Aktuelle Android Smartphones der Oberklasse sind gemeinhin teuer und selten für weniger als 700 Euro zu haben. Das OnePlus 2 kostet etwa so viel wie ein Mittelklasse-Smartphone, will aber trotzdem den High-End-Bereich erobern. Wir haben uns angesehen, ob der One Plus 2 Androide eine 1+ verdient hat.
Aussehen, Haptik und Bedienelemente
Überraschend ist schon beim Erstkontakt des 151,8 x 74,9 x 9,85 mm großen und mit 175 g recht schweren Smartphones die ungewöhnliche Haptik: Während andere Mobiltelefone eher glatte Handschmeichler sind, fühlt sich das OnePlus 2 an, als hätte man einen Schleifblock mit Schmirgelpapier der Stärke 180 in der Hand. Grund dafür ist die Rückseite aus stark angerautem Kunststoff. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich aber daran und schätzt, dass das Smartphone mit der angenehm gewölbten Rückseite nicht so leicht aus der Hand rutscht. Mag man die Sandstein-Haptik gar nicht, dann tauscht man die Rückwand einfach gegen ein optionales Cover aus. Cover für das OnePlus 2 gibt es in verschiedenen Farben und aus unterschiedlichen Materialien wie etwa Holz oder Kevlar.
Hinter der abnehmbaren Rückwand des OnePlus 2 verbirgt sich kein wechselbarer Akku, sondern lediglich ein Einschub für zwei Nano-SIM-Karten für den Dual-SIM-Betrieb. Eine Speichererweiterung per microSD-Karte ist nicht vorgesehen. Es ist also ratsam, gleich eine höhere Speicherausstattung zu erwerben. Im Test hatten wir die Version mit 64 GB. Es steht noch ein Modell mit 16 GB zur Verfügung, was aus unserer Sicht aber zu wenig ist.
Gut gefällt der hervorragend verarbeitete, stabile Aluminiumrahmen des OnePlus 2, in die der Power-Button und die Lautsprecherwippe auf der rechten Seite eingelassen sind. Die Tasten haben allesamt einen hervorragenden Druckpunkt, geben damit ein tolles haptisches und mit leichtem Knackgeräusch ein dezentes akustisches Feedback. Besser geht es kaum. Auf der rechten Seite befindet sich ein Schiebeschalter, der in drei Positionen einrastet und dazu dient, je nach Wunsch bei allen oder nur bei wichtigen Nachrichten zu informieren oder keine Nachrichten durchzulassen. Der Schalter verfügt über die gleiche raue Haptik wie die Rückseite des Smartphones.
Auf der Vorderseite sind die drei obligaten Android-Bedientasten als Sensortasten ausgeführt. Der Home-Button enthält gleichzeitig einen Fingerabdruck-Scanner. Bis zu fünf Fingerabdrücke lassen sich anlernen, die dann zum Entsperren oder für die Bestätigung von Bezahlvorgängen benutzt werden können. Dabei reicht es aus, den Finger auf den Sensor zu legen. Drücken kann man die Taste nicht, was zunächst gewöhnungsbedürftig ist. Es dauert dann etwa eine Sekunde, bis der Fingerabdruck erkannt ist. Im Test klappte das aber nicht immer zuverlässig. Bei feuchten Händen hat der Scanner des OnePlus 2 deutlich mehr Probleme als beispielsweise Apples Touch ID oder die Fingerabdruck-Sensoren von Samsung oder Huawei.
Kontrastreiches Display
Im OnePlus 2 steckt ein 5,5 Zoll großes IPS-Display, das mit 1920 x 1080 Pixel auflöst. Mit seiner Full-HD-Auflösung kommt es auf eine Pixeldichte von 401 ppi. Einzelne Pixel lassen sich aus einem durchschnittlichen Betrachtungsabstand von rund 40 cm nicht erkennen. Andere High-End-Boliden wie etwa das Samsung Galaxy S6 oder das LG G4 kommen mit einer noch höheren Quad-HD-Auflösung daher. Anwendungsfälle dafür gibt es aber nur wenige wie beispielsweise das Betrachten von 4K-Videos oder die Nutzung des Smartphones als VR-Brille. Mit der Full-HD-Auflösung des OnePlus 2 ist man also gut bedient.
Der Bildeindruck des Displays ist gut. Es deckt nahezu den gesamten sRGB-Farbraum ab. Farbstiche konnten wir genauso wenig entdecken, wie eine Übersaturierung feststellen. Die Farbtemperatur des Displays im Auslieferungszustand ist angenehm, der Schwarzwert mit 0,29 cd/m2 für ein IPS-Display hervorragend. Bei einer Helligkeit von maximal 479 cd/m2 erreicht es einen extrem hohen Kontrast von 1652:1. Was nicht so gut gefällt, sind die Blickwinkel: Helligkeitsveränderungen setzen schon bei kleinen Abweichungen von der direkten Draufsicht ein, sowohl in der Vertikalen als auch in der Horizontalen. Das ist zwar nicht so stark ausgeprägt, dass es besonders stören würde, man erwartet aber etwas mehr von einem Smartphone, das in der Königsklasse mitmischen will. Unterm Strich ist das IPS-Display des OnePlus 2 trotzdem noch sehr gut.
