Schämt euch, ihr habt auf den schlechten Wortwitz und die fragwürdige Überschrift geklickt. Nun aber zum ganz seriösen Test von Intels neuester Prozessorplattform – die ganz nebenbei die wohl größte Revolution seit Beginn der Core-Architektur vor knapp zehn Jahren darstellt.
2017 war ein besonderes Jahr für AMD – und Intel. Denn vor über vier Jahren präsentierte die 2012 annähernd bankrotte Firma AMD eine neue Prozessorarchitektur. „Zen 1“ war geboren und sollte es dem Branchenprimus Intel über die nächsten Jahre so schwer machen, dass Team Blue mittlerweile fast einen Underdog-Status genießt. Und das, obwohl Intel – im Vergleich zum engsten Verfolger – noch immer eine fast sieben Mal so große Firma ist. Im Server- wie im Desktop-Bereich purzeln aber seit AMDs Zen-Vorstellung die Marktanteile des blauen Großkonzerns.
Das ist jedoch nicht nur auf AMDs Genialität zurückzuführen, sondern hat auch viel mit Intel selbst zu tun. Seit 2015 warten Desktop-Fans nämlich auf den langangekündigten Fertigungssprung zu 10nm. Damit schließt man bei der Transistorengröße wieder zur Konkurrenz auf, da Intels 10nm-Prozess in etwa dem 7nm-Prozess von TSMC bzw. AMD entspricht. Es herrscht nun also endlich wieder relative Technikparität zwischen den Herstellern.
„TSM-Wer?“ werdet ihr euch nun sicherlich fragen. Im Gegensatz zu Intel, fertigt AMD seine Chips nicht selbst. Stattdessen wird der Fertigungsprozess eines taiwanischen Großunternehmens lizensiert und die Prozessorstruktur drumherum aufgebaut – genauso wie übrigens bei Apple, Qualcomm und weiteren.
Intel Alder Lake: Alles neu, alles anders
Ihr seht also: Intels komplette Eigenproduktionen sind mittlerweile die Ausnahme. Mit der 12. Intel Core-Generation „Alder Lake“ bekommen wir nun aber nicht nur eine 10nm-Eigenproduktion, sondern gleich etwas serviert, das den Aufbau von klassischen Desktop-CPUs komplett überdenkt: So kommen erstmals kleine und große Prozessorkerne zum Einsatz.
Das Prinzip kennen wir bereits seit längerem aus ARM-Prozessoren, die etwa in Smartphones zum Einsatz kommen. Sogenannte Effizienzkerne (E-Cores) können einfachere Aufgaben übernehmen und auch bei Multi-Core-Tasks einen zusätzlichen Boost liefern. Performance-Kerne sind hingegen für anspruchsvolle Tasks wie Gaming oder Verschlüsselung zuständig.
Intel Thread Director: Kubrick oder Boll?
Um eine derart neuartige Architektur im Desktop-PC unterzubringen, braucht es den Thread Director. Dieser verteilt Aufgaben „intelligent“ zwischen den Kernen und „kommuniziert“ mit dem OS. Derzeit soll er vor allem in Windows 11 hervorragend funktionieren, unter Windows 10 soll man laut Intel mit minimalen Performance-Einbußen leben müssen. Dennoch scheint man auch in Windows 10 leistungsmäßig vor der Konkurrenz zu liegen.
Im Alltag merkt ihr vom Thread Director übrigens gar nichts. Die CPU funktioniert eben einfach und verteilt Aufgaben im Hintergrund. Einige Kopierschutzmechanismen scheinen aber noch Probleme mit dem neuartigen Konzept zu haben. So „denkt“ etwa der vieleingesetzte DRM Denuvo, dass es sich bei den E-Cores um ein zweites System handele und startet das Game teilweise nicht.
Intel und Microsoft konnten aber eine Abwärtskompatibilität herstellen, sodass alle Spiele mittlerweile laufen sollten. Man arbeitet zudem mit DRM-Herstellern zusammen, um die maximale Performance von Alder Lake in allen Games zu realisieren und den Thread Director perfekt einzusetzen.
DDR5-Arbeitsspeicher und PCIe 5.0: Intel ist endlich wieder Pionier
Neben der neuen Architektur erhaltet ihr mit Alder Lake-S auch einige brandneue Features, wie etwa die Unterstützung von DDR5-Speicher oder sogar die Kompatibilität mit PCIe 5.0. Die neue Schnittstelle wird über 16 PCIe-Lanes direkt via der CPU ermöglicht. Auf dem kommenden Chipsatz LGA 1700 stehen dann auch noch bis zu zwölf PCIe 4.0-Lanes parat und maximal 16 weitere PCIe 3.0-Anbindungen.
