Langsame Hardware, kleine Displays und Features, die man bei den meisten aktuellen Smartphones so gar nicht mehr findet. „Senioren-Smartphones“ oder auch „Smartphones für ältere Menschen“ haben nicht den besten Ruf, sprechen allerdings mit ca. 24 Mio Menschen über 60 Jahre allein in Deutschland eine potentiell sehr große Zielgruppe an. Wir haben uns angeschaut, was die Geräte wirklich können und worauf du beim Kauf achten solltest.
Warum gibt es spezielle Smartphones für ältere Nutzer?
Viele jüngere Nutzende verstehen sicherlich kaum, warum es überhaupt spezielle Smartphones für Senioren oder ältere Menschen geben sollte. Wer den eigenen Eltern (wie ich) schon mal bei technischen Problemen helfen musste, dürfte das hingegen anders sehen. Den Großeltern ein nagelneues Galaxy S23 oder iPhone in die Hand zu drücken und zu denken „Ihr macht das schon!“, dürfte daher ebenfalls nicht immer die beste Idee sein. Lange Trouble-Shooting-Telefonate über diverse Grundlagen sind dann nämlich oft vorprogrammiert.
Im Gegensatz zu den meisten Lesern dieses Beitrags sind ältere Leute weder mit dem Internet noch mit Smartphones aufgewachsen. Und so wie ich vermutlich ein Auto aus den 60ern oder die Technik aus der Zukunft in 50 Jahren nicht ohne vorherige Einarbeitung fahren könnte, kommen vor allem ältere und nicht so Technik-affine Leute mit aktuellen Geräten wie Smartphones, Notebooks sowie häufig auch PCs nicht mehr mit. Tatsächlich ist das kein unbekanntes Phänomen, denn mit dem zunehmenden Zeitmangel im Alter und Arbeitsalltag steigt man einfach nach und nach aus und läuft nicht mehr jubelnd jedem neuen technischen Trend hinterher, selbst wenn er Vorteile mit sich bringt.
Dazu kommen noch eingeschränkte körperliche sowie auch finanzielle Möglichkeiten. Dafür ist – auch wenn die eigenen Großeltern das sicherlich verneinen würden – Zeit vorhanden. Und obwohl Smartphones für die meisten trotzdem eine hohe Einstiegsbarriere innehaben und viele Features nie genutzt werden dürften, sind letztendlich die Kommunikationsmöglichkeiten mit WhatsApp und Co. der ausschlaggebende Faktor, der Smartphones selbst für ältere Leute interessant macht. Ein Foto von der Urenkelin, ein kurzes Video aus dem Urlaub oder einfach nur die Möglichkeit, bei einem Notfall schnell jemanden erreichen zu können, dürften dabei den Hauptnutzen für die meisten Senioren darstellen.
Welche Anbieter von Senioren-Smartphones gibt es auf dem Markt
Um Senioren die Nutzung von aktueller Technik zu ermöglichen, haben es sich kleine Hersteller wie Doro, Ordissimo oder Emporia zur Aufgabe gemacht, Smartphones, Laptops und Co. besonders einstiegsfreundlich zu gestalten. Die Ansätze sind dabei ähnlich, es gibt aber Unterschiede bei den Produkten.
So zielt der schwedische Hersteller Doro bspw. ganz genau auf Senioren und will ihnen den Zugriff auf aktuelle Technik ermöglichen. Sie sollen unabhängiger, aber auch aktiver und sicherer im Alltag sein sowie Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln pflegen können. Doro bietet ausschließlich Smartphones an, die sich im Preisbereich von ca. 200 bis 300 Euro* bewegen. Hervorzuheben ist vor allem die Kooperation mit der Experten-Community HELFERLINE, die neuen Nutzern bei der Einrichtung oder generellen technischen Fragen in Form eines Telefonats oder Videogesprächs helfen kann. Via Gutschein sind die ersten 30 Minuten kostenlos. Für kurze Fragen keine schlechte Sache, für eine umfassende Einrichtung dürfte es allerdings nicht ausreichen.
