Da beißt die Maus keinen Faden ab: Sich im 3D-Raum zu bewegen, ist mit den üblichen Eingabegeräten wie Tastatur und Maus kein intuitives Vergnügen. Seit einigen Jahren bietet die Firma 3DConnexion spezialisierte Eingabegeräte an, die sich für Spiel, Spaß und Arbeit eignen und die Produktivität ungeheuer erhöhen sollen. Wir haben das Einstiegsmodell SpaceNavigator und die Luxusversion SpacePilot Pro in die Hand genommen und getestet, ob die 3D-Navigation wirklich so flüssig von der Hand geht.
Vorweg ein bisschen Geschichte: Beim Space Navigator und dem SpacePilot Pro handelt es sich um 6DoF-Geräte. Das Akronym steht für Six Degrees of Freedom und bedeutet, dass man Bewegungen in sechs Achsen ausführen kann. Bei einer normalen Maus sind es lediglich zwei. Tatsächlich sind Space-Mäuse laut Wikipedia eine deutsche Erfindung und wurden bereits in den 70er Jahren am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt. Damals allerdings, um Roboter besser steuern zu können. Heute kommen diese Eingabegeräte vor allem im CAD- und 3D-Entwicklungsbereich zum Einsatz.
Die Firma 3Dconnexions ist der bekannteste Anbieter von 6DoF-Devices und wurde von Logitech im Jahr 2001 gegründet. Seit 2011 arbeitet 3Dconnexions selbständig. Dem SpaceNavigator sieht man sein für Computerstandards biblisches Alter nicht an: Er kam bereits 2007 auf den Markt. Ergibt es Sinn, ein so altes Device zu testen? Ja, denn es steht ziemlich allein auf weiter Flur, uns ist derzeit kein anderer Anbieter von 6DoF-Hardware bekannt. Dabei wäre jetzt, da ein Neustart der virtuellen Realität ansteht, ein guter Zeitpunkt für das 3D-Eingabegerät, sich wieder ins rechte Licht zu rücken.
Set-Up
Herzstück der 3Dconnexion-Eingabegeräte ist eine Art Kombination aus Drehrad und Knopf, die sich nicht nur drehen, sondern auch ziehen, drücken, schieben und in allen Richtungen kippen lässt. Das empfohlene Set-Up ist bei allen Space-Maus-Modellen gleich: Bei Rechtshändern befindet sich die Navigationseinheit links, in der Mitte die Tastatur und rechts befinden sich Maus und/oder Grafiktablett. Linkshänder kehren die Reihenfolge um. Wichtig dabei ist, dass die 3DConnexion-Lösung lediglich eine Ergänzung zu einer Maus darstellt, diese aber nicht ersetzen kann.
Eine Treiber-CD für Windows, Mac und Linux liegt den Space-Mäusen bei. Auf der Seite des Herstellers findet man eine Liste, welche Software unterstützt wird. Dieser ist nicht uneingeschränkt zu trauen und man sollte im Forum von 3DConnexion recherchieren, ob die „Wunsch-Software“ läuft oder nicht. Es kann auch sein, dass man einen älteren Treiber benötigt. Auf dem Mac ist zur Installation ein Neustart notwendig.
Im Treiber-Download ist ein kleines interaktives Tutorial dabei, das den Anwender mit der Navigation vertraut machen soll. Ein kleines Spiel rundet die Anleitung ab, bei dem man versuchen muss, ein Objekt in eine bestimmte Position zu navigieren. Hier wird auch gleich klar, dass die Bedienung der Space-Maus etwas Übung voraussetzt.
Hardware: SpaceNavigator
Auffällig ist das hohe Gewicht des SpaceNavigators: fast 470 g bringt er auf die Waage. Zusammen mit einem rutschfesten breiten Gummiring auf der Unterseite ruht das Device äußerst rutschfest selbst auf glatten Arbeitsflächen. In den USB-Port eingestöpselt, sorgen LEDs unter dem Navigations-Knubbel für eine kreisrunde blaue Beleuchtung. Schick sieht er ja aus, der SpaceNavigator, und die Verarbeitung wirkt zusammen mit dem massiven Metall-Fuß absolut hochwertig.