Damit ist das Anschließen von vielen M.2-SSDs oder Grafikkarten problemlos möglich. Auch mit DDR4-Arbeitsspeicher lässt sich Alder Lake übrigens ein und bietet damit nur unwesentlich weniger Leistung. Allerdings müsst ihr euch beim Mainboard-Kauf entscheiden, ob ihr auf DDR4 oder DDR5 setzen möchtet, da die Anschlüsse der beiden Speichervarianten leicht verschieden sind.
Was die Kerne angeht, herrscht nun ebenfalls wieder Parität mit AMD – denn im Flaggschiff Intel Core i9-12900K stecken 16. Trotzdem bekommt ihr eine eher unorthodoxe Threadzahl von 24 geboten. Das liegt an den E-Cores, die nur jeweils einen Thread bearbeiten könne. Die P-Cores sind hingegen Multi-Threading-fähig.
Ein vergrößerter L2-Cache sorgt pro P-Core für schnellen Zwischenspeicher. Den E-Cores stehen je Kern-Cluster hingegen 2 MB zur Verfügung. Alle Kerne teilen sich einen großen L3-Cache. Ein Trend, den AMD mit dem sogenannten Game-Cache vorgemacht hat und der nun via Intel Smart Cache auch zu Team Blau kommt. Damit sollen niedrige Latenzen vorherrschen, die für kürzere Ladezeiten in Spielen sorgen und smoothere Frametimes ermöglichen.
Falls ihr noch keine Grafikkarte ergattern konntet, haben die Modelle mit K-Endung eine Intel UHD Graphics integriert. Sie basiert auf der Xe-Architektur und soll der des Vorgängers Rocket Lake annähernd gleichen. Auch ohne dedizierte GPU dürfte also wieder einfaches Gaming möglich sein.
INTEL Alder Lake-S | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Prozessorkerne (P+E) |
Threads | Intel Smart Cache (L3) | Max. Boost-Takt P-Core/E-Core) | iGPU | PCIe-Lanes (CPU) | Arbeitsspeicher (maximale Geschwindigkeit) | Maximaler Arbeitsspeicher | Energie-Package (Basis/Turbo) | Preis* | |
i9-12900K | 16 (8P+8E) | 24 | 30MB | Bis zu 5,2 GHz (P) | Bis zu 3,9 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 241W | 649,90€ |
i9-12900KF | 16 (8P+8E) | 20 | 30MB | Bis zu 5,2 GHz (P) | Bis zu 3,9 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 241W | 629,00€ |
i7-12700K | 12 (8P+4E) | 20 | 25MB | Bis zu 5,0 GHz (P) | Bis zu 3,8 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 190W | 433,00€ |
i7-12700KF | 12 (8P+4E) | 20 | 25MB | Bis zu 5,0 GHz (P) | Bis zu 3,8 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 190W | 413,95€ |
i5-12600K | 10 (6P+4E) | 16 | 20MB | Bis zu 4,9 GHz (P) | Bis zu 3,6 GHz (E) | Intel UHD Graphics 770 | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 150W | 309,00€ |
i5-12600KF | 10 (6P+4E) | 16 | 20MB | Bis zu 4,9 GHz (P) | Bis zu 3,6 GHz (E) | – | 20 | DDR5-4800 DDR4-3200 |
128GB | 125W | 150W | 282,95€ |
Für unseren Test haben wir uns zuerst die Speerspitze der 12. Intel Core-Generation geschnappt und in mehreren Games sowie Anwendungen auf Performance, Verbrauch und Temperaturen getestet. Die Ergebnisse waren durchaus überraschend. Aber der Reihe nach.
