Du fragst dich, ob Intel nach der langen Verzögerung und vielen Startschwierigkeiten im Treiber-Bereich endlich am Grafikkarten-Markt für Notebooks angekommen ist? Wir auch! Daher haben wir uns das Medion Erazer Major X10 mit der Intel Arc A730M geschnappt. Was kann das Gaming-Notebook im Vergleich mit dem ähnlich teuren ASUS TUF A15 mit RTX 3070?
Medion geht nicht nur im Bereich der Fertig-PCs andere Wege als die meisten Hersteller. So setzt die Marke im hochpreisigen Segment ausschließlich auf Retail-Komponenten und verzichtet auf beschnittene OEM-Ware, was in unseren Augen mehr als vorbildlich ist.
Eines der ersten Gaming-Notebooks mit Intel Arc
Auch im Notebook-Segment wagt man sich nach vorne und setzt als einer der ersten Hersteller auf Intel Arc als dedizierte Grafikkartenlösung. Zugpferd ist das Medion Erazer Major X10. Schaut man sich Preisvergleichsportale an, ist das X10 tatsächlich das erste Gaming-Notebook mit Intel-Arc-Grafikkarte.
Spannend dürfte für viele Nutzende aber nicht nur die generelle Performance von Intels zweitbester mobiler Grafiklösung sein, sondern vor allem die Leistung im Vergleich zur etablierten Konkurrenz von Nvidia. Zudem wollen wir uns anschauen, wie die Gesamtpakete hinsichtlich Preis-Leistungs-Verhältnis abschneiden.
Intel Arc Alchemist vs. Nvidia GeForce RTX
Als Vergleichsgerät kommt das ASUS TUF A15 mit GeForce RTX 3070 zum Zug, das wir uns in diesem Beitrag schon einmal genauer angeschaut haben.
Fangen wir aber mit dem Medion Erazer Major X10 an. Es setzt auf einen Intel Core i7-12700H, 32 GB DDR5 RAM und Intels zweitstärkste dedizierte Notebook-Grafikkarte, die Intel Arc A730M mit 12 GB VRAM. Das IPS-Display kommt im 16:10-Format daher und bietet eine WQHD+-Auflösung mit 165 Hz. Dazu gibt es Windows 11 und eine SSD mit 1 TB Speicher. Aktueller Kostenpunkt: 1700 Euro*. Schade: Bis vor kurzem (Januar 2023) war das Gerät noch für 1500 Euro zu haben.
Das ASUS TUF A15 setzt auf den AMD Ryzen 7 6800H, 16 GB DDR5 RAM und die GeForce RTX 3070. Dazu kommen ein IPS-Display im 16:9-Format mit FHD-Auflösung und 144 Hz sowie ebenfalls Win 11 und 1 TB SSD-Speicher. Das TUF A15 kostet aktuell 1699 Euro*.
Für einen noch besseren Vergleich habe ich die Specs beider Notebooks einmal tabellarisch gegenübergestellt.
Erazer Major X10 mit deutlich besserer Ausstattung
Hier werden schon die ersten starken Unterschiede bei der Ausstattung deutlich. So setzt das Major X10 mit dem Intel Core i7-12700H auf die stärkere CPU mit mehr Kernen, bietet den doppelten RAM und eine schnellere SSD mit PCIe 4.0. Bei den Anschlüssen kann es mit einem zusätzlichen USB-C-Port und einer praktischeren Verteilung punkten. Den größten Unterschied macht im Alltag aber das Display.
Die genauen Werte haben wir wie immer mit unserem SpyderX Elite gemessen, da sowohl Medion als auch ASUS kaum Angaben machen. Bei Medion ist das allerdings nicht nachvollziehbar, denn das Display ist schon ab Werk einwandfrei kalibriert. Dazu gehören eine gute Farbabdeckung (98% sRGB, 79% ARGB & P3, 74% NTSC) sowie ein guter Gamma-Wert von 2,3, ein punktgenaue Temperatur (6500K) und ein hoher Kontrast (1110:1). Ebenfalls auf einem Top-Niveau: Die sehr hohe Farbtreue mit einem durchschnittlichen Delta E von 0,44, was insbesondere für die Bild- und Videobearbeitung wichtig ist.