Ein ähnliches Konzept verfolgt der österreichische Hersteller Emporia, der vor über 30 Jahren gegründet wurde. Emporia setzt die Priorität ebenfalls auf eine einfache Bedienung und will damit gezielt Senioren ansprechen. Neben der Entwicklung und Produktion von Smartphones, Tablets, Tastenhandys und dazugehörigen Apps bietet man sogar Trainings- und Schulungsprogramme für Senioren an. Des Weiteren findet man auf der Homepage auch Festnetztelefone, umfangreiche YouTube-Tutorials und passendes Zubehör wie Kopfhörer, Typecover oder Schutzhüllen für die Geräte.
Der französische Hersteller Ordissimo vermeidet hingegen ganz bewusst das Wort „Senioren“ in Verbindung mit technischen Geräten, denn viele ältere Nutzer wollen kein dediziertes „Senioren-Smartphone“ haben. Das wirkt nämlich so, als könnten sie mit einem normalen Smartphone nicht umgehen. Das dürfte bei einem Großteil zwar auch der Fall sein, der Mensch tat sich aber schon immer schwer damit, (mit dem höheren Alter einhergehende) Schwächen zuzugeben. Aus diesem Grund konzentriert sich Ordissimo auf Adjektive wie „einfach“, „bequem“ oder „benutzerfreundlich“. Man schließt also auch Nutzer jüngerer Altersklassen mit ein, die technisch nicht so versiert sind. Der Hersteller hat neben Smartphones auch Tablets, Notebooks und einen All-in-One-PC im Portfolio.
Worin unterscheiden sich Senioren-Smartphones von normalen Smartphones?
Soviel zur Theorie der Hersteller, aber worin unterscheiden sich die einfachen Senioren-Smartphones denn nun von aktuellen, normalen Smartphones? Kleiner Spoiler: Die Unterschiede sind teilweise sehr groß. Das fängt schon beim Blick in die technischen Daten an. Den meisten Kennern wie uns dürfte hier sicherlich erstmal die Kinnlade herunterfallen. 120 Hz, AMOLED-Display, 256 GB Speicher, 8 GB RAM, 5000-mAh-Akku oder Quad-Cam? Weit gefehlt. Selbst bei den teuersten Geräten wie dem Ordissimo LeNumero2 für 349 Euro* gibt es Hardware teilweise auf dem Stand von vor mehreren Jahren. Bei Emporia bewegt man sich im Preisbereich von knapp 200 bis 400 Euro*.
Im Einstiegsbereich fallen zum Beispiel Begriffe wie Qualcomm Snapdragon 215, Micro-USB, 2000 mAh, 2 GB RAM oder Hauptkamera mit 8 MP, ab der Mittelklasse um 220 bis 250 Euro* werden mitunter aber zumindest Triple-Cam, Android 11, Nano-SIM, ein FHD+-Display sowie USB-C oder ein Fingerabdruckscanner geboten. Designtechnisch bewegen sich viele Geräte irgendwo im Bereich des Galaxy S7 oder auch neuer, haben aber teilweise noch physische Tasten und große Display-Rahmen. Viele bieten auch einen Klinkenanschluss sowie erweiterbaren Speicher.
Bei der Software setzen die Hersteller auf Android als Basis und legen selbst entwickelte Oberflächen über das OS. Die Unterschiede zu einem Vanilla-Android sind teilweise immens und fangen schon bei der Einrichtung an, da einige Smartphones viel mehr von den jeweiligen Nutzer wissen wollen. Das ist allerding auch sinnvoll. Wo liegen bspw. körperliche Einschränkungen beim Seh-, Hör- oder Tastsinn? Viele Features werden im Betriebssystem zudem viel genauer und umfangreicher erklärt. Das ist nützlich, damit die Nutzenden besser verstehen können, was das Smartphone überhaupt kann und wie die einzelnen Prozesse funktionieren. Eine ausführliche Bedienungsanleitung ist ebenfalls Standard.
Sind „normale“ Smartphones trotzdem eine gute Idee?
