Das Samsung Galaxy XCover 6 Pro punktet genau in den Bereichen, in denen ein Business-Smartphone überzeugen muss.
Nicht jedes Unternehmen wird gewillt sein, knapp 550€ brutto für ein Firmen-Smartphone wie das Samsung Galaxy XCover 6 Pro auszugeben. Besonders dann nicht, wenn man gerade 50 Stück davon braucht. Die Unternehmen, die aber gewillt sind, das Geld in die Hand zu nehmen, bekommen mehr als nur ein „gutes Company-Phone“.
Für viele Arbeitnehmer*innen ist neben dem Firmen-Notebook auch das Company-Smartphone ein gutes Indiz dafür, wie sehr sie von ihrem Unternehmen gewürdigt werden. Wenn es immer das Billigste vom Billigen ist, wertet man das gerne als Einschätzung der eigenen Position. Ich spreche da aus Erfahrung, aber zurück zum Galaxy XCover.
Primär ist das Samsung Galaxy XCover 6 als Geschäfts-Handy entworfen worden. Manch einer würde es aufgrund des Designs und der Materialien sogar ein Baustellen-Smartphone nennen. Es kann aber auch für Privat-Anwender*innen interessant sein, die auf der Suche nach einem Outdoor-Smartphone sind. Ich fokussiere mich in diesem Review primär auf den Bereich „Business“.
Lieferumfang & Design – Ohne Netzteil, aber mit Tasten
Die Zeiten des üppigen Lieferumfangs sind vorbei – das Samsung Galaxy XCover 6 kommt in einem sehr flachen Karton und eifert damit dem Galaxy S22 (Test) nach. Entsprechend befindet sich in der Box neben dem Smartphone auch nur noch das SIM-Tool, ein USB-C-auf-USB-C-Kabel und etwas Papierkram. Ein Netzteil gibt es nicht, es muss entsprechend zusätzlich gekauft werden.
Das ist aus der Sicht eines Unternehmens ärgerlich, weil es im schlimmsten Fall bedeutet, dass neben 20 Smartphones auch noch 20 USB-C-Netzteile besorgt werden müssen. Es ist pauschal nicht schlimm, da Smartphones seit Jahren auf USB-C setzen und viele Nutzer*innen daheim Ladegeräte haben werden. Wenn das Smartphone aber vom Unternehmen ausgegeben wird, erwartet man da einfach ein „komplettes Paket“.
Kommen wir zum Design des Galaxy XCover 6 Pro. Es ist im Grunde ein klassisches Smartphone, das ab Werk bereits eine stabile Hülle integriert hat. Mit einem 6,6″-Display und einer Höhe von knapp 17cm ist aber alles andere als handlich. Gerade im Bereich Baustelle/ Outdoor kommen aber auch oft Handschuhe zum Einsatz und dann ist es ganz praktisch, wenn das Smartphone etwas größer ist. Das XCover 6 Pro könnt ihr nämlich auch mit Handschuhen (bis 2mm Dicke) bedienen.
Für einen besseren Grip sorgen Rillen an der Seite und auf der Rückseite des Galaxy XCover 6 Pro. Die Displayrahmen sind etwas dicker als ich es in der Preisklasse erwarten würde, aber ansonsten ist das Design des Smartphones absolut auf dem Stand der Zeit.
Passend für den Einsatzzweck gibt es dann noch kleine Details, anhand derer man merkt, dass sich hier jemand Gedanken gemacht hat. Es gibt neben den beiden Tasten zur Lautstärke-Regelung und der Power-Taste (inklusive sehr gutem Fingerprint-Reader) noch zwei weitere physische Tasten. Eine breite und programmierbare Taste auf der linken Seite und eine kleine Taste auf der Oberseite – neben dem 3,5mm-Klinkenanschluss.
Das wahre Highlight ist aber die Rückseite – die lässt sich abnehmen. Das ist nötig, weil der Akku des Galaxy XCover 6 Pro austauschbar ist – der Geist der vergangenen Weihnacht. Aus praktischer Sicht ist das sogar eine sehr gute Idee. Solche Geräte werden gerne mal am Ladegerät vergessen, was auf lange Sicht nicht gut für den Akku ist. Nach zwei Jahren einfach den Akku zu tauschen und wieder die volle Akkulaufzeit zu bekommen, ist im Business-Bereich eine clevere Möglichkeit, das Investment in die Geräte zu schützen/ rechtfertigen.
