Urlaubsreif: E-Book-Flatrates für Android und iOS im Vergleich

Buch-Flatrates im Vergleich
Urlaubszeit bedeutet für viele Lesezeit: Endlich hat man Muße, viele Bücher zu lesen. Aber anstatt den Koffer mit schwerem Lesestoff zu belasten, bieten sich E-Book-Reader, Tablets und Phablets als leichte und handliche Lesegeräte an. Grenzenlosen Lesespaß versprechen E-Book-Flatrates: Man bezahlt einen monatlichen Preis und kann so viel lesen, wie man möchte. So die Theorie. Aber was ist dran an den E-Book-Flatrates? Welche eignet sich tatsächlich für den Urlaub und verspricht am meisten Genuss?

Den fortschrittlichen Stand der Musik-Flatrates haben E-Book-Flatrates noch lange nicht erreicht. Zu groß sind die Lücken im Angebot, da manche Verlage nur bestimmte Anbieter bestücken. Wenn überhaupt. Zumindest Genre-Leser kommen auf ihre Kosten, denn Liebesromane, Perry Rhodan und Erotik-Schmonzetten bieten sie alle im Überfluss. Anspruchsvollere Leser haben es schwerer, passende Literatur zu finden.

Unterschiede ergeben sich auch in der Handhabung: Manche Dienste erlauben es, Bücher offline zu lesen, andere nur begrenzt und andere setzen eine ständige Internetverbindung voraus. Die gute Nachricht: Für alle gibt es eine App für Android und iOS, sodass E-Books auf fast allen Geräten gelesen werden können. Getestet habe ich die Anbieter Skoobe, Amazon Unlimited, 24symbols und Readfy und sie auf ihre Urlaubstauglichkeit überprüft.

Readfy

Readfy
Readfy nimmt eine Sonderstellung unter den E-Book-Flatrates ein, denn das Angebot ist gratis und finanziert sich über eingeblendete Werbung. Feine Sache, könnte man denken, wären da nicht gleich mehrere Leselustkiller. Werbung wird permanent am oberen Displayrand eingeblendet, was zumindest mich beim Lesen irritiert. Richtig schlimm sind allerdings die Video-Werbeunterbrechungen, die man mindestens für fünf Sekunden ertragen muss. Ein weiterer Nachteil des Werbekonzepts: Readfy benötigt eine ständige Internetverbindung beim Lesen. Besonders im Urlaub kann das zum Problem werden. Da nutzt auch das manchmal überraschend gute Programm mit einigen engagierten Kleinverlagen nichts.

24symbols

24symbols
Der spanische E-Book-Flatrate-Anbieter 24symbols ist erst seit Mai 2015 auf dem deutschen Markt vertreten und könnte ihn gut aufmischen: Mit 8,99 Euro im Monat ist er 1 Euro günstiger als Amazon oder Skoobe, Mobilcom-Debitel-Kunden zahlen sogar nur 5,99 Euro. Eine 30-Tage-Probe-Mitgliedschaft gibt einem die Möglichkeit, den Dienst in Ruhe – eben beispielsweise im Urlaub – auszuprobieren. Neben Android und iOS hält der Anbieter auch Apps für das Kindle Fire sowie BlackBerry bereit. Zudem lassen sich Bücher im Webbrowser lesen. Die Zahlung gelingt über Kreditkarte oder PayPal.

Bücher lassen sich für das Offline-Lesen speichern und hier liegt die große Stärke von 24symbols: Dauer und Anzahl der geladenen E-Books sind unbegrenzt. Das erlaubt sonst kein anderer Anbieter.

24symbols wirbt mit einem gigantischen Katalog, allerdings werden auch alle fremdsprachigen Bücher mitgezählt. Die großen Publikumsverlage sucht man auf 24symbols vergeblich. Dafür mischen etliche engagierte kleinere Verlage mit, wie beispielsweise die Edition Nautilus, der Wallstein Verlag und °LUFTSCHACHT. Aber auch Traditionsverlage wie Reclam sind vertreten, der immerhin über 350 Titel einbringt. Die meisten davon sind allerdings rechtefreie Klassikerausgaben. Mit Sachbüchern sind beispielsweise der DPunkt-Verlag, Heise und Franzis dabei. Wer mit dem 3D-Schwergewicht Blender umgehen will, findet immerhin Hilfe mit zwei Verlagstiteln. Besonders urlaubsfreundlich sind naturgemäß Reiseführer. Hier sind die Verlage Michael Müller und Marco Polo vertreten. Wer mehr über Kultur erfahren möchte, kann auf die oft hervorragenden Bücher des Picus-Verlags zurückgreifen. Insgesamt ist das Angebot sicherlich ausbaufähig, dürfte aber für jeden Geschmack etwas bereithalten.