Warum sollte man der eigenen Großmutter aber nun ein Smartphone mit etwas überholter Hardware andrehen? Ganz einfach, weil für sie die Hardware nicht an erster Stelle steht. Ihr geht es lediglich darum, dass es funktioniert, sie es versteht und sie Kontakt zu ihren Liebsten halten kann. Ob das Display nun 720p oder 1080p hat, spielt für die Emotionen beim Betrachten eines Fotos von den Enkeln kaum eine Rolle. Das Gleiche gilt auch für die Anzahl der Megapixel, wenn man das Motiv trotzdem gut erkennen kann. Und solange es funktioniert, dürfte auch unwichtig sein, welche Android-Version auf dem Gerät läuft.
Grundsätzlich haben einfache und benutzerfreundliche Smartphones mit „starker und aktueller Hardware“ nämlich nur bis zu einem gewissen Punkt etwas zu tun. Klar, das Smartphone sollte genügend Leistung für eine flüssige Bedienung bieten, schnell reagieren und auch zukunftssicher sein, damit ist es in den meisten Fällen für ältere Nutzer schon getan. Natürlich gilt das aber nicht für alle.
Tatsächlich ist bei uns in der Redaktion angesichts der verbauten Hardware eine Diskussion darüber entbrannt, wie nützlich diese Telefone wirklich sind. Der Mehrwert liegt aber nicht nur bei der Software. Denn obwohl die Hardware nicht beeindrucken kann, trumpfen die meisten Anbieter ebenfalls beim Service auf. Notfall-Button mit eigener App, Schulungen oder Rundum-Service bieten die meisten großen Hersteller wie Samsung, Xiaomi und Co. nämlich für spezielle Kundengruppen nicht an – und genau hier dürfte auch der zweite große Vorteil für viele ältere Nutzer liegen.
Normale Smartphones setzen zwar für den jeweiligen Preisbereich auf deutlich bessere und aktuelle Hardware, können jedoch weder mit der angepassten und benutzerfreundlichen Oberfläche noch einem Rundum-Service, Hilfsnetzwerk oder einer dedizierten Hotline für Rückfragen aufwarten.
Senioren-Smartphones in der Praxis
Reicht die Hardware denn im Alltag wirklich aus und bietet die Software tatsächlich einen Mehrwert? Das wollte ich in einem Praxis-Test herausfinden und habe zwei Hersteller gebeten, mir jeweils ein Sample zuzuschicken. Erfreulicherweise hat mir Doro das 8200 und Ordissimo das LeNumero2 zugeschickt, anhand derer ich mich mit den verschiedenen Oberflächen vertraut machen konnte.
Doro 8200
Fangen wir mit dem Doro 8200 an. Das Smartphone kommt in einer für aktuelle Standards relativ großen Verpackung daher, was angesichts des Lieferumfangs nicht verwunderlich ist. Ladestation, Netzteil, Typ-C-Kabel und eine ausführliche, bebilderte Kurzanleitung in fünf Sprachen.
Das Smartphone hat im Vergleich zum Vorgänger optisch einen Schritt nach vorne gemacht, das Kinn fällt zwar noch groß aus, dafür gitb es eine Tropfen-Notch und ein großes Display. Auf der Rückseite sitzt eine „Triple-Cam“ mit LED-Blitz und der Notfalltaste darunter. Auf der Unterseite gibt es einen USB-C-Port und oben den Klinkenanschluss. Insgesamt macht das Smartphone einen guten Eindruck.
Kommen wir zur Software. Nach der Einstellung der Sprache kann ich direkt auswählen, ob ich bereits ein Smartphone benutzt habe, Anfänger bin oder das Gerät für eine andere Person einrichte. Ich spiele das Szenario mal als Anfänger durch und werde direkt an die Grundlagen der Smartphone-Nutzung herangeführt. Wie verwende ich einen Touch-Screen? Welche Eingabemöglichkeiten habe ich? Außerdem kann ich die Darstellungsgröße von Text und Elementen an meine Sehstärke anpassen, diverse Farbschwächen angeben, einen Dark-Mode aktivieren, angeben, ob ich ein Hörgerät verwende oder unterschiedlich gut auf beiden Ohren höre und meine Reaktionszeit bei Eingaben festlegen.
