Unterschiede
Ein ohrumschließender Kopfhörer lässt sich in der Regel über einen langen Zeitraum tragen, ohne unangenehm aufzufallen. Die Muscheln sollten dafür so groß sein, dass sie die Ohren nicht berühren, sonst kann es schnell unbehaglich werden. Ein ohrumschließender Kopfhörer ist zwar etwas schwerer als ein ohraufliegender, sitzt aber dafür fester auf dem Kopf als ein ohraufliegender. Die große Auflagefläche der Muschelpolster auf dem Kopf und die Ohren in der Muschel verhindern ein Verrutschen des Kopfhörers. Bei On-Ear-Hörern kann es vorkommen, dass sie schon nach kurzer Tragezeit zu stark auf die Ohren drücken. Hier ist die richtige Balance zwischen festem Sitz und akzeptablem Druck wichtig. Der Bügel sollte auf alle Fälle gepolstert sein und nicht zu stark auf den Kopf drücken.
Weiterhin entscheidend für den Tragekomfort und eine Frage des persönlichen Geschmacks ist das Material des Muschelpolsters, das auf Ohr oder Kopf anliegt. Muschelkopfhörer gibt es mit weichen Stoffen wie Schaumstoff oder Velours. Die Polster sollten abnehmbar sein, damit sie sich gut reinigen oder austauschen lassen. Geschlossene Kopfhörer erreichen ihre Schallisolierung durch abgedichtete Muscheln. Das verhindert eine Luftzirkulation, was zu einer stärkeren Erwärmung am Ohr führt. Das kann im Winter angenehm sein, sorgt aber im Sommer für heiße Ohren. Immerhin fällt die Reinigung der Ohrpolster leicht, da geschlossene Kopfhörer meistens mit Silikon oder Leder gepolstert sind.
Kabel, Funk, Zubehör und Ausstattung
Soll der Muschelkopfhörer auch unterwegs genutzt werden, ist es ratsam sich für ein Modell mit klappbaren Muscheln zu entscheiden. Damit spart man Platz beim Verstauen des Kopfhörers. Praktisch ist eine Tasche oder Box, die bei vielen faltbaren Kopfhörern zum Lieferumfang gehört und ihn beim Transport schützt. Falls es zu einem Kabelbruch kommen sollte, freut man sich über wechselbare Kabel. Dieses Ausstattungsmerkmal bieten viele Muschelkopfhörer, die auch als Headset verwendet werden können.
Um kabelgebundene Kopfhörer an Smartphone oder MP3-Player ohne große Klangverluste und mit hoher Lautstärke betreiben zu können, müssen sie eine niedrige Impedanz von höchstens 80 Ohm und eine hohe Empfindlichkeit von über 100 dB SPL/mW aufweisen. Für den Betrieb an der Stereo-Anlage oder speziellen Kopfhörerverstärkern sollten Kopfhörer eine Impedanz von mindestens 100 Ohm aufweisen. Über passende Klinkenstecker für Smartphone oder HiFi-Anlage braucht man sich in der Regel keine Gedanken machen. Von Haus aus ist der überwiegende Teil der niedrigohmigen Kopfhörer mit 3,5-mm-Klinkenstecker ausgerüstet, während bei hochohmigen Kopfhörern Kabel mit 6,3-mm-Klinkenstecker für den Anschluss an die Musikanlage zur Ausstattung gehören.
Bluetooth-Kopfhörer sollten den Codec aptX unterstützen, um auch hochauflösende Musikinhalte empfangen zu können. Die meisten Notebooks und viele Android-Smartphones unterstützen aptX, Apple iPhones dagegen nur die verlustbehaftete Kodierung SBC. Zu beachten ist, dass Funkkopfhörer in der Regel schwerer als ihre kabelgebundenen Pendants sind.
Fazit: Das Ohr entscheidet
Wer Musik in guter Qualität hören will, kommt um einen Muschelkopfhörer kaum herum. Sie bieten gegenüber In-Ear-Hörern das größere Klangpotenzial, sind aber mobil nicht so komfortabel einsetzbar. Vor allem wenn man sie unterwegs nutzen will, muss man einiges beachten. So sollten die Impedanz gering und die Empfindlichkeit hoch ausfallen, um an einem Smartphone laut und weitestgehend klangneutral aufspielen zu können. Praktisch sind vor allem die kompakteren, ohraufliegenden Kopfhörer mit Features wie klappbaren Muscheln und Headset-Funktion. Damit Umgebungsgeräusche nicht von der Musik ablenken, sollte man zu einem geschlossenen Kopfhörer greifen, der zusätzlich die Musik nicht nach außen dringen lässt. Beschwerden in den Öffis beugt man damit vor. Möchte man den Kopfhörer ausschließlich zu Hause an einer Stereoanlage betreiben, kommt ein offener Kopfhörer in Betracht. Er bietet einen räumlicheren Klang und spielt im Tiefenbereich sauberer auf, dafür nicht so druckvoll wie ein geschlossenes System. Handelt es sich dabei um einen ohrumschließenden Kopfhörer, kann man ihn stundenlang tragen, ohne dass es unbequem wird. Letztlich ist es aber eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob ein geschlossenes oder offenes System besser klingt.
Im Shop findet Ihr On-Ear- sowie Over-Ear-Kopfhörer.
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