Ebenfalls für die Content-Creation wichtig, aber vor allem im Alltag entscheidend sind der praktischere Formfaktor von 16:10, die höhere WQHD-Auflösung und die maximale Helligkeit von bis zu 500 nits. Den einzigen Ausrutscher gibt es bei der Ausleuchtung, denn die weicht oben links ca. 15% vom Maximalwert ab. Da es mit 440 nits an der Stelle trotzdem noch sehr hell ist, fällt das aber kaum auf.
Wir haben uns zudem die Wartungsfreundlichkeit der beiden Gaming-Notebooks angeschaut. Das ASUS TUF A15 haben wir im Test damals leider nicht aufbekommen, wie sieht es also beim Major X10 aus? Tatsächlich legt Medion den Nutzenden hier keine Steine in den Weg. Die Unterseite lässt sich nach dem Lösen der Schrauben einfach abnehmen. Der RAM befindet sich unter einer abnehmbaren Verkleidung und ist einfach austausch- und erweiterbar. WiFi-Modul, Akku und SSD sind ebenfalls problemlos erreichbar, zudem gibt es einen freien M.2-Slot für eine weitere NVMe SSD. Top!
ASUS TUF Gaming A15 mit AMD Ryzen und FHD-Display
Und wie sieht es beim ASUS TUF A15 aus? Klammern wir die Grafikkarte vorerst aus, stehen auf der Haben-Seite nur der kompaktere Formfaktor und das leichtere Gewicht sowie der etwas größere Akku. Der AMD Ryzen 7 6800H ist ebenfalls ein schneller Prozessor, aber unter dem Strich laut Userbenchmark ca. 25% langsamer als das Intel-Derivat. Schaut man sich den synthetischen CineBench R23 an, dann kommt der Core i7-12700K auf 1784 Punkte im Single-Core- und 14.173 Punkte im Multi-Core-Benchmark. Beim Ryzen 7 6800H sind es 1493 (-16,3%) bzw. 12.969 (-8,5%) Punkte.
Beim Display müssen Gaming-Fans ebenfalls deutliche Abstriche machen. Mit Full HD im 16:9-Format wirkt es nicht nur deutlich kleiner, die Punktdichte beträgt auch nur 141 PPI, einzelne Pixel sind also besser erkennbar. Farben werden zudem nicht sehr akkurat dargestellt, da die Farbabdeckung bei sRGB lediglich 68% und bei Adobe RGB 51% beträgt. Gamma (2,4), Weißpunkt (6700K) und Kontrast (910:1) fallen ebenfalls schlechter als beim Major X10 aus. Die maximale Abweichung beträgt zwar etwas bessere 12%, dafür erreicht das Display aber auch nur 290 nits in der Mitte des Bildschirms. Immerhin: Das Delta E fällt mit 0,93 ebenfalls sehr gut aus und beim Vergleich der Bildwiederholraten von 144 und 165 Hz dürften nur wenige Nutzer*innen wirklich einen Unterschied feststellen.
Würden wir bei diesem Vergleich hier den Schlussstrich ziehen, dann wäre die Entscheidung klar: Das Medion Erazer Major X10 bietet eindeutig mehr für das gleiche Geld. Dank des besseren Displays ist es nicht nur vielseitiger, sondern auch für die Content Creation geeignet.
Photoshop geht an Intel Arc, Resolve an Geforce RTX
Wir gehen aber noch einen Schritt weiter, der für die Gamer*innen entscheidend sein dürfte: Die Performance. Kleine Klarstellung vorab. Ja, die Gaming-Notebooks unterscheiden sich neben der Grafikkarte auch hinsichtlich RAM und CPU, die ebenfalls einen Einfluss auf die Gesamtleistung haben. Ergebnisse von Gaming-Benchmarks und auch die Leistung in Programmen sind daher mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, geben aber trotzdem eine Tendenz, wohin die Reise geht.
Wir wollen uns zudem auf die grafiklastigen Benchmarks konzentrieren, haben der Vollständigkeit halber aber ebenfalls Exporte in Davinci Resolve sowie Lightroom Classic und einen Benchmark in Photoshop laufen lassen. Hier kommt es vor allem auf eine starke CPU mit vielen Kernen für das Rendering von Bildmaterial an. Parallel dazu beschleunigt die Grafikkarte vor allem beim Video-Export die Berechnung von aufwendigen Effekten und Co.
Trotz Prozessor mit höherer Multi-Core-Performance kann sich das Erazer X10 beim Export eines Videos in Resolve mit einigen Effekten nicht gegen das ASUS TUF Gaming A15 behaupten. Am Ende stehen in 4K-UHD 68 vs. 50 Sekunden auf der Uhr und in Full HD 29 vs. 22 Sekunden.