Es besteht bei der Einrichtung zudem die Möglichkeit, zwischen zwei unterschiedlichen Anzeige-Modi auszuwählen. Beim „Doro-Modus“ werden statt der normalen Android-Icons Symbole für Tätigkeiten wie „Anzeigen“, „Anrufen“ oder „Senden“ dargestellt. Die Wahl hier ist endgültig und nicht so versierten älteren Nutzern würde ich auf jeden Fall den Doro-Modus empfehlen.
Als Nächstes folgt das Einlegen der SIM-Karte und die Verbindung mit dem WLAN in normaler Manier, genauso wie das Kopieren von Apps und Daten sowie das Verknüpfen eines Google-Kontos mitsamt der dazugehörigen Einstellungen. Noch die Sperr-PIN festlegen, den Google Assistant de-/aktivieren und – falls gewünscht – eine Karte für Google Pay hinterlegen. Im Anschluss gibt es eine Einweisung in die Notruftaste und die optionale Einrichtung von Response by Doro. Ein Service, der die Notruftaste bspw. mit der Sendung einer Mitteilung an bestimmte Personen verknüpft.
Im Anschluss bietet Doro ein Lernprogramm an, mit Hilfe dessen sich Nutzer mit den Grundfunktionen, dem Startbildschirm, Einstellungen usw. vertraut machen können. Wie versende ich eine Nachricht, wie nutze ich die Schnelleinstellungen, wo finde ich alle Apps usw. Besonders gut gefällt mir, dass die Einstellungen mit kleinen Screenshot-Tutorials erklärt und die Gesten direkt abgefragt werden. So sollten sich auch ältere und technisch nicht so versierte Nutzende schnell einlernen können.
Auf dem Startbildschirm angekommen, lassen sich diverse Funktionen wie eine Doro-Schnellzugriffsanzeige aktivieren und es wird erklärt, wo was auf dem Startbildschirm zu finden ist. Über die Hilfe lassen sich die Tutorials jederzeit abrufen. Auf den ersten Blick bewegt sich die Oberfläche relativ nah an dem normalen Android, im Doro-Modus wie beschrieben allerdings auf einzelne Symbole für Email, SMS, Fotos, Anrufe und Co. verrzichtet. Stattdessen setzt der schwedische Hersteller auf die vier Aktionswörter „Anrufen“, „Anzeigen“, „Senden“ und „Hinzufügen“ und betitelt alle Symbole zur besseren Verständlichkeit.
Dabei wird der Nutzende schrittweise durch alle Aktionen geführt. Tippt man bspw. auf Senden und dann auf Foto, gelangt man direkt zur Bildergalerie und wählt das Foto aus. Danach öffnet sich das Freigabe-Menü und man kann die App auswählen, mit der man das Foto versenden möchte. Diese öffnet sich im nächsten Schritt und das Foto wird hinterlegt. Nur noch etwas Text hinzufügen und versenden. Das Ganze klappt damit quasi kinderleicht und ohne Hürden. Die Oberfläche bietet in meinen Augen also einen echten Mehrwert.
Unterm Strich ist die restliche Ausstattung des Smartphones in Ordnung. Apps werden relativ flüssig geöffnet, die Kamera macht mit 16 MP bei Licht brauchbare Fotos, ein Ultraweitwinkel gibt es allerdings nicht. Der interne Speicher ist mit 64 GB ausreichend und lässt sich via MicroSD-Karte erweitern. Die 720p-Auflösung des LCD-Displays ist für den Alltag passabel, Sonne sollte man angesichts der maximalen Helligkeit allerdings meiden. Für meinen Geschmack könnte der Akku zudem größer sein und eine Komplettladung benötigt etwas Geduld, also am besten über Nacht laden. Das dürfte für die meisten älteren Leute aber so oder so kein Problem sein.
Ordissimo LeNumero2
Ordissimo hat genau zwei Smartphones im Programm und mir für diesen Beitrag das bessere „LeNumero2“ zur Verfügung gestellt. Das Smartphone macht dank Tropfen-Notch und schmalen Display-Rändern einen modernen Eindruck. Es besitzt eine blau-gestreifte Rückseite, ab Werk ist zudem eine Schutzfolie auf dem Display angebracht. Insgesamt ist das Design schick und gefällig.