Display – kein OLED, aber 120Hz
Das Display des Galaxy XCover 6 Pro setzt auf „PLS LCD“-Technik. Das ist eine fancy Beschreibung für minimal verbesserte IPS-Panels mit etwas größerem Blickwinkel. Nichts, was am Ende den Kohl fett macht. Die Kontraste sind sehr gut und auch, wenn es nicht ganz an das berühmte OLED-Schwarz herankommt, sind die Farben als Ganzes gut bis sehr gut.
LCDs werden immer noch gerne verbaut, wenn die maximale Displayhelligkeit wichtig ist und der Preis unten gehalten werden muss. Bei Baustellen-Einsätzen oder generell viel Außendienst kann es also sinnvoll sein, auf ein IPS-Panel zu setzen. Wirklich überragend hell wird das Display des Galaxy XCover 6 Pro aber auch nicht. Es reicht für draußen, aber direkte Sonne treibt es an seine Grenzen. Samsung macht leider keine Angaben zur maximalen Displayhelligkeit des XCover 6 Pro.
Es ist also schade, dass Samsung hier keines der sehr hervorragenden und hellen OLED-Panels verbaut. Samsung hat dem XCover 6 Pro allerdings eine andere Kleinigkeit gegönnt. Nutzer*innen des Galaxy XCover 6 Pro sind nicht mit 60Hz gestraft, sondern können das Display auf 120Hz hochschrauben. Ab Werk ist es auf „Adaptive Bildwiederholrate“ eingestellt. Das Display wechselt dann automatisch zwischen 60 und 120Hz – abhängig davon, welche Inhalte angezeigt werden. Auf Wunsch gibt es aber auch nur 60Hz, was wieder für eine leicht bessere Akkulaufzeit sorgt.
Es handelt es sich übrigens um ein FullHD+-Display. Bei 6,6″ Displaygröße sind das immer noch 400ppi und Inhalte werden entsprechend scharf dargestellt. Insgesamt ist das Display des Galaxy XCover 6 Pro gut. Man fühlt sich nicht gestraft, wenn man darauf etwas ansieht, aber in der Preisklasse hätte es noch ein wenig besser sein können.
Performance – mehr als ausreichend
Gehobene Mittelklasse – besser kann man die Leistung des Samsung Galaxy XCover 6 Pro nicht beschreiben. Im Inneren werkelt ein Snapdragon 778G. Das ist Qualcomms Gaming-Mittelfeld mit 5G. Warum Samsung einen „Gaming“-SoC in einem Company-Phone verbaut, kann ich nicht sagen. Dem SoC stehen 6GB Arbeitsspeicher zur Seite.
Das führt zusammen mit dem 120Hz-Display zu einer geschmeidigen Performance im Alltag. Selbst größere Apps sind für den 6nm-SoC kein Problem. Klar lädt die Oberklasse noch etwas schneller, aber insgesamt bin ich von der gebotenen Leistung sehr angetan. Das würde mir für meinen privaten Alltag absolut ausreichen.
Als Speicher kommen ab Werk 128GB. Die können via SD-Karte um bis zu 1TB (1.000 GB) erweitert werden. Das Galaxy XCover kommt übrigens nicht mit einem dieser hybriden Slots, bei dem ihr wählen müsst, ob ihr eine zweite SIM-Karte oder eine SD-Karte verwenden wollt. Hier funktionieren zwei SIM-Karten und eine SD-Karte gleichzeitig.
Akku – einfach austauschbar
Ich muss gestehen, dass es anfangs so seltsam war, im ersten Schritt nicht mit einem SIM-Tool einen kleinen Schlitten aus dem Galaxy XCover zu holen, sondern einen Akku in das Gerät zu stecken. Das hatte ich seit dem Galaxy S5 Mini nicht mehr und es hat Spaß gemacht.
