Mit dem LG X screen erweitert das koreanische Unternehmen nach dem LG V10 das Angebot von Android-Smartphones, die ein zweites Display mitbringen. Die sonstigen Ausstattungsmerkmale des LG X screen spielen in der gehobenen Mittelklasse. Wir haben das interessante Gerät getestet und gehen der Frage nach, wie sinnvoll das zweite Display ist.
Second Screen
Auf den ersten Blick wirkt das LG X screen wie ein ganz normales Smartphone, das ein recht großes 5 Zoll Display mitbringt. Der Clou ist aber ein kleiner zusätzlicher Touchscreen, der direkt neben der seitlich untergebrachten Webcam und über dem Hauptbildschirm sitzt. Den zweiten Screen nutzt LG beispielsweise zur Anzeige des Namens des Eigentümers in einer etwas kitschigen Handschrift-Typo. Die Schrift darf man ändern und den eigenen Namen durch eine Signatur nach Wunsch ersetzen.
Mit einem Wisch nach links auf dem 1,8 Zoll großen Touchdisplay lassen sich in dieser Reihenfolge vier Funktionen auswählen: Ton-Profil, WLAN, Taschenlampe und Bluetooth. Als Taschenlampe dient in diesem Fall der helle LED-Blitz der hinteren Kamera. Zwei der Einstellungen kann man durch Kamera und Capture ersetzen. Bei Capture handelt es sich um eine Funktion, mit der Anwender einen Bildschirmbereich als Screenshot festlegen und mit einigen Malwerkzeugen bearbeiten dürfen, um beispielsweise Text hervorzuheben oder eine kleine Zeichnung hinzuzufügen. Ein weiterer Wisch auf dem Display bringt einen zu den zuletzt genutzten Apps.
In den Einstellungen lassen sich etliche nach eigenem Gusto anpassen und beispielsweise auch Aufgaben, Termine, Music-Player und App-Verknüpfungen zum zweiten Bildschirm hinzufügen. Zuletzt kann man noch festlegen, ob der Screen während der Medienwiedergabe Infos anzeigen darf. Die Anpassung des Second Screens über die Systemeinstellungen könnte dennoch intuitiver sein: Eine Interaktion zwischen beiden Bildschirmen ist nicht möglich, man kann also keine App vom Hauptscreen in den Second Screen ziehen.
Praktisch hingegen: Über den zweiten Bildschirm kann das LG X screen beispielsweise auch dann Infos wie Akkustand und Uhrzeit anzeigen, wenn das Hauptdisplay ausgeschaltet ist. Das spart wahrscheinlich Strom, allerdings dürfte sich der Gewinn in Grenzen halten: Das LG G5 bringt beispielsweise die Informationen abgedunkelt auf seinem großen Bildschirm unter, wenn man das Smartphone nicht verwendet. Einen merklich erhöhten Stromverbrauch konnten wir beim LG G5 dadurch nicht feststellen. Es geht aber mit dem kleinen Screen noch etwas mehr als beim LG G5, beispielsweise die Audiosteuerung und das Einschalten der Taschenlampe.
Den Second Screen hat LG dezent in die Fläche integriert. Das ist wichtig, wenn man beispielsweise Videos ohne Zusatzinfos sehen will. Auf den ersten Blick mag die Auflösung des zweiten Bildschirms mit 520 x 80 Pixeln gering sein, letztlich führt das bei den kleinen Abmessungen von 1,8 Zoll dennoch zu einer Pixeldichte von knapp 300 ppi. Damit werden Inhalte scharf abgebildet, bei gebührendem Abstand von 30 cm sollten nur noch Adleraugen einzelne Pixel erkennen können.
Das 5 Zoll große Hauptdisplay bietet mit seiner HD-Auflösung von 1280 x 800 ebenfalls eine Pixeldichte von knapp 300 ppi. Das IPS-Display überzeugt durch eine recht natürliche, wenn auch leicht blaustichige Farbwiedergabe. Aus spitzeren Blickwinkeln betrachtet, nimmt hauptsächlich der Helligkeitseindruck – dann allerdings teilweise rapide – ab, die Farbwiedergabe bleibt inklusive Farbstich stabil. Die Helligkeit liegt bei durchschnittlich 310 cd/m² und ist damit ausreichend hoch, um auch bei hellerem Umgebungslicht noch ablesbar zu sein. Der Kontrast liegt bedingt durch den guten Schwarzwert von 0,21 cd/m² bei sehr hohen 1:1476. Damit gehört das Display des LG X screen zu den besseren in der Mittelklasse.
Design
Das Design des LG X screen fällt insgesamt angenehm unaufgeregt aus: Die Glasoberflächen hinten und vorne mit schwarzem Polycarbonat-Untergrund sehen elegant aus. Um die Kanten läuft ein Rahmen im Metalldesign, in dem sich auf der linken und rechten Seite die Bedienelemente befinden. Die Hauptkamera auf der Rückseite steht ein wenig heraus und wird von einem chromefarbenen Rahmen eingefasst. Die Displayrahmen auf der linken und rechten Seite sind schmal, zusammen mit den Rundungen, dem geringen Gewicht von 120 g und der Glasrückseite liegt das Smartphone äußerst angenehm in der Hand. Lediglich die metallfarbene Rahmenkante fühlt sich etwas scharfkantig an – das bemängelten wir schon beim Spitzenmodell LG G5.