Zum Lieferumfang gehören ein Netzteil, ein USB-C-Kabel, Kopfhörer, ein SIM-Slot-Öffner und eine Anleitung in Deutsch. Die Anleitung ist sehr umfangreich und bietet sogar farbige Fotos der Smartphone-Oberfläche zur Erklärung. Alle Funktionen des Telefons werden übersichtlich und leicht verständlich Schritt für Schritt durchgegangen, sodass auch weniger versierte Nutzer mit ihr schnell Hilfe bekommen sollten. Eine Hülle ist nicht dabei.
Auf der Rückseite befinden sich der Fingerabdrucksensor und die Triple-Cam. Außerdem sind Symbole aufgedruckt, die sowohl die Funktionen der drei Tasten an der rechten Seite erklären sowie den Schacht für Nano-SIM- und Micro-SD-Karte kennzeichnen. Der interne Speicher von 64 GB ist nämlich erweiterbar.
Bei Ordissimo beginnt die Einrichtung wie bei einem normalen Android-Smartphone: Sprache auswählen, SIM-Karte einlegen, mit dem WLAN verbinden, Google-Konto und Assistant einrichten, das war es schon. Hier merkt man einen deutlichen Unterschied zum Smartphone von Doro, bei dem vorab viel mehr Fragen in Bezug auf die körperliche Verfassung des Nutzenden gestellt wurden. Ordissimo wendet sich allerdings auch nicht primär an Senioren, sondern an technisch nicht so bewanderte Anwender. Körperliche Einschränkungen sind weniger relevant.
Beim ersten Starten landet man auf dem normalen Android-Startbildschirm. Mittig befindet sich eine große Schaltfläche, mit der man die angepasste Oberfläche von Ordissimo aktivieren kann. Danach gibt es kein Zurück mehr und die stark veränderte Oberfläche wird ersichtlich. Ordissimo setzt auf eigene Symbole und Oberflächen, ab Werk sind zudem viele Apps auf dem Startbildschirm hinterlegt.
Widgets gibt es zwar nicht, mit einem Wisch nach links öffnet sich aber der App-Manager, mit dem unkompliziert zusätzliche Apps auf dem Startbildschirm hinzugefügt werden können. Praktisch: Da sie schon installiert sind, musst du sie quasi nur noch „liken“, um sie auf dem Startbildschirm hinzuzufügen. Dadurch gibt es weniger Spielraum für Fehler bei der Installation aus dem Play Store. Bei einem Wisch nach rechts öffnen sich standardmäßig die Kontakte.
Statt „Google Maps“ oder „Gmail“ ist zudem von „Landkarte“ oder „E-Mails“ die Rede. Das Tastenfeld für Anrufe fällt ebenfalls deutlich größer als normal aus. Ebenfalls gut: Die Optionen sind stark vereinfacht, damit Nutzer hier nicht so einfach verloren gehen. Hinter einigen Apps verstecken sich gewisse Eigenentwicklungen des Herstellers.
Ganz so stark an die Hand genommen wie bei Doro werden Nutzende insgesamt also nicht. Mit Android 10 ist das LeNumero2 zwar nicht topaktuell, im Alltag läuft es jedoch flüssig und macht einen soliden Eindruck. Die Kamera-App startet schnell, zudem werden ein 2-facher Zoom und auch ein Ultraweitwinkel geboten. Die Ergebnisse der Hauptkamera sind in Ordnung, das Ultraweitwinkel hat allerdings Probleme mit dem Weißabgleich und Fotos werden an den Rändern etwas unscharf. Für Schnappschüsse aus dem Urlaub reicht es aber allemal.
Damit macht das Ordissimo LeNumero2 sehr viel richtig und bietet eine vereinfachte, angepasste Oberfläche. Ein paar Schwächen gibt es aber: Neben der teilweilse unvollständigen Übersetzung der Oberfläche in den Optionen könnte selbige auch noch aktueller sein. Die letzte Version ist laut Dateiname auf dem Stand vom August 2020. Mit aktuell ca. 350 Euro* ist das LeNumero2 relativ teuer, bietet für das Segment aber eine vergleichsweise moderne Ausstattung.