Der austauschbare Akku hat dazu einen gigantischen Vorteil – wenn das Smartphone aus einer größeren Höhe fällt, kann die Kraft beim Aufprall nach außen. Moderne Unibody-Smartphones sind sexy, aber wenn sie auf den Boden knallen, kann die Kraft nirgendwo hin. Beim Galaxy XCover kann die Rückseite abgehen und der Akku durch die Gegend fliegen. Am Ende sammelt man die Teile wieder ein und setzt es zusammen und sehr wahrscheinlich funktioniert das Gerät danach noch. Ich vermisse diese Zeiten.
Mit 4050mAh ist der Akku des Galaxy XCover 6 Pro nicht gigantisch, aber es ist doch genug, um bei moderater Nutzung locker über den Tag zu kommen. Wenn das Teil nur kurz pro Tag genutzt wird, um in der Zentrale anzurufen oder mal die Verkehrslage für den Sattelschlepper zu checken, sind auch zwei bis drei Tage drin. Geladen wird via USB-Typ-C.
Die maximale Ladegeschwindigkeit ist mit 15 Watt nicht gerade Highspeed, aber in den meisten Fällen ist es ausreichend. Vor allem, wenn das Gerät nach dem Feierabend an die Strom geht und erst am nächsten Tag wieder davon getrennt wird. Dann ist eine langsamere Ladegeschwindigkeit sogar von Vorteil, damit der Akku länger lebt – moderne Mechanismen zur Akku-Schonung hin oder her.
Software – die zusätzlichen Tasten sind zuweisbar
Samsung hat sich in den letzten Jahren sehr gemausert, was ihre Software-Updates betrifft. Bei den neuen Top-Smartphones und Tablets verspricht man sogar fünf Jahre. Im Business-Segment gelten aber andere Spielregeln und Samsung hat bisher keine offizielle Aussage zum Software-Support des Galaxy XCover 6 Pro gemacht.
Während ich diese Zeilen schreibe, ist das XCover 6 Pro mit Android 12 unterwegs und verfügt über aktuelle Sicherheits-Patches. Es gab auch in meinem Testzeitraum bereits zwei Updates. Wichtiger ist aber oft, dass der Support auch in drei bis fünf Jahren so stark ist. Die Zeit wird es zeigen.
Ein weiteres Feature, das Samsung dem XCover 6 Pro spendiert hat, ist Samsung DeX (Test). Das ist eine alternative Darstellung von Android für größere Bildschirme. Es hat dann einen Desktop-Charakter, kann aber nicht grundlegend ändern, was Android ist und was es kann.
Via Knox Capture wird aus dem Galaxy XCover 6 Pro auf Wunsch auch noch ein Barcode-Scanner, der die erfassten Daten automatisch an die eigenen Business-Apps übertragt. Das macht das Smartphone auch für Lagerist*innen interessant.
Zu den nützlichen Zusatzfunktionen („Erweiterte Funktionen“) zählt auch die Neubelegung der Hardware-Tasten. Die Powertaste kann zum Beispiel so eingestellt werden, dass sie nicht Samsungs digitalen Assistenten Bixby aufruft, sondern direkt zu „Ausschalten“ und „Neustart“-Menü führt, wenn sie gehalten wird. Auch der Befehl „zweimal drücken“ kann mit einer App versehen werden, die ihr selbst auswählt.
Die XCover Taste (die rote an der linken Seite) kann sowohl für „Drücken“ und „Drücken und Halten“ mit unterschiedlichen Apps definiert werden. Gleiches gilt für die obere Taste. Ab Werk ist das übrigens die Taschenlampe. Sehr nützlich, wenn man in dunklen Kellern unterwegs ist. Es gibt noch viele andere kleine Features, wie die Möglichkeit, den Lautsprecher bei Telefonaten wesentlich lauter zu machen, weil man in einer lauten Umgebung ist – Stichwort Maschinenlärm.
Samsung bietet aber auch Tools an, um große Mengen ihrer Smartphones zentral zu verwalten. Diese Flotten-Management-Tools sperren dann beispielsweise Apps im Google Play Store oder verhindern den Zugriff auf bestimmte Webseiten. Für das Admin-Team ein Traum. Für die Endanwender*innen oft eher nervig, weil direkt große Teile der Online-Welt pauschal geblockt werden.
