Ein Segway ist eine tolle Sache: man kann damit bequem weite Strecken zurücklegen. Es ist durch den Elektroantrieb vergleichsweise leise und umweltfreundlich, sofern mit Ökostrom gefahren wird. Der Nachteil ist sein exorbitant hoher Preis. Den Elektro-Scooter Smart Balance Wheel gibt es schon für 400 Euro. Ganz so gediegen geht es damit nicht vorwärts, dafür aber mit mehr als 10 Stundenkilometer in der Spitze ziemlich flott. Wir haben uns auf das zweirädrige E-Board zum schmalen Preis geschwungen und extrem viel Spaß damit gehabt.
Technik und Warnhinweise
Wie sagte schon Ralley-Legende Walter Röhrl so schön: „Wenn man beim Öffnen einer Autotür Angst hat, dann hat das Fahrzeug genügend Leistung.“ Übermäßig viel Leistung haben die beiden Motoren des Smart Balance Wheel mit je 350 W zwar nicht, Respekt hatte ich trotzdem davor. Denn solche häufig auch als „Hoverboards“, „Waveboards“ oder „Swagways“ bezeichneten E-Boards können den Fahrer problemlos auch mal abwerfen – und das nicht nur wegen des hohen Drehmoments des E-Antriebs. Es ist also nicht verkehrt, sich kurz mit der Technik auseinanderzusetzen und ein paar Sicherheitshinweise zu beachten, bevor man auf das Board steigt.
Prinzipiell besteht das „Waveboard“ aus zwei elektromotorisch angetriebenen Rädern, die über eine Elektronik angesteuert werden. Die Räder mit Aluminium-Felgen haben einen Durchmesser von 17 cm, bestehen aus sehr hartem Gummi und machen einen äußerst robusten Eindruck. Wechselbar sind die von zwei Kunststoff-Kotflügeln geschützten Räder nicht.
Beide Hälften des Boards sind jeweils mit einer Plattform für die Füße versehen und über eine 20 Grad verdrehbare Achse miteinander verbunden. Gesteuert wird das E-Board über Gewichtsverlagerung des Fahrers und vier Sensoren, die sich unter den Fußmatten verbergen. Ein Servo-Kontrollsystem balanciert das Gefährt aus. Neigt man den Körper nach vorne, fährt der Scooter vorwärts, nach hinten rückwärts. Bei Gewichtsverlagerung auf dem linken Fuß fährt das Smart Balance Wheel nach rechts, belastet man den rechten Fuß geht es links herum.
Bevor man sich auf das Board schwingt, sollte man dringend festes Schuhwerk und Schutzkleidung wie beim Rollerbladen oder Skateboard-Fahren anziehen. Ohne Fahrradhelm, Knie- und Arm-Protectoren sollte man es lieber lassen. Denn steigt man unfreiwillig bei einer Spitzengeschwindigkeit von mehr als 10 km/h ab, kann das böse Folgen haben. Vermutlich nehmen deshalb auch die Warnhinweise einen erheblichen Teil der beiliegenden deutschsprachigen Bedienungsanleitung ein.
Fahren darf man den Elektro-Scooter in Deutschland nur auf privaten Grundstücken oder in Gebäuden – sofern es der Eigentümer erlaubt. Im Gültigkeitsbereich der Straßenverkehrsordnung darf das E-Board nicht betrieben werden. Eine Fahrt zur Arbeit und wieder zurück ist also nicht drin. Hintergrund ist der, dass das motorgetriebene Elektro-Vehikel schneller als 6 km/h fährt und damit als Kraftfahrzeug einzustufen ist. Um es im Straßenverkehr zu betreiben, würde es daher eine Zulassung benötigen. Die fehlt aber. Auf das Verbot zu pfeifen sollte man sich dringend überlegen, denn wird man von der Polizei erwischt, muss man mit einem Bußgeld von 50 Euro rechnen. Wenn man Pech hat, ziehen die Ordnungshüter das Board ein, im schlimmsten Fall zusammen mit dem Führerschein.