Ob wir es bei Alder Lake also mit Intels Zen-1-Moment zu tun haben oder ob der Core-i9 im Vergleich zur AMD-Konkurrenz trotz Neustart alt aussieht, haben wir in folgendem Testsystem überprüft:
Unser Testsystem
- CPU: Intel Core i9-12900K
- Mainboard: Gigabyte Z690 Aorus Master
- RAM: Kingston Hyper X Fury 32 GB (2x 16GB) DDR5
- GPU: ASUS TUF GeForce RTX 3080 Ti
- Netzteil: be quiet! Straight Power 11 1000W
- M.2 SSD: WD Black SN850
- Gehäuse: Fractal Design Torrent Black RGB TG Light Tint
- CPU-Kühler: be quiet! Dark Rock Pro 4
Da wir nur ein DDR5-Mainboard zur Verfügung hatten, konnten wir leider noch keine eigenen Benchmarks zum Vergleich von DDR4 und DDR5 vornehmen. In den Weiten des Internets findet man vergleichende Benchmarks aber bereits, die einen Leistungsunterschied vor allem in Dekomprimierungsanwendungen versprechen. Ansonsten nehmen sich DDR4 und DDR5 in vielen Spielen und Anwendungen (noch) nichts. Dies kann sich aber in Zukunft ändern.
Intel-Prozessoren der 12.Generation bei uns im Shop
Benchmarks: Viel Leistung und 2,62W im Idle treffen auf 272W in Cinebench
Zwischen sparsam in Games und stromschluckend in Extremsituationen. Dieser scheinbare Widerspruch begleitet Intels neue Architektur. Aber viel wichtiger dürfte vielen die Leistung sein. Und in vielen Anwendungsszenarien kann sich Team Blau mit der 12. Core-Generation wieder die Performance-Krone aufsetzen. In Spielen wird AMDs Ryzen 5950X meist geschlagen und in vielen Anwendungen zumindest ein Patt erreicht. Dazu kostet der 12900K weniger und duelliert sich preislich eher mit dem günstigeren 5900X von AMD, der fast immer deklassiert wird.
Die Parität mit AMDs Topmodell wird in (Benchmark)-Anwendungen aber mit einer exorbitanten Leistungsaufnahme von über 241 Watt erkauft. Da viele Mainboard-Hersteller das neue Power Limit 2 bereits im Auslieferungszustand deaktivieren, wird der Core i9 in der Spitze sogar teilweise noch mehr verbrauchen. Das ist schade, denn eigentlich kann Alder Lake verdammt effizient arbeiten. Das sieht man vor allem in Games, in denen der Energieverbrauch im Durchschnitt zwischen 60 und 90 Watt liegt.
Das Grafikbrett (und gelegentliche Bugfest) Cyberpunk 2077 liegt so im Durchschnitt bei einem sehr moderaten Gaming-Verbrauch von 80W.
In Multi-Core-lastigen Titeln wie etwa Anno 1800 zeigt sich zudem, dass alle Kerne gemeinsam ausgefahren werden. Auch die vermeintlich schwächeren E-Cores laufen hier am Limit.
Benchmarks | Intel Core i9-12900K |
AMD Ryzen 9 5900X | AMD Ryzen 9 5950X | |
Cinebench R20 |
CPU Multi CPU Single |
10375 cb 722 cb |
8208 cb 629 cb |
10403 cb 633 cb |
Cinebench R15 | OpenGL
CPU Multi CPU Single |
292,25 fps
3975 cb 274 cb |
236,47 fps
3550 cb 276 cb |
10403 cb
|
Resolve |
2160p (4K) Video-Export 1080p Video-Export |
0:34 Minuten 0:15 Minuten |
0:37 Minuten 0:18 Minuten |
0:37 Minuten 0:18 Minuten |
Shadow of the Tomb Raider | 1080P
1440p
|
|
|
|
Far Cry 5 | 1080P Ultra
|
|
|
|
CS:GO Github samisalreadytaken / csgo-benchmark |
|
|
|
|
Nun stellt sich die Frage, wie lange Anwenderinnen und Anwender eine CPU wirklich am Limit betreiben. Denn im Durchschnitt – und der ist eben meist relevant – ist der Verbrauch der Alder-Lake-Architektur eben sehr gut – und meist niedriger, als der von Ryzen 5000.
Dazu bekommt ihr auf Wunsch eine Gaming-Leistung, die ihresgleichen sucht und eine Vielzahl an zukunftssicheren Features geboten. PCIe 5.0 kann man derzeit zwar noch nicht nutzen, aber durch die hohe Bandbreite der Schnittstelle lassen sich mehr PCIe 4.0-SSDs (und GPUs) betreiben – definitiv eine nette Sache.