An Bedienelementen erhält man neben dem Knopf zwei Buttons links und rechts, denen man Funktionen zuweisen kann. In Word voreingestellt ist beispielsweise über den rechten Button die 100-Prozent-Ansicht, während man mit dem Knopf per Dreh in Dokumente hinein- und hinauszoomen kann. Überraschenderweise fällt der Druckpunkt und das Klickgeräusch bei beiden Buttons unterschiedlich aus: Der rechte ist etwas weicher, der linke Button schwergängiger und das Klickgeräusch wesentlich lauter.
Hardware: SpacePilot Pro
Der wuchtige SpacePilot Pro beansprucht einiges an Platz auf dem Schreibtisch, bietet aber auch eine gute Unterlage: Die Hand ruht bequem während des Arbeitens auf dem gummierten Kunststoff. Das knapp 900 g schwere Gerät besitzt wie der einfache SpaceNavigator sogar auf glatten Arbeitsflächen einen hervorragenden Grip, der verhindert, dass man den Pilot versehentlich verschiebt. Allerdings verzichtet 3DConnexions auf Metallteile, es kommt überall Kunststoff zum Einsatz. Das Design des Einstiegsgerätes SpaceNavigator gefällt uns somit sogar etwas besser. Die eigentliche 3D-Maus ist sehr ähnlich und besitzt ebenfalls eine ringförmige blaue LED-Beleuchtung, allerdings fügt 3DConnexion einen chrom-farbenen Ring auf der Oberfläche hinzu. Mehr als ein Design-Element ist der Chromring allerdings nicht.
Mit Tasten ist der SpacePilot Pro geradezu übersät, neben dem Navigationsknopf sind es ganze 29 Buttons. Lediglich eine Taste ist als Wippe ausgeführt und dient standardmäßig dazu, die Empfindlichkeit des Navigators einzustellen. Der Druckpunkt aller Tasten ist gut und präzise. Die meisten sind bequem erreichbar, die Ergonomie insgesamt hervorragend.
Ein kleines farbiges LC-Display in der abgeschrägten Fläche hinten ist sehr gut ablesbar und ermöglicht es, beispielsweise durch ein Menü zu navigieren, über das man Outlook und andere Applikationen starten kann. Zumindest in der Theorie, denn der SpacePilot behauptete, Outlook auf unserem Windows-7-System nicht zu finden. Weiterhin dient der Bildschirm dazu, Einstellungen für die Space-Maus nicht nur am Rechner, sondern direkt am SpacePilot vornehmen zu können. Letztlich halten wir das Display aber für eine Spielerei, die den Bedienkomfort nur unwesentlich erhöht.
Einrichtung und erste 3D-Erfahrungen
Über ein Kontrollfeld für PC oder Mac kann man das Verhalten der Geräte individuell konfigurieren, sei es für einen Browser oder ein 3D-Programm. Das schließt die Tasten mit ein. Sehr schön: Neben der Gesamtgeschwindigkeit der Space-Maus lässt sich auch jede der sechs Achsen in der Empfindlichkeit individuell einstellen. Praktisch ist auch die Möglichkeit, das Verhalten der Achsen umzukehren. Für einige Programme liefert der Hersteller Presets mit, wobei die Unterstützung für Software auf dem Mac sehr übersichtlich ausfällt. Manche Programme liefern die Unterstützung von Haus aus mit. Aber nicht alles, was unterstützt zu werden scheint, funktioniert auch, was der Test zeigt.
Blender
Den ersten Test machten wir unter Windows 7 sowie OS X Yosemite mit der Open-Source-3D-Software Blender. Die stellt auch zugleich eine Ausnahme dar, da die Software das Kontrollfeld des Herstellers komplett ignoriert. Die Ansteuerung und Anpassung nimmt man direkt in Blender vor. Die Navigation klappt zwar auf Anhieb, aber nicht unbedingt so, wie man das aus dem Tutorial kennt. Es sind Anpassungen notwendig. Trivial ist das ganze Thema nicht, aber das ist Blender ja auch nicht. Die Webseite spacemice.org liefert hier eine willkommene Übersicht, was funktioniert und wo man die passenden Einstellungen in Blender findet. Nach dem Fein-Tuning klappt die Navigation schon wesentlich besser und SpaceNavigator sowie -Pilot können ihre Stärken ausspielen.