Bürotauglich
Doch genug der mahnenden Worte: ab aufs Board. Der Fahrer darf aber nicht mehr als 100 kg wiegen. Wir probierten das Smart Balance Wheel zunächst in unserem Büro aus. Alle Türen auf und dann los. Eingeschaltet wird das E-Board über eine Taste an der Vorderseite. Nach einem „Pling Plong“ und dem mutmaßlichen Sprachhinweis „Expert“, die aus dem Lautsprecher an der Unterseite kommen, hat sich das Gerät kalibriert. Wir empfehlen das E-Board beim Einschalten unverdreht und parallel zum Boden ausgerichtet aufzustellen. Ansonsten hatten wir das Problem, dass das System durcheinander kommen kann und schon losfahren will, wenn man nur einen Fuß auf das Board gesetzt hat. Dann kann es einen umhauen.
Sobald die grüne Kontrolllampe aufleuchtet, kann man aufsteigen: erst den einen, dann den anderen Fuß. Man sollte dabei nicht versuchen, selbst das Gleichgewicht zu halten, sondern einfach still auf dem Board stehen. Ansonsten interpretiert das E-Board das Herumgewackele als Neigungsveränderungen und bewegt sich schnell vor und zurück oder versucht sich zu drehen, was einen vom Board katapultiert.
Wer über ein wenig Körpergefühl verfügt, kann den Elektro-Scooter innerhalb weniger Minuten vorwärts und rückwärts bewegen und Kurven fahren. Zwei sehr helle blaue Lampen leuchten dauerhaft und fangen je nach Fahrtrichtung an zu blinken. Das Drehen von Pirouetten und Fahren höherer Kurvengeschwindigkeiten sind mit etwas Übung ebenfalls möglich. Allzu schnell und abrupt sollte man jedoch nicht in die Kurve gehen, denn dann kann man seitlich vom E-Board geschleudert werden.
Im ebenen Büro, auf Teppichboden und Fliesen lässt sich das Smart Balance Wheel sehr präzise bewegen. Irgendwann denkt man gar nicht mehr nach, was man eigentlich machen muss. Es reichen dann Mikrobewegungen aus, die das Gehirn beim Körper auslöst.
Hohe Spitzengeschwindigkeit auf gutem Asphalt
Draußen „im Gelände“ gelingt das Fahren deutlich schwieriger. Wir haben einen asphaltierten Platz ausgesucht und nach guter alter „Top-Gear“-Manier Beschleunigung und Spitzengeschwindigkeit ermittelt. Die Quarter-Mile haben wir uns gespart. Durch den Elektro-Direktantrieb liegt gleich vom ersten Augenblick ein hohes Drehmoment an den beiden Antriebsachsen. Innerhalb von zwei Metern auf Schrittgeschwindigkeit von 4 km/h, die Maximalgeschwindigkeit liegt über 10 km/h und damit sogar oberhalb der Werksangabe, obwohl der Asphalt nicht den besten Grip bot. Einen Turbo-Modus besitzt unser E-Board nicht. Bei einigen ähnlichen Modellen soll längeres Drücken des Power-Buttons einen Modus mit höherer Beschleunigung aktivieren. Bei unserem Smart Balance Wheel wird dann ein Kalibrierungsmodus eingeschaltet, um etwa fehlerhafte Verdrehungen der Steuerachsen auszugleichen. Das funktionierte im Test sehr gut.
Bereits kleine Unebenheiten wie Gullideckel, Asphaltübergänge oder Bodenwellen stellen hohe Anforderungen an den Fahrer, denn das E-Board wird dadurch unruhig, der Fahrer beginnt zu wackeln und das E-Board wird dann noch unruhiger. Geht es dann aus der flachen Ebene in hügeliges Gelände mit leichten Steigungen, dann erfordert das Balance-Halten einiges an Konzentration. Steigungen über 15 Grad schafft das Smart Balance Wheel nicht. Es bleibt dann einfach stehen. Beim Ausloten des Grenzbereichs warf es den Tester dann auch rückwärts ab. Auf den Versuch, Unebenheiten wie abgesenkte Bordsteinkanten zu überwinden, sollte man eher verzichten.