Leistung
Als Prozessor kommt der Mittelklasse-Prozessor Snapdragon 410 MSM8916 von Qualcomm zum Einsatz. Die vier Kerne takten mit 1,2 GHz und sorgen für eine ausreichend hohe Leistung in fast allen Anwendungszenarien und eine flüssige Bedienung der Oberfläche. Erst bei aufwendigen 3D-Titeln zeigen sich die Grenzen der Prozessor- und Grafikleistung. Die Benchmarks spiegeln das zum großen Teil wieder.
An Flash-Speicher verbaut LG im Smartphone 16 GB, von denen allerdings weniger als 10 GB für den Anwender übrig bleiben. Das ist knapp. Im Schacht in der rechten Rahmenkante findet im Schlitten neben der Nano-SIM-Karte eine microSD-Karte ihren Platz, die den Speicher um bis zu 32 GB erweitern kann. Das LG X screen wird also auch mit Kartenerweiterung kein Speicherriese, etwas über 43 GB sollten aber für die meisten Anwender reichen.
Akku
Mit seinem 2300-mAh-Akku hält das LG X screen bei unserem Videotest rund 10 Stunden durch. Das fetzt zwar nicht die Butter vom Brot, ist aber zufriedenstellend und reicht für einen Tag moderater gemischter Nutzung. Schade: Der Akku ist fest verbaut und damit nicht ohne weiteres zu wechseln. Eine komplette Aufladung benötigt fast genau 3 Stunden. Auch das passt in die gehobene Mittelklasse.
Kameras
Bei den Kameras setzt die Frontkamera mit 8 Megapixeln einen Akzent. Das LG X screen prädestiniert sich auf dem Datenblatt damit als Selfie-Smartphone. Die Ergebnisse in der Praxis sind ansehnlich, auch unter Kunstlicht überzeugt die natürliche Farbwiedergabe. Die Bildschärfe lässt sich über 8 Stufen regeln, wobei die mittlere voreingestellte bereits viele Details kostet, dafür aber Poren und Hautunreinheiten glatter bügelt. Aber auch im höchsten Schärfegrad fällt in der Vergrößerung der Verlust an Details auf. Bei 8 Megapixeln ist das verschmerzbar, insgesamt fallen die Ergebnisse überdurchschnittlich gut und ansehnlich aus. Selfie-Liebhaber dürfen zugreifen.
Die rückseitige Kamera versammelt 13 Megapixel auf ihrem Sensor. Wie die vordere Kamera nimmt sie Videos bis zur Full-HD-Auflösung auf. Die Einstellungsmöglichkeiten sind äußerst beschränkt, bei Video auf HD oder Full HD, bei Fotos auf die Formate 1:1, 16:9 und 4:3. Die Bildqualität ist schnappschusstauglich und das LG X screen liefert gute und scharfe Bilder, sofern genügend Licht vorhanden ist. Bei dunkleren Lichtverhältnissen erhöht sich die Belichtungszeit. Dadurch werden die Fotos zwar heller und mit weniger Bildrauschen wiedergegeben, doch die Gefahr von Verwacklungen steigt. Trotzdem macht das LG hier einen sehr guten Job. Die Farbwiedergabe ist zudem erfreulich neutral. Wie die vordere Kamera bietet also auch die hintere Kamera eine für die Mittelklasse sehr gute Performance.
Lautsprecher
Der Mono-Lautsprecher im LG X screen erreicht eine hohe Lautstärke und gibt Musikstücke halbwegs wiedererkennbar wieder. Der Klang fällt leicht blechern aus, Bässe sind nur zu erahnen. Richtig Spaß macht das nicht, aber wenigstens wirkt die Wiedergabe vor allem von Sprache durch die Höhen-Betonung klarer als bei anderen Geräten.
Weitere technische Innereien und Android
Wie es sich für ein modernes Mittelklasse-Smartphone inzwischen gehört, unterstützt das LG X screen den schnellen Funkstandard LTE. Eine Schwäche leistet sich das LG beim WLAN, denn es beherrscht nur die Standards b/g/n. Bluetooth 4.1 befindet sich mit an Bord, erfreulicherweise auch NFC. Für die Navigation ist nicht nur GPS dabei, sondern auch A-GPS, GLONASS und BeiDou.
Als Betriebssystem installiert LG das aktuelle Android 6.0.1 Marshmallow. Die auffälligste Änderung zu Stock-Android ist der Verzicht des Herstellers auf den App Drawer im Standard-Thema. Allerdings kann man eine andere Oberfläche mit App Drawer auswählen, falls man ihn zu sehr vermissen sollte. Nicht mehr missen wollen wir hingegen die von LG eingeführte Knock-Knock-Funktion, bei der man mit zweimaligem Klopfen auf den Bildschirm das Smartphone zum Leben erwecken kann. Sinnvoll, auch wenn sich wie beim LG X screen der Power-Button nicht auf der Rückseite zu finden ist. Einen Fingerabdrucksensor besitzt das LG-Smartphone hingegen nicht.
Fazit
Das LG X screen setzt den Trend guter Android-Smartphones in der Mittelklasse fort: Wer nicht Top-Leistung beispielsweise für Spiele und VR benötigt und die besten Kameras, findet im LG X screen ein rundum gelungenes Smartphone, das gut aussieht und mit dem Second Screen einen interessanten Akzent setzen kann. Abstriche gibt es wenige, die in dieser Klasse aber üblich sind: Auf schnelles WLAN, Metallgehäuse und Fingerabdrucksensor muss man verzichten.
Das LG X screen ist bei uns im Shop erhältlich.