Die Prämisse von Apple Arcade klingt fast zu gut – Flatrate Gaming ohne In-Game-Monetarisierung oder nervige Werbung. Dieser „No-Bullshit“-Ansatz zusammen mit dem Support für den Xbox Controller verdient einen genauen Blick.
Für diesen Test habe ich mir die Spiele Oceanhorn 2, Jenny LeClue, Creaks, Grindstone und Beyond a Steel Sky und ein paar weitere angesehen. Das sind teils sehr aufwendig produzierte Games, die Apple-Nutzer – neben anderen Titeln – für 4,99€ im Monat so viel zocken können, wie sie wollen. Mit dem Apple iPad Pro mit 12,9“-120Hz-ProMotion-Display, A12X-SoC und einen XBox-Controller gewappnet, startete mein Test.
Oceanhorn 2 – eine gute Zelda-Kopie
Da es sich bei Oceanhorn 2 um ein Prequel zum ersten Teil handelt, müssen Gamer nicht befürchten, der Handlung nicht folgen zu können. Wie bei der Vorlage von Big N ist die Story von Oceanhorn 2 aber auch nicht der wichtigste Aspekt. Wichtiger sind einzigartige Charaktere, eine Welt, die Spieler auch erkunden wollen und ein spaßiges Gameplay.
Oceanhorn 2 kommt leider in keinem Punkt an seine offensichtliche Vorlage ran. Um hier aber auch fair zu sein, kommt praktisch kein Spiel an die Rätsel und das Gegner-Design von The Legend of Zelda ran. Trotzdem unterhalten die Dungeons von Oceanhorn 2 und auch die Items wie Bomben, Greifhaken und Pistole machen Spaß und haben ein gutes Handling – nur der Taucherhelm steuert sich grausig.
Ein Controller steigert das Spielvergnügen noch mal deutlich, da die Touch-Steuerung zwar funktioniert, aber zwei echte Joysticks besseres Feedback liefern als zwei digitale. Im Fall von Oceanhorn 2 hat es 14 Stunden gedauert, bis ich den Abspann gesehen habe. Danach könnte ich noch ein paar Nebenaufgaben und Sammelaufgaben angehen.
Zu keiner Zeit war das Spiel dabei zu schwierig, eher etwas zu einfach. Was nach einem langen Arbeitstag aber auch verhindert, dass Frust aufkommt. Oceanhorn 2 ist absolut empfehlenswert, wenn Spieler mal diesen Zelda-Nerv spüren, aber keine 300€ für eine Nintendo Switch ausgeben möchten.
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Jenny LeClue – Oldschool Point-and-Click
Das Projekt Jenny LeClue bringt Spieler zurück in die einfachere Zeit von Monkey Island – mit ein paar Anpassungen an modernen Komfort. Im Spiel übernehmen Gamer die Rolle von Jenny LeClue und lösen diverse kleine und große Mysterien.
Als größere Hintergrundgeschichte scheint sich in einem kleinen verträumten Städtchen eine Verschwörung auf dem Level von Rosswell/Area 51 zu ereignen. Versteckte unterirdische Anlagen, Männer in dunklen Anzügen, geheime Experimente – alles da.
Auch wenn Jenny als Charakter ausbaufähig ist und ihre Freunde größtenteils blass bleiben, unterhält die Geschichte gut und die Entwicklung von Jenny LeClue zum Meisterdetektiv ist gelungen. Allerdings endet das Spiel mitten in der Geschichte mit einem Cliffhanger und bisher haben sich die Entwickler nicht geäußert, wann es weiter geht.
Ich wünschte, ich hätte vorher von dem abrupten Ende gewusst. Selbst wenn in 6, 12 oder 18 Monaten eine Fortsetzung erscheint, habe ich bis dahin das meiste aus „Episode 1“ vergessen. Trotzdem hat es bis zum Ende viel Spaß gemacht, die kleine Puzzle-Teile zu finden und zu einer handfesten Theorie zu verbinden.
Grindstone – die Zukunft von Apple Arcade
Eigentlich war Grindstone gar nicht auf meiner Liste von Apple Arcade Spielen, die ich testen wollte. Diese Art von Puzzle-Games haben mich persönlich noch nie begeistert, weil ihnen für gewöhnlich eine gute Geschichte fehlt. Allerdings scheint Apple genau diese Art von Spiel mehr pushen zu wollen.
Apple ist zunehmend an Titeln interessiert, die die Nutzer in ihren Bann ziehen, sodass Abonnenten auch nach ihrem kostenlosen Probe-Monat den Dienst weiter nutzen“, heißt es in dem Bericht. […] Bei den Gesprächen mit Entwicklern im April führte der Vertreter von Apple Arcade ein konkretes Beispiel für den Typ an Spiel, das das Unternehmen will: Grindstone, ein packendes Puzzle-Action-Spiel von Capybara Games mit vielen Levels.
Bloomberg Report, Juni 2020
In Grindstone steuern Spieler Jorj, ein abenteuerlustiger Vater, der definitiv bessere Tage gesehen hat. Mit ihm muss der Grindstone Mountain bestiegen werden und Level für Level bestritten werden. In jeder Runde verfolgen Gamer einen Pfad zwischen einer Gruppe roter, gelber, blauer, grüner oder lila Monster in der Hoffnung, die größtmögliche Kette zu bilden. Die Kette sollte bestenfalls an einem sicheren Ort enden und im Idealfall die Ausgangslage für eine noch bessere Kette sein.