Das Smart Balance Wheel ist eher ein Schönwetter-Fahrzeug. Es ist zwar nach IP54 gegen Staub und Spritzwasser geschützt, Regenfahrten sollte man trotzdem vermeiden, denn die Ladebuchse ist ungeschützt der Nässe ausgesetzt. Bei nasser Fahrbahn hätten die harten Reifen mit geringem Profil sowieso nur ungenügend Haftung.
Angetrieben wird das Board von einem 4,4-Ah-Akku mit einer Spannung von 36 Volt. Im Test konnten wir die maximale Reichweite nicht ermitteln, weil kein geeignetes Gelände zur Verfügung stand. Die Reichweite soll zwischen 15 und 20 km liegen. Das scheint realistisch zu sein. Das Fahrvergnügen kann dann recht unsanft enden, denn sobald keine Energie mehr vorhanden ist, entfällt sofort die Balance-Unterstützung. Bei ähnlichen E-Boards soll ein Blockieren der Räder für diverse Unfälle gesorgt haben, weil beispielsweise beim Heißlaufen eine Notabschaltung erfolgte. Wir konnten das im Test nicht nachvollziehen.
Zumindest gegen das Liegenbleiben aus Energiemangel gibt es eine Lösung: eine Akkufüllstandsanzeige signalisiert, wie voll der Akku noch ungefähr ist. Bei Grün hat er noch über 50 Prozent Ladung, dann wechselt er zu Gelb. Bei 20 Prozent Restladung wird die Akkuanzeige rot. Dann sollte man das E-Board schnellstmöglich an das Ladegerät hängen, um plötzlichen Energiemangel zu vermeiden und keinen Unfall zu riskieren.
Die Lithium-Ionen-Batterie lädt in etwas mehr als zwei Stunden wieder voll auf. Als Ladeanzeige dient nur eine LED am Ladegerät. Leuchtet sie Rot, dann wird geladen, ist sie grün, dann ist der Ladevorgang abgeschlossen. Das Ladegerät wird beim Laden mit bis zu 83,2 °C ungewöhnlich heiß und genehmigt sich schon ohne angeschlossenes E-Board etwa 1,3 Watt, beim Laden sind es dann maximal 69,1 Watt. Aus unserer Sicht sollte man das Smart Balance Wheel nicht unbeaufsichtigt aufladen.
Gute Unterhaltung
Das Smart Balance Wheel besitzt an der Unterseite einen Lautsprecher, der zum Boden abstrahlt. Mit einem Smartphone stellt man via Bluetooth eine Verbindung her und spielt darüber Musik ab. Der Sound ist laut. Darauf kommt es an. Die Qualität geht in Ordnung. Laut ist aber wichtiger.
Technische Daten Smart Balance Wheel
Abmessungen | 584 x 186 x 178 mm |
Gewicht | 10,1 kg |
Bodenfreiheit | 30 mm |
Reifen | Gummi auf Alu |
max. Belastung | 100 kg |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 12 km/h |
max. Reichweite | ca. 15 -20 km (Herstellerangabe) |
max. Steigungswinkel | 15 ° |
Akku | Lithium-Ionen, 4,4 Ah, 36 V |
Fazit
Der Elektro-Scooter Smart Balance Wheel macht unglaublich viel Spaß. Es dauert nur ein paar Minuten, dann hat man die präzise arbeitende Steuerung verinnerlicht und beherrscht das E-Board sicher. Geschwindigkeit, Reichweite und Laufzeit sind prima. Schade ist nur, dass man das Elektro-Vehikel nicht im regulären Straßenverkehr auf einem Radweg einsetzen darf. Das schränkt die Verwendungsmöglichkeiten stark ein. Auf jeden Fall sollte man beim Fahren Schutzkleidung tragen, denn bei unerwartetem Energiewegfall kann es einen vom Board hauen.
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