Neben der Stichwortsuche kann man wie bei den anderen Anbietern in Kategorien stöbern, die allerdings ziemlich grob gehalten sind und etliche Titel enthalten, die dort nicht hingehören. Lediglich in der Webansicht steht einem eine Übersicht über die Verlage zur Verfügung. Ihre Sortierung – abseits der alphabetischen Auflistung – lässt zu wünschen übrig. In der App kann man wenigstens noch über einen Reiter die Suche auf Autoren beschränken, um passende Titel zu finden.

24symbols benötigt an vielen Stellen noch Feinschliff. Die App stürzt zumindest unter iOS gerne ab, das Öffnen eines Buches dauert zu lange, die Inhaltsangaben sind oft nicht vorhanden und das Titelbild im Buch wird gerne mal verzerrt dargestellt

Skoobe

Skoobe
Skoobe (= „Ebooks“ rückwärts gelesen) ist das deutsche Urgestein der E-Book-Flatrates. Die monatliche Gebühr beginnt bei 9,99 Euro, allerdings lassen sich Bücher dann nur 24 Stunden lang offline lesen. Wer also nicht täglich online gehen will oder kann, ist mit diesem Einstiegsangebot schlecht beraten und muss auf den höheren Tarif von 14,99 Euro ausweichen, der die Frist auf 30 Tage ansteigen lässt. Außerdem erhöht sich dann das Ausleihkontingent von drei Titeln auf fünf Titel, die man gleichzeitig offline vorrätig halten darf. Im Tarif für knapp 20 Euro sind es 15 Titel.

Eine offizielle kostenlose Testphase gibt es nicht mehr, dafür setzt Skoobe auf ein Schneeballsystem und erlaubt es, „Freunde“ über einen Code einzuladen. Diese erhalten dann 30 Tage Gratis-Zugang, der Einladende sieben Tage zusätzlich. Wer mag, kann meinen Code benutzen: MGM33DMUZ. Voraussetzung ist eine Registrierung, bei der Zahldaten hinterlegt werden müssen. Möglich ist die Bezahlung per Kreditkarte oder Lastschrift.

Bei Skoobe fehlen viele Kleinverlage, dafür punktet die Flatrate mit großen Namen: Publikums-Verlage wie Fischer, KIWI, Dumont, Heyne und Rowohlt sind mit an Bord, allerdings nicht mit dem kompletten Programm. Trotzdem findet man jede Menge Lesestoff, beispielsweise Bücher von Thomas Mann, Henry Miller und Ernest Hemingway, aber auch Bestseller wie die beiden Bücher von Jonas Jonasson: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ und „Die Analphabetin, die rechnen konnte“. Im Technik-Bereich darf man sich die Mac-Lektüre aus dem amac-Buch-Verlag zu Gemüte führen. Vorhanden sind zudem Franzis-Titel wie „Das Android-Praxisbuch“. Im Reisebereich schneidet Skoobe hingegen trotz großer Überschneidungen besser ab, vor allem Reiseberichte sind gut vertreten.

Bei der Suche sollte auch Skoobe nachlegen. So fehlt beispielsweise eine Auflistung der Verlage mit ihrem jeweiligen Programm. Die Treffer der normalen Suche sind unzuverlässig und unterschlagen schon mal den einen oder anderen Titel. Positiv ist hingegen die Möglichkeit, einen Autor auszuwählen und sich alle seine Titel anzeigen zu lassen. Die Suche kann insgesamt nicht überzeugen.