Auch DDR5-Arbeitsspeicher dürfte in Zukunft relevant werden. Einziges Problem von Alder-Lakes-Plattform LGA1700 ist der derzeit hohe Anschaffungspreis. Dieser macht ein System mit den verhältnismäßig günstigen CPUs teilweise wieder teurer als die Konkurrenz – gerade, wenn ihr auf DDR5-Arbeitsspeicher setzen möchtet.
Intel Alder Lake-S mit vornehmen Temperaturen und großem Overclocking-Potenzial
In einer Sache hat Intel im Vergleich zu AMD eindeutig die Nase vorn: Mit Alder Lake werden euch wieder unzählige Übertaktungsmöglichkeiten geboten. Zwar sind die CPUs mit einem maximalen Package-Verbrauch von 241W schon nicht gerade sparsam (zum Vergleich: AMD Ryzen 5000 liegt bei höchstens 142W), doch mit guter Kühlung ist noch mehr drin: So schafften es Übertaktungsprofis, bis zu 330W auf Alder Lake loszulassen. Damit wurden auf allen Performance-Kernen 5,2 GHz erreicht. Solche Extremszenarien sind aber eher etwas für Hardcore-Fans.
Deutlich spannender ist (zumindest für uns) die Temperaturentwicklung von Alder Lake. Denn mit einem be quiet Dark Rock Pro 4 konnten wir in unserem Fractal Torrent auf wirklich starke Werte kommen.
Im Idle lag die CPU-Temperatur kaum über der Raumtemperatur von 22 Grad. Gaming ist ebenso wenig ein Problem. Auch nach über einer Stunde Cyberpunk 2077 in 4k, Ultra Preset samt Raytracing, gab es keinerlei Temperaturprobleme.
Nur durch ein Deaktivieren des Power Limits im BIOS unseres Gigabyte Aorus Master (das leider bereits standardmäßig ausgeschaltet war) konnten wir den be quiet-Kühler an seine Grenzen bringen. 271 Watt sind auch schlichtweg eine enorme Abwärme – die durch den Heatspreader des Core i9 aber gut abgeführt werden können. Erreicht wurden diese Volllast in Prime 95 gemeinsam mit Furmark. Dann kommt die Alder-Lake-CPU kurzzeitig auf 90 Grad. Für eine CPU, die problemlos über längere Zeit 100 Grad erreichen darf, dennoch ein guter Wert.
In Spielen erzielt die Gehäuse- & Kühler-Kombi aber ein herausragendes Ergebnis. Lediglich 50°C (P-Cores) bzw. 40°C (E-Cores) stehen zu Buche. Das sind Werte, die eine Wasserkühlung neidisch machen. Im Allgemeinen solltet ihr für den Core i9 oder vergleichbar starke Prozessoren immer auf einen guten Airflow und einen sehr guten Kühler achten – dann passen auch die Temperaturen.
Fazit: Intels Zen-Moment.
Intel läutet mit dem ersten echten Intel-7-Chip definitiv eine neue Zeitrechnung ein. Die Leistungskrone in Anwendungen setzt sich Team Blau allerdings per Brechstange auf. Verständlich, denn so kann man die neuen Prozessoren als Leistungskönige bewerben. Der Vorsprung ist allerdings nicht gigantisch. Lediglich in der Single-Core-Performance der P-Cores macht Intel einen riesigen Schritt nach vorne. Die E-Cores sind für Games zweitrangig, sorgen aber in Anwendungen für einen ordentlichen Leistungsschub. Viele Games setzen eben immer noch auf maximal 16 Threads – und das bekommen auch die P-Cores hin.
Gerade die Effizienz des Core i9-12900K sorgt aber für eine faustdicke Überraschung. Denn sie ist besonders in Gaming-Anwendungen höher, als die der Konkurrenz. Damit spart ihr – wenn ihr die CPU nicht gerade dauerhaft rendern lasst – Strom im Vergleich zu Ryzen 5000.
Wer heutzutage die maximale Zukunftssicherheit JETZT braucht, der greift zu Alder Lake, bzw. dem Sockel LGA1700. Preis-Leistungs-Fans würde ich allerdings eine kurze Wartezeit auf die günstigeren Mainboards vom Typ B660, H670 und H610 empfehlen. Diese Chipsätze dürften uns im ersten Quartal 2022 erwarten – und damit den Gesamtanschaffungspreis von Intels neuer Plattform deutlich senken.
Intel-Prozessoren der 12.Generation bei uns im Shop
Quelle für DDR4- vs. DDR5-Vergleich: Gamer’s Nexus