Letztendlich ist es für eine Person meines Alters schwierig zu beurteilen, ob die Hersteller mit ihren Smartphones den Nerv von Nutzern älterer Semester treffen. Aus diesem Grund habe ich das Doro 8200 auf die Reise zu einem weiteren Praxis-Test geschickt: In die Hände meines 86 Jahre alten Großvaters, der zwar mobil und gut drauf ist, bisher aber noch nie ein Smartphone in den Händen gehalten hat. Ich wollte wissen, ob er damit wirklich im Alltag zurechtkommt und es auch tatsächlich nutzt.
Tatsächlich hat er sich nach einer kleinen und von mir begleiteten Einarbeitung in das Gerät sowie dem Austausch in seinem Freundes- und Bekanntenkreis mittlerweile gut an die Smartphone-Nutzung gewöhnt. Auf Grüße aus dem Urlaub reagiert er zum Beispiel relativ schnell. Auch wenn ihm die Wahl des passenden Smileys nicht immer gelingt, ist es trotzdem schön, neben den überschaubaren Treffen im Jahr auch so Kontakt halten zu können.
Er gesteht mir bei einem Treffen aber, dass er sich in einem Handyladen direkt einen Stift zur Eingabe gekauft hat. Die Feinmotorik ist schon etwas in die Jahre gekommen und die Eingaben über das Display stellen so die größte Hürde für ihn dar. Die ständige PIN-Eingabe hat ihn ebenfalls etwas im Alltag genervt, wobei das Entsperren mit dem Gesicht hier Abhilfe schafft. Apropos Handyladen: Wenn man dort kein Handy kauft oder Vertrag abschließt, sollte man bedenken, dass einem bei Problemen auch die Hilfe verweigert wird. Zumindest war das bei meinem Großvater der Fall. Wenn man wie ich nicht gleich um die Ecke wohnt, ist zumindest die Hilfe bei technischen Fragen dann mit etwas Aufwand verbunden.
Gibt es Alternativen zu einem Senioren-Smartphone?
Normale Smartphones sind für viele ältere Nutzer also keine wirkliche Alternative. Was aber, wenn die eigenen Großeltern kein dediziertes Senioren-Smartphone oder Gerät mit Touchscreen wollen?
Feature Phone
Dann könnte vielleicht ein Feature-Phone den gewünschten Zweck erfüllen. Die Geräte lassen sich noch mit haptischen Tasten bedienen. Da mit dem Alter die feinmotorischen Fähigkeiten der Hände oft nachlassen, ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ein Blick in unseren Klassiker-Bereich von Nokia gibt darüber Aufschluss, was der Markt aktuell so hergibt. Nokia hat nämlich auch in den letzten Jahren noch neue Feature-Phones wie das 230 oder 2660 Flip auf den Markt gebracht. Das Klapphandy Nokia 2720 Flip hatte sich Eike im Test sogar ausführlich angeschaut.
Mich hat ebenfalls interessiert, was die Geräte so können – oder auch nicht. Daher habe ich mir das Nokia 8000 4G besorgt. Tatsächlich fühlt sich das Phone an, als würde man eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit machen. Mich erinnert das 8000 4G bspw. an das Sony Ericsson W960i, das ich 2008 genutzt habe. Neben dem Formfaktor und den Tasten ist dafür vor allem ein kleines Detail verantwortlich: Snake ist vorinstalliert.
Tatsächlich hat das 8000 4G auf den ersten Blick nicht viel mit einem Smartphone gemeinsam. Das 2,8″-Display hat eine vergleichsweise geringe QVGA-Auflösung (320x240px) und ist natürlich deutlich kleiner als gewohnt. Wenn man seit Jahren an einen Touchscreen gewöhnt ist, muss man bei der Tasten-Bedienung zudem ganz schön umdenken. T3 lässt grüßen. Hat man nie einen Touchscreen benutzt, ist das natürlich eine andere Geschichte und man findet sich schnell zurecht.