Grindstone hat gute Animationen, ein Spielprinzip das leicht zu lernen ist und Spieler dafür belohnt, rechtzeitig auszusteigen, bevor die neuen Monster zu übel werden. Grindstone versteht es auf seine eigene Art zu unterhalten und dank der Grundidee von Apple Arcade gibt es auch keine Lootboxen für besseres Equipment gegen Echtgeld. Das muss sich in Form von Blaupausen erarbeiten.
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Beyond a Steel Sky – modernes Adventure nicht für Unterwegs
Schon von der ersten Sekunde wird klar, dass das hier kein Spiel für die Bushaltestelle ist. Beyond a Steel Sky verlangt eure Zeit und wenn ihr nicht bereit seid, längere Abschnitte zu spielen, werdet ihr die Story nicht richtig erleben.
Bei einer früheren Anspiel-Sitzung bei Release hatte ich bereits beschrieben, dass es eigentlich nicht nötig ist, den ersten Teil aus den 90ern gespielt zu haben. Die Entwickler wollten aber auch die früheren Spieler abholen und so erzählt die Beyond a Steel Sky eine neue Geschichte, im alten, aber stark veränderten Setting, aber mit den alten Charakteren – ein Mittelweg der meistens funktioniert. Zum Ende hin aber immer wieder zu „Öhm… okay“-Momenten führt.
Während sich der Großteil der Geschichte sehr gut mit Controller spielen lässt, hatte ich während der Mini-Spiele immer wieder Probleme und habe am Ende einfach das iPad Pro in die Hand genommen. So lassen sich das „Hacking“-Mini-Game deutlich besser steuern.
Nach sechs bis acht Stunden laufen die Credits über den Bildschirm und was zurück bleibt, ist ein gutes Gefühl und auch Wochen später kann ich noch die wichtigsten Story-Elemente von Beyond a Steel Sky beschreiben. Das schaffen bei weitem nicht alle Spiele. Allerdings hätte es gerne noch mehr Spieltiefe sein können.
Creaks – depressiver Plattformer
Creaks schlägst mit seiner 2D-Welt in die Kerbe von Limbo und Inside. Es bedient dabei ein beliebtes Genre, welches in den letzten Jahren etwas an Vergessenheit geraten ist – der Indie-Plattformer mit Puzzle-Elementen. Mit einer detaillierten Welt und besonders einem grandiosen Sounddesign hebt es sich dabei besonders hervor.
Das Art-Design ist düster bedrückend und vermittelt dabei genau die Stimmung, die die Entwickler wohl im Sinn hatten. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel steigt mit jedem Abschnitt und hat mir den einen oder anderen Trial-and-Error-Moment beschert.
Nichtsdestotrotz hat mich Creaks voll in seinen Bann gezogen. Wer dieses Spiel voll und ganz erleben will, sollte sich sein bestes paar Kopfhörer schnappen und sich mit seinem Tablet auf der Couch gemütlich machen.
Fazit zur Apple Arcade
Mehr als 100 Spiele sind inzwischen in der Bibliothek von Apple Arcade vertreten. Dabei spielt es keine Rolle ob es große Adventure, kleine Indie-Perle oder auch eine seltsame Geschichte ist, bei man sich nicht sicher sein kann, ob es wirklich ein Spiel ist – all diese Sachen finden Gamer in Apple Arcade. Entsprechend wird es immer ein Spiel geben, dass neu für einen ist.
Was Spieler nicht finden werden, sind die große AAA-Blockbuster, die sie von Konsolen und PC kennen. Dafür wurde Apple Arcade nicht gemacht. Es ist als familienfreundlicher Flatrate-Spiele-Service entwickelt worden. Durch die Abwesenheit von Blut oder sexuellen Inhalten können Eltern auch beruhigt ihre Kinder durch die Bibliothek stöbern lassen. Wobei ich auch sagen muss, dass Apple Arcade keine Gewalt bietet.
Derzeit ist nicht bekannt, wann und in welchem Rhythmus neue Inhalte für Apple Arcade kommen. Genauso wenig ist bekannt, ob alle Titel die heute verfügbar sind, es auch noch in einem Jahr sein werden. Welche Spiele am Ende diesen Service bestimmen werden ist unklar. Was allerdings klar ist, dass Apple hier keine halben Sachen macht. Arcade funktioniert Geräteübergreifend. Entsprechend stehen die Inhalte nicht nur auf dem iPhone, iPad und AppleTV zur Verfügung, sondern auch auf dem Mac.
Der ganz große Wurf ist Apple Arcade derzeit (noch) nicht – Apple selbst redet kaum darüber. Lässt man den Kaufpreis des jeweiligen Apple Produktes außen vor, lockt Apple Arcade mit einem geringen monatlichen Preis und vielen gut gemachten Titeln. Es ist kein Ersatz für einen Gaming-PC oder eine Konsole, aber viele Gamer haben kaum noch Zeit für einen fünf Stunden Marathon vor der PlayStation. Wir sind froh, wenn wir abends eine halbe Stunde mit dem Tablet abschalten können und genau dafür ist Apple Arcade genau richtig.