Heiße Leistung unter Custom-Android OxygenOS 2.2
Das Betriebssystem des OnePlus 2 basiert auf Android 5.2.2 Lollipop. Das Custom-Android mit der Bezeichnung OxygenOS 2.2 soll dem Smartphone besonderes Leben einhauchen. Riesige Unterschiede zum reinen Android sieht man kaum, sichtbar sind sie nur im Detail. So kann man beispielsweise die Sensortasten (fast) nach Belieben belegen, mit definierten Gesten einige Apps schneller starten und das Smartphone per Doppel-Tap aus dem Standby aufwecken. Einige Kleinigkeiten wie beispielsweise das Setzen von Berechtigungen einzelner Apps, eine Swiftkey-Tastatur mit Wischeingabefunktion und auch der „Shelf“ genannte kombinierte Schnellstart- und Übersichtsbereich sind nützliche Erweiterungen des reinen Lollipop-Androids. Bloatware gibt es nicht, sodass dem Anwender etwa 54 GB Speicher zur Verfügung steht.
Im OnePlus 2 arbeitet ein Qualcomm Snapdragon 810 mit acht Kernen (4 x Cortex-A57 und 4 x Cortex-A53), die nach dem Big-Little-Prinzip nur die jeweils benötigte Leistung zur Verfügung stellen und somit stromsparend arbeiten. Die überarbeitete Version des hitzköpfigen Qualcomm Prozessors mit integrierter Adreno 430 Grafik arbeitet nun mit maximal 1,8 statt mit 2 GHz Takt wie sein Vorgänger. Das reduziert zwar etwas die Maximalleistung, begrenzt dafür aber auch die Hitzeentwicklung sowie den Stromverbrauch. Bei hohem Leistungsbedarf wie etwa bei grafiklastigen Spielen oder der Aufzeichnung von 4K-Videos erhitzt sich die Rückseite auf maximal 47,9 °C. Im Winter ist das Smartphone noch ein angenehmer Handwärmer, im Sommer aber deutlich zu heiß, zumal der Maximalwert dann aufgrund der höheren Umgebungstemperatur noch etwas ansteigen könnte. Um Überhitzung zu vermeiden, drosselt der Prozessor den CPU-Takt und die Leistung geht frühzeitig zurück. Bei Standard-Single-Core-Anwendungen bleibt die Temperatur auf einem noch halbwegs handfreundlichen Niveau von maximal 41,9 °C. Das dürfte bei den meisten Benutzern der Normalfall sein.
Leistungstechnisch reiht sich das OnePlus 2 bei Android Smartphones wie dem HTC One M9 oder Sony Xperia Z3+ ein, die auf den gleichen Prozessor bei gleichem Maximaltakt setzen. Der größere Arbeitsspeicher von 4 GB (3 GB beim kleineren 16-GB-Schwestermodell) verschafft dem OnePlus 2 leistungsmäßig keine spürbaren Vorteile gegenüber der Konkurrenz. Der größere Speicher macht sich bestenfalls beim Websurfen bemerkbar, wenn bei mehreren gleichzeitig geöffneten Tabs die Seiten nicht ständig neu geladen werden müssen. Insgesamt fällt die Bedienung des Custom-Android-Betriebssystems Oxygen 2.2 und aller von uns getesteten Apps sehr flüssig aus, grafiklastige Spiele laufen ohne sichtbare Ruckler.
Haupt-Kamera mit optischem Bildstabilisator
Die Kamera auf der Rückseite des OnePlus 2 löst mit 13 Megapixeln auf. Fotos werden mit einer Auflösung von 4160 x 3120 Bildpunkten aufgenommen. Der Sensor erweist sich als recht lichtempfindlich, denn in dunklen Räumen gelingen Fotos mit guter Bildschärfe und wenig Bildrauschen. Gut gefällt dabei der optische Bildstabilisator, der für verwacklungsfreie Fotos sorgt. Die Farb- und Helligkeitsdarstellung geben die Bedingungen bei der Aufnahme sehr gut wieder. Die Kontraste sind gut, auch in dunklen Flächen sind noch Differenzierungen erkennbar.
Der Autofokus arbeitet mit etwa zwei Zehntelsekunden recht schnell. Vermisst haben wir aber eine Taste zum schnellen Start der Kamera-App aus dem Standby, denn man muss sie erst umständlich aus dem Entsperr-Bildschirm aufrufen. Die Kamera-App selbst ist nicht besonders gut bedienbar. Beim Umschalten vom Foto- auf den Videomodus beispielsweise lässt sich das Menü nur durch Streichen anzeigen, was gleichzeitig zu einer meist falschen Options-Auswahl führt. Das Menü verschwindet dann sofort wieder, ohne dass man die falsche Auswahl bemerkt. Beim Test hat mich das fast in den Wahnsinn getrieben.