Wir haben ebenfalls 400 Fotos in Lightroom Classic bearbeitet und exportiert. Hier kommt es allerdings noch stärker auf die CPU an. Resultat: Das Major X10 benötigte 3:43 Minuten für den Export, das TUF A15 ist nach 6:50 Minuten fertig. Hier dürfte die bessere CPU allerdings die Hauptrolle spielen, trotzdem ist der Unterschied enorm. Im Photoshop Benchmark ist das Major X10 ebenfalls in allen Kategorien der deutliche Sieger. Overall stehen 1121 im Vergleich zu 869 Punkten auf dem Tacho. Dazu kommt die deutlich schnellere PCIe 4.0 SSD. Die anderen Werte kannst du dem Diagramm entnehmen.
Für die Content Creation spricht also vor allem das bessere Display und insbesondere bei der professionellen Fotobearbeitung punktet das Medion Erazer Major X10 mit der schnelleren CPU. Bei effektlastigen Videoproduktionen ist man mit der RTX 3070 hingegen schneller unterwegs.
Beim Gaming hat die Intel Arc A730M keine Chance
Und wie steht es um das Thema Gaming? Immerhin handelt es sich bei beiden Geräten um Gaming-Notebooks, da ist Content Creation für viele eher ein nettes Extra, aber nicht der primäre Kaufgrund.
Wir haben daher mit beiden Notebooks diverse Gaming-Benchmarks durchgeführt. Die RTX 3070 wurde mit der aktuellen Treiber-Version 528.49 getestet, bei der Arc A730M kam die Treiber-Version 31.0.101.4091 zum Einsatz. Um die Spannung gleich mal zu dämpfen: Der Tenor ist in allen Spielen der Gleiche, das ASUS TUF Gaming A15 ist vor allem in Full HD je nach Einstellung oft mindestens 50% schneller als das Medion Erazer Major X10 unterwegs. In WQHD ist es dann meistens noch 30-40%. Wie führen unsere Benchmarks allerdings standardmäßig mit aktiviertem Raytracing in Shadow of the Tomb Raider und aktiviertem Raytracing sowie DLSS in Cyberpunk 2077 durch. Klarer Nachteil für Intel Arc.
In Assassin’s Creed Valhalla kommt keines der beiden Features zum Einsatz, was die Vergleichbarkeit maximiert. Mit 50 zu 83 in FHD bzw. 39 zu 67 FPS (WQHD) ist das Major X10 jedoch deutlich langsamer als das TUF A15 unterwegs. Das Gleiche gilt für CS:GO, wobei du die Ergebnisse dem Diagramm entnehmen kannst. Es dauert zudem ziemlich lange, bis eine Karte bei Counter-Strike geladen wird. Den Benchmark von Anno 1800 hat das Gaming-Notebook von Medion leider verweigert.
Raytracing, DLSS und XeSS machen Vergleiche umständlich
Die Vergleichbarkeit unter den Benchmarks zu gewährleisten ist schwierig, da viele Spiele mittlerweile Nvidias DLSS zur Verbesserung der Framerate unterstützen, Intels vergleichbares XeSS wird allerdings kaum in einem Grafik-Menü geführt. Lediglich in Shadow of the Tomb Raider ist das Feature schon integriert. Parallel dazu ist Raytracing ein Feature, das Nvidia entwickelt hat. Ich veranschauliche die Ergebnisse der Einstellungen daher mal am Beispiel von Shadow of the Tomb Raider.
Mit Raytracing-Schatten und ohne DLSS errecht das Major X10 moderate 50 FPS in Full HD und 34 FPS in WQHD. Deaktiviert man die Raytracing-Schatten im höchsten Grafik-Preset, sind es schon 74 bzw. 52 FPS. Kommt dann noch XeSS mit dem Modus „Leistung“ zum Einsatz, steigen die durchschnittlichen Framerates auf akzeptable 92 (FHD) und 71 FPS (WQHD). Spielt man das Spiel analog mit dem TUF A15 und DLSS durch, zeigt die RTX 3070 der Arc A730M jedoch die Rücklichter.