Second Life
Der nächste Test folgte mit Second Life. Lang nicht mehr gesehen, alter Avatar. Für die Navigation in der virtuellen 3D-Welt sollte der SpaceNavigator eigentlich ideal sein. Wäre er wahrscheinlich, wenn er funktionieren würde. Ein Treiber-Problem verhindert das und nach Auskunft des Herstellers wird sich das auch nicht mehr ändern.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die 3D-Maus mit Second Life zusammenzubringen. Beispielsweise kann man einen älteren Treiber installieren. Die andere Möglichkeit ist wesentlich komplizierter. Auf dem Blog von Nalates findet man eine genaue Anleitung, wie es klappen sollte. Für die paar verbliebenen SL-Profis ist das sicherlich spannend.
DAZ Studio
Die kostenlose Software DAZ Studio für das Posen und Animieren von 3D-Figuren unterstützt lediglich in der Windows-Version den SpaceNavigator. Auf dem Mac funktioniert hingegen gar nichts, zumindest, sobald die Software im Vordergrund läuft. Das ist etwas irritierend, denn sobald das Studio-Fenster sich im Hintergrund befindet, sich aber der Mauszeiger auf dem Fenster befindet, kann man mit dem SpacNavigator per Dreh ein- und auszoomen. Unter Windows funktioniert DAZ Studio in der aktuellen Version auf Anhieb und ohne Murren, lediglich die Empfindlichkeit ist mir wesentlich zu hoch. Anpassungen sind hier unumgänglich.
Google Earth
Oft gelobt wird der Einsatz der Space-Mäuse in Google Earth, und das, seitdem der SpaceNavigator auf dem Markt ist. Dafür benötigt es einen Klick in den Einstellungen von Google Earth, um das Gerät mit allen Funktionen nutzen zu können. Das Lob ist berechtigt, SpaceNavigator und Google Earth sind ein tolles Team und die Navigation gelingt einfach und flüssig. Es ist schlichtweg ein Vergnügen und ein völlig anderes Erlebnis als mit der Maus. Zugleich ist Google Earth wahrscheinlich die beste Möglichkeit, sich mit der Bedienung des Gerätes vertraut zu machen.
Allerdings gilt das uneingeschränkt nur für Windows. Denn mit dem jüngsten Treiber für den Mac funktioniert in Google Earth mit dem Space Navigator gar nichts mehr. Das Problem ist auch dem Hersteller seit Monaten bekannt, der an einer Lösung arbeitet und derweil im Forum empfiehlt, einen älteren Treiber zu installieren. Der funktioniert dann allerdings nicht mit Google SketchUp 2015 zusammen.
Fazit
Die Navigatoren von 3DConnexion sind faszinierende Geräte, Hardware und Ergonomie können in beiden Fällen voll überzeugen. Für die Einarbeitung sollte man Zeit mitbringen, bis die Navigation flutscht. Wenn sie überhaupt funktioniert. Denn bei den Treibern hapert es. Das betrifft Windows und noch mehr OS X. Man muss genau schauen, was man macht und in welchem Programm, bevor man sich für eine Lösung von 3DConnexion entscheidet. Wer beispielsweise viel mit Blender arbeitet, kann die Investition wohl getrost ins Auge fassen. Google-Earth-Junkies unter Windows kommen ebenfalls auf ihre Kosten, Mac-Anwender müssen auf ein Treiber-Update warten oder einen älteren installieren. Anwendern anderer Software ist es zu empfehlen, im Forum des Herstellers zu stöbern, wie es denn mit der Unterstützung der Wunschsoftware aussieht. Manches, was früher mal funktionierte, wie Second Life, tut es nur noch über Umwege.
Neben den beiden getesteten Modellen bietet 3Dconnexion weitere SpaceNavigatoren an, die zwischen dem Einstiegs- und dem Luxusmodell liegen. Die Preisspanne reicht von knapp 100 bis fast 500 Euro. Empfehlen kann ich das „kleine“ Modell, sofern man mit 3D-Software nicht nur spielt, sondern auch (viel) arbeitet. Dann kann der SpaceNavigator eine sinnvolle Ergänzung sein und sich schnell bezahlt machen. Wenn man den Dreh raus hat und die Treiber mitspielen. Für Windows-Anwender mit viel Geld kommt neben dem SpacePilot Pro auch die Spacemouse Pro in Frage. Sie verzichtet auf das Display und liegt optional als kabellose Lösung vor.
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