Obwohl das Feature Phone etwas altbacken wirkt, werden aktuelle Dienste wie WhatsApp, YouTube oder Google Maps unterstützt. Die Kommunikation mit den Enkeln ist also gesichert. Als Betriebssystem kommt KaiOS zum Einsatz und die Apps findet man im KaiOS Store. Für das Nötigste ist das 8000 4G hardwareseitig mit Snapdragon 210 und 512 MB RAM gerüstet. Der herausnehmbare Akku bietet übersichtliche 1500 mAh, hält angesichts der geringen Display-Fläche aber trotzdem länger als bei einem Smartphone.
Für Fotos steht eine 2-MP-Kamera auf der Rückseite zur Verfügung. Die Ergebnisse der Kamera sind vor allem in Innenräumen (erwartungsgemäß) durchwachsen und wirklich nur für rudimentäre Einsatzzwecke vorgesehen.
Ansonsten ist das 8000 4G leicht und einfach bedienbar, setzt aber auf viel Kunststoff und fühlt sich daher nicht so hochwertig an. Dafür kommt es in bewährter Bauform daher und dürfte im Alltag deutlich mehr aushalten als Smartphones mit Vorder- und -Rückseite aus Glas. Eine speziell angepasste Oberfläche für Senioren bietet das Nokia 8000 genauso wie Feature Phones allgemein aber nicht.
Mittlerweile ist das Gerät auch leider nicht mehr zu bekommen, das Nokia 230 (Shop) dürfte aber in eine sehr ähnliche Kerbe schlagen.
EinfachFon
Eine weitere Alternative stellt der Anbieter „EinfachFon“ da. Dieser spendiert aktuellen Smartphones eine andere Oberfläche, die ebenfalls Senioren-freundlicher ist. Der Vorteil? Bei den Geräten handelt es sich zum Beispiel um das Nokia G22, das mit aktueller Hardware, guter Kamera, 5.050-mAh-Akku und einem großen Display aufwarten kann. Dazu gibt es eine ausführliche Bedienungsanleitung und das Smartphone kommt fertig eingerichtet zum Kunden. Das EinfachFon-G22 ist mit 199 Euro* ohne Vertrag aber auch etwa 55 Euro* teurer als das Original.
Der Startbildschirm des Smartphones erinnert kaum noch an Android, denn er ist ähnlich wie damals Windows Mobile in einzelne Bereiche unterteilt. Dadurch wirkt er sehr aufgeräumt und bietet Schnellzugriffe auf die grundlegenden Funktionen, die für Senioren wichtig sind. Mit dabei ist eine Notruf-Funktion. Es lassen sich allerdings auch zusätzliche Apps wie WhatsApp installieren.
Einfacher Modus
Einige Hersteller wie Samsung oder Oppo bieten bei ihren Smartphones einen „einfachen Modus“ an, der die Komplexität reduzieren soll. Wer sich jedoch eine komplett neue Nutzererfahrung darunter vorstellt, dürfte schnell enttäuscht werden. So wird meistens nur die Anzeige in Form von Schrift und Icons vergrößert, das Menü vereinfacht und der Kontrast erhöht.
Nichtsdestotrotz findet man in den Einstellungen von Android auch so viele Bedienungshilfen bei eingeschränkter Seh- oder Hörfähigkeit, die bei Doro bspw. bei der Einrichtung abgefragt werden. Schriftgröße verändern, Darstellung an Farbschwächen anpassen, Reaktionszeit ermitteln, Mono-Audio aktivieren, Untertitel für unterstütze Apps anzeigen lassen oder auch Text mit hohem Kontrast darstellen – das ist alles in diversen Untermenüs von Android zu finden. Es sollte daher vorab von einer Person eingerichtet werden, die sich mit Smartphones auskennt. Sprachbefehle sind übrigens auch eine gute Möglichkeit, das für ältere Anwender oft nervige Tippen zu umgehen.
Senioren-Smartphones: Meine Empfehlung
Du willst deiner Großmutter ein Smartphone schenken, aber wie entscheidest du dich nun am besten? Das hängt zuallererst von den Gegebenheiten ab. Gibt es körperliche Einschränkungen? Ist deine Großmutter technikaffin oder eher nicht? Wie groß ist ihr Wille, sich mit neuer Technik auseinanderzusetzen oder mit den Enkeln zu kommunizieren?