Kindle Unlimited

Kindle Unlimited
Mit Kindle Unlimited startete Amazon eine eigene E-Book-Flatrate, die auf dem deutschen Markt trotz der Erfolge von Amazon im E-Book-Bereich einen schweren Stand hat: Viele Verlage misstrauen der Marktmacht Amazons und wenden sich offensichtlich lieber Alternativen zu. Mit 9,99 Euro im Monat berechnet Amazon so viel wie Skoobe, bietet aber immerhin ohne Verrenkungen eine 30-tägige Testphase. Wie bei den anderen Anbietern ist man nicht auf Kindle-Geräte beschränkt, sondern kann auch auf iOS- und Android-Geräten mit der passenden Kindle-App schmöckern. Im Gegensatz zu den anderen Anbietern geht das Suchen und Laden nicht direkt in der App, sondern nur im Browser über die Amazon-Webseite.

Eine Einschränkung: Amazon lässt nur das Ausleihen von bis zu zehn E-Books zeitgleich zu. Will man ein weiteres Buch ausleihen, muss man erst das alte zurückgeben. Wie bei Skoobe stehen die ausgeliehenen Bücher offline zur Verfügung.

Das Angebot an Titeln auf Amazon ist gewaltig, was vor allem an der riesigen Anzahl von Self-Publishern liegt. Vor allem Genre-Leser werden überdurchschnittlich gut bedient. Es fehlen allerdings die kleinen Verlags-Perlen wie bei 24symbols oder die schwergewichtigeren Titel größerer Publikumsverlage wie bei Skoobe. Das wird bei Reiseführern deutlich. Michael Müller fehlt, aber man darf sich immerhin wie bei 24symbols und Skoobe mit „Marco Polo“ auf den Urlaub vorbereiten. Zumindest teilweise, denn beispielsweise den aktuellen „Marco Polo Reiseführer London“ erhält man in der Flatrate nur bei den anderen beiden Konkurrenten. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Angebot bei Amazon entwickelt.

Die Suche nach Lesefutter gestaltet sich bei Amazon in etwa so mühsam wie bei den Konkurrenten, wobei die zahlreichen Rezensionen ein Pluspunkt sind: So kann man sich schneller orientieren, ob das Buch ins eigene Beuteschema fällt.

Buecher2

Fazit

Für den Urlaub ist der Frischling im E-Book-Flatrate-Bereich 24symbols deutlich am besten aufgestellt: Bücher lassen sich ohne Beschränkung vom Anbieter offline speichern. Hier zeigt sich Skoobe zu restriktiv und verlangt mehr Geld, wenn man Bücher ohne Online-Zugang mehr als 24 Stunden lang benutzen will. In der 10-Euro-Flatrate sind maximal drei Downloads erlaubt. Amazon gestattet immerhin zehn gleichzeitige Ausleihen. Bei Readfy ist der Internetzugang auch während des Lesens Pflicht, außerdem nervt die Werbung schnell.

Genre-Leser werden bei Amazon gut bedient. Skoobe kann hingegen mit einem guten und hochwertigen Verlagsprogramm punkten und stellt auch Leser anspruchsvollerer Literatur zufrieden. 24symbols mausert sich mit seinem exquisiten Independent-Verlagsprogramm zum Geheimtipp.

Lesetipps

Zum Abschluss noch einige Büchertipps. Tschick dürfte den meisten bekannt sein, Skoobe führt aber auch alle anderen Bücher von Wolfgang Herrndorf im Programm. Zum Beispiel seinen unvollendeten Roman Bilder deiner großen Liebe. Wie das mit dem Schriftstellerleben so geht, beschreibt Ernest Hemingway anschaulich in Paris, ein Fest fürs Leben. Wer in seinem Urlaub viel Zeit hat, darf sich am Meisterwerk Hundert Jahre Einsamkeit von Gabriel García Márquez (erneut?) versuchen.

Auf 24symbols findet man drei jüngst auf deutsch erschienene Bücher des argentinischen Schriftstellers César Aira, dem Meister der 100-Seiten-Novelle. Besonderes lesenswert: Wie ich Nonne wurde. Das Vergnügen geht weiter mit Frank Witzels Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969. Von Selim Özdogan habe ich einige Bücher gelesen. Der Drogen-Internetroman DZ. steht noch auf meiner Merkliste. Den Roman und weitere Geschichten des Autors von Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist findet man auch bei Skoobe.

Ebenfalls auf beiden Plattformen vertreten sind jede Menge Bücher von T. C. Boyle. Mit einem kleinen Unterschied: Skoobe hat deutschsprachige Ausgaben, 24symbols eine große Auswahl im Original.

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