4K-Videos zeichnet die Hauptkamera mit ähnlich guter Qualität wie Fotos auf. Der optische Bildstabilisator sorgt für ein ruhiges Bild auch bei Aufnahmen aus der Hand und Bewegung heraus. Die Kamera des OnePlus 2 kann man nur als gelungen bezeichnen, auch wenn sie nicht ganz an die Kameras eines Samsung Galaxy S6 oder Apple iPhone 6s Plus herankommt.
Die 5-Megapixel-Webcam des OnePlus 2 überzeugt ebenfalls mit guten Fotos. Selfies gelingen mit ordentlicher Bildschärfe und akzeptablem Bildrauschen selbst bei dunklen Aufnahmesituationen. Für das Web sind die Bilder allemal geeignet, genauso wie für die Videowiedergabe bei Videochats.
USB-C-Anschluss und übrige Ausstattung
Eher ungewöhnlich für ein Smartphone ist der USB-C-Anschluss. Der Stecker lässt sich also in beide Richtungen am Smartphone einstöpseln. Besitzer eines Apple iPhones kennen diese Bequemlichkeit mit dem Lightning-Anschluss schon seit vielen Jahren, OnePlus 2 Anwender können sich jetzt darüber freuen. Schneller übertragen werden Daten über das USB-C-Kabel aber nicht, auch dann nicht, wenn es an einer USB-3.0-Schnittstelle eines Windows PCs oder Notebooks angesteckt ist, denn das OnePlus 2 unterstützt nur den langsameren USB-2.0-Standard.
Die weitere Ausstattung ist für ein Smartphone, das im High-End-Bereich mitspielen möchte, eher übersichtlich. Zwar unterstützt das OnePlus 2 schnelles LTE mit 300 Mbit/s und verfügt außerdem über WLAN-ac sowie Bluetooth 4.1, aber auf NFC muss man verzichten. Als einziges Alleinstellungsmerkmal bei High-End-Androiden bleibt die Dual-SIM-Funktion.
Akkulaufzeit und Ladezeit
Bei unserem Testgerät war ein Steckernetzteil für United Kingdom dabei. Das liefert 2 A bei 5V Ausgangsspannung. Beigepackt war ein deutlich schwachbrüstigeres 1-A-Netzteil für deutsche Steckdosen. Wir haben daher unseren Ladezeit-Test über das Original-Netzteil mit UK-Stecker und einem Reise-Netzteil-Adapter durchgeführt. Die Kombi benötigt etwa 2:12 Stunden, um den 3200 mAh großen Akku vollständig aufzuladen.
Die Akkulaufzeit selbst liegt deutlich hinter den Erwartungen: Unser Testvideo spielte nur etwas mehr als acht Stunden in Dauerschleife. In einem täglichen Anwendungsmix aus Surfen, Mailen, Chatten, Multimedia-Nutzung und Telefonieren hält das OnePlus 2 etwas mehr als einen Tag durch.
Technische Daten OnePlus 2
Betriebssystem | OxygenOS 2.2 (basiert auf Android 5.1.1 Lollipop) |
Display | IPS-LCD, 5,5 Zoll (12,97 cm), 1920 x 1080, 401 ppi |
Prozessor | Qualcomm Snapdragon 810 (max. 1,8 GHz) |
Grafik | Adreno 430 |
Arbeitsspeicher/ Flash-Speicher / Speichererweiterung |
4 GB / 64 GB (54 GB frei) / – |
WLAN | IEEE 802.11 a/b/g/n/ac |
Datenfunk | LTE (300 Mbit/s) |
Nahbereichsfunk | Bluetooth 4.1 |
Frontkamera | 5 Megapixel (2592 x 1944) |
Hauptkamera | 13 Megapixel (4160 x 3120), 4K-Video |
Akku | Lithium-Polymer (3200 mAh) |
Besonderheiten | Dual-SIM, USB-C |
Abmessungen / Gewicht | 151,8 x 74,9 x 9,85 mm / 175 g |
Fazit
Eine 1+ bekommt das OnePlus 2 nicht, auch wenn die Qualität und Leistung der Kernkomponenten nahe an die der bekannten High-End-Smartphones herankommen. Das Display ist kontrastreich, die Anwendungsleistung des Smartphones passt und die beiden Kameras sind nahezu spitzenverdächtig. Aber eben alles nur nahezu. Kleinigkeiten trüben das Bild wie etwa die gewöhnungsbedürftige Haptik, der nicht immer zuverlässig arbeitende Fingerabdrucksensor, die Blickwinkel des Displays, die ausgeprägte Wärmeentwicklung des Prozessors und die nervige Kamera-App. Auch die Akkulaufzeit hätte ruhig etwas üppiger ausfallen dürfen. Wenig High-End-verdächtig ist auch die Ausstattung, denn NFC fehlt.
So spielt das OnePlus 2 nicht in der Königsklasse mit, sondern ist eher im Bereich der Mitteklasse-Smartphones angesiedelt. Setzt man den Preis in Relation, dann erhält man dafür ein tolles Smartphone, das sehr gut aussieht und verarbeitet ist und sich kaum Schwächen leistet.
Das OnePlus 2 ist im Shop von notebooksbilliger.de erhältlich.