Kameras – sind okay
Auf der Rückseite des Galaxy XCover sitzen zwei Kameras – einmal natürlich die klassische Weitwinkel-Kamera mit 50MP und einer Blende von f/1.8 und dazu kommt dann noch ein 8MP-Ultra-Weitwinkel. Die Kameraaufnahmen sind bei Tageslicht gut und auch feinere Details werden sauber eingefangen.
Im Dämmerlicht fällt die Qualität aber ab und auch bei Nacht sind die Aufnahmen des Galaxy XCover 6 Pro maximal noch okay. Um dem Chef ein schnelles Foto vom Bau-Fortschritt zu schicken, reicht es, aber erwartet hier keine Wunder. Es ist zweckdienlich.
Bei der Selfie-Kamera des Galaxy XCover 6 Pro merkt man noch am meisten, dass man ein Samsung-Smartphone hat. Die Bilder sind bei viel Licht gut, aber sobald es etwas schummerig wird, wird es leicht matschig und die Algorithmen arbeiten mit aggressiven Weichzeichnern gegen die Körnung des Bildes. Bei 13MP hätten man hier mehr erwarten können, aber am Ende ist das für den geplanten Einsatzzweck auch nicht kriegsentscheidend.
Sound – Mono, aber dafür laut
Man merkt dem Galaxy XCover 6 Pro wahrscheinlich nirgendwo so sehr an, dass es ein Company-Phone ist, wie beim Sound. Telefonate klingen gut. Ihr versteht alles und euer Gegenüber versteht euch sauber. Für die Wiedergabe von Medien steht auf der Unterseite des Gerätes aber nur ein Lautsprecher parat, der entsprechend auch nach unten feuert.
Die obere Ohrmuschel gibt bei Videos oder Sprachnachrichten keinen Ton von sich. Das ist für das Preissegment ungewöhnlich, aber auch verständlich. Hier soll maximal eine Sprachnachricht vom Chef abgespielt werden und kein YouTube-Video in der Pause auf Firmen-Datenvolumen geschaut werden. Obwohl – es gibt ja auch noch den 3,5mm-Klinkenanschluss.
Fazit zum Samsung Galaxy XCover 6 Pro: Mehr als sein Preis
Was bleibt am Ende nach zwei Wochen mit dem Galaxy XCover 6 Pro? Ehrlich gesagt – eine ganze Menge. Es ist ein sehr durchdachtes Smartphone. Was die Zielgruppe braucht, ist da und was sie nicht braucht, ist entweder nicht da oder es liegt kein Fokus darauf.
Das 120Hz-Display ist beispielsweise sehr groß und lässt sich mit Handschuhen bedienen. Dazu kommt eine Hülle ab Werk als Teil des Gehäuses, die für extra Robustheit und Widerstandsfähigkeit sorgt sowie Hardware-Tasten, die man selbst definieren kann. Die Performance ist überzeugend und die Akkulaufzeit gut. Außerdem ist der Akku innerhalb von zwei Minuten gewechselt. Zusammen mit den smarten Software-Funktionen und Flotten-Management-Tools von Samsung kommt also viel Gutes zusammen.
Kein Fokus wurde auf die Kameras gelegt. Die erledigen ihren Job, aber auch nicht viel mehr. Das ist für den geplanten Einsatzzweck völlig in Ordnung. Ob es jetzt Samsung DeX bei diesem Gerät gebraucht hätte, lasse ich euch selbst entscheiden.
Bleibt noch der Preis – 550€ brutto sind eine Menge Geld, gerade wenn mehr als zwei Geräte angeschafft werden sollen. Aber am Ende bringt der Preis mehr als nur ein Smartphone mit sich – er bringt Mitarbeitende mit, die sich geschätzt fühlen und nicht jedes mal fluchen, wenn sie ihr Firmen-Smartphone in die Hand nehmen müssen. Ich würde mein aktuelles Firmen-Smartphone bspw. ohne mit der Wimper zu zucken gegen das Galaxy XCover 6 Pro eintauschen.
Zum Shop: Samsung Galaxy XCover 6 Pro
*Stand: 08.2022