So erreicht das TUF Gaming A15 im Standard-Benchmark mit maximalen Details, Raytracing-Schatten und ohne DLSS satte 89 FPS in Full HD und 62 FPS in WQHD. Ohne Raytracing sind es sogar 121 bzw. 90 FPS. Schiebt man den Regler von DLSS analog zu XeSS auf „Leistung“, sind es 133 in Full HD und 128 FPS in WQHD. Die WQHD-Benchmarks mussten beim Gaming-Notebook von ASUS allerdings an einem externen Display durchgeführt werden.
Bei Cyberpunk 2077 steht es um die Arc A730M mit unserem Standard-Preset „Raytracing Mittel“ und AMD FidelityFX Super Resolution 2.1 auf „Qualität“ nicht sehr gut. In Full HD werden 31 FPS erreicht, in WQHD sind es sogar nur knapp 22 FPS. Wechselt man auf das Preset „Ultra“ ohne Raytracing und nutzt den FFSR-Modus „Performance“, sind immerhin 54 FPS bei 1080p und 41 FPS in 1440p drin. Das ist zwar spielbar, ich persönliche würde es beim Grafik-Preset aber eher auf „Mittel“ belassen. Stellt man dazu noch FFSR auf „Ultra-Performance“, sind dann immerhin 62 FPS im Durchschnitt in Full HD drin.
Die GeForce RTX 3070 lässt hingegen ihre Muskeln spielen und die Arc A730M ähnlich wie in Tomb Raider deutlich hinter sich. RT Mittel und DLSS auf Qualität resultiert in 61 FPS FHD / 39 WQHD. Zum Vergleich, in den gleichen Modi wie beim Intel-Derivat (Preset „Ultra“ ohne Raytracing, DLSS „Performance“) landet das TUF Gaming A15 bei knapp 110 FPS in 1080p bzw. 86 FPS in 1440p. Im Preset „Mittel“ mit maximaler DLSS-Beschleunigung kommt es auf 114 FPS, also 52 mehr FPS als das Medion Erazer Major X10.
Für Content Creation ist Intel Arc trotzdem eine Option
Die Ergebnisse lassen sich relativ einfach zusammenfassen: Wenn es dir nur um die reine Gaming-Leistung geht, dann solltest du zu einem Gaming-Notebook mit GeForce-RTX-Grafikkarte greifen. Das ASUS TUF Gaming A15 ist allerdings auch ein Vorzeigekandidat, denn die RTX 3070 kann mit der maximalen TDP von 140 Watt arbeiten. Je nach Formfaktor und Kühlsystem variiert die TDP in Gaming-Notebooks mit RTX 3070 nämlich zwischen 80 und 140 Watt, Notebooks mit 80 Watt sind deutlich langsamer. Insgesamt liegt die Performance der Intel Arc A730M jedoch eher auf dem Niveau einer RTX 3050 (Ti).
Wenn Gaming nicht dein Hauptfokus ist und du in Spielen mit Abstrichen bei den Details leben kannst, bietet das Medion Erazer Major X10 in allen anderen Bereichen jedoch viel mehr. Das deutlich bessere Display, eine sinnvollere Verteilung der Anschlüsse, schnellere SSD, mehr RAM, Wartungsfreundlichkeit und die leistungsfähigere CPU machen es für die Content Creation zum attraktiveren Notebook. Nur bei der Videoproduktion in Verbindung mit der Nutzung vieler Effekte sorgt die RTX 3070 dann doch für etwas mehr Leistungsschub.
Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass Intel über Treiber-Updates noch signifikant Land gut machen kann. Zumal mit RTX 4000 schon die nächste Nvidia-Generation für Notebooks vor der Tür steht. Arc Battlemage dürfte hingegen erst 2024 erscheinen. Bis dahin scheint Intel Gaming-Notebooks mit dedizierter Arc-Grafikkarte über andere Ausstattungsmerkmale attraktiv für potentielle Käufer*innen machen zu wollen.
Je nach Anwendungszweck ist das Erazer Major X10 also durchaus einen Blick wert.
Übrigens: Im Alltag sind mir bis auf ein paar anfängliche kleine Anzeigebugs im Treiberprogramm keine Probleme aufgefallen. Das Erazer Major X10 wird unter Last genauso wie das TUF A15 hörbar, es tritt jedoch kein nerviger Pfeiftonauf. Die Temperaturen bewegen sich mit maximal 78°C bei der CPU und 73°C bei der Grafikkarte unter Last ebenfalls auf einem guten Level. Schade: McAfee ist auf beiden Notebooks vorinstalliert.
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*Stand: 14.02.2023