Sieht sie nicht mehr so gut und ist ihr technisches Verständnis ausbaufähig, dann liegt der Griff zu einem Senioren-Smartphone nahe. Sie bilden einen sehr guten Ansatz, wenn es darum geht, die tägliche Nutzung möglichst einfach zu gestalten. Durch die angepasste Oberfläche und das schrittweise Abwickeln eines Vorgangs vom Anfang bis zum Ende ist die Gefahr gering, dass etwas schiefgeht. Zudem berücksichtigen die Geräte bei der Einrichtung die meisten körperlichen Einschränkungen, was gerade im hohen Alter sinnvoll ist. In der Praxis hat mir das Konzept von Doro bspw. gut gefallen.
Für 270 Euro* ist Ausstattung des 8200 in Ordnung, obwohl “ normale“ Smartphones dieser Preisklasse natürlich modernere Hardware und damit eine höhere Zukunftssicherheit sowie insgesamt mehr bieten. Für den Seniorenalltag reicht das Gebotene des 8200 jedoch vollkommen aus.
Wenn die Feinmotorik in den Fingern eingeschränkt ist und daher gezieht ein Touchscreen vermieden werden soll, können Feature Phones wie das Nokia 2660 Flip oder 230 eine gute Alternative darstellen. Mit klassischem Tastenfeld umgehen sie die Hürde eines Touchscreens und ermöglichen trotzdem den Zugriff auf aktuelle Smartphone-Apps. Da die Tastengröße von Gerät zu Gerät unterschiedlich ausfällt, solltest du darauf besonders achten. Mit teils weniger als 100 Euro* sind Feature Phones sehr erschwinglich und haben eine deutlich längere Akkulaufzeit als Smartphones. Ihre Kameras sind aber keine Offenbarung und das Betriebsystem ist ebenfalls nicht speziell auf ältere Nutzende angepasst.
Soll es hingegen ein Smartphone sein, aber bitte mit guter Kamera, schnellem Prozessor und aktuellen Sicherheitspatches? Beim Anbieter EinfachFon bekommt das noch am ehesten. Dank vereinfachter und übersichtlicher Oberfläche sind die Geräte trotzdem für ältere Nutzer geeignet. Das OS wirkt bedingt durch die bunten Farben allerdings auch sehr verspielt und ist optisch ziemlich weit vom normalen Android entfernt. Man „outet“ sich dadurch also schnell als Nutzer eines Senioren-Smartphones, was mitunter tatsächlich ein Problem darstellen kann.
Will man das vermeiden, kommt womöglich das Ordissimo LeNumero2 in Frage. Die sinnvolle und leicht verständliche Oberfläche unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht so sehr vom normalen Android und punktet trotzdem mit vielen Funktionen. Das LeNumero2 ist mit 350 Euro* zwar nicht günstig, bietet die gute Benutzererfahrung aber in Verbindung mit einem Achtkern-Prozessor, großem Display, solider Triple-Cam, einem halbwegs aktuellen Android und 4000-mAh-Akku. Ein Fingerabdrucksensor ist ebenfalls dabei und das Gerät lässt sich sogar mit dem Gesicht entsperren.
Es gibt also einige Möglichkeiten. Bei meinen Eltern habe ich es bpsw. mit normalen Smartphones versucht und jetzt rufen sie mich schon mal an, wenn es darum geht, eine App aus dem Play Store zu installieren. Das Aktivieren des einfachen Modus würde ihnen vermutlich nicht helfen, die Oberfläche eines Smartphones für ältere Nutzer vielleicht schon. Meine Mutter hat die Sprachsteuerung immerhin dazu gebracht, mutiger und schneller im Umgang mit dem Smartphone zu werden. Es ist also auch ratsam, ein Gerät mit gut funktionierender Sprachsteuerung auszuwählen. Für ältere Leute kann sich ein Stift als Eingabehilfe ebenfalls anbieten.
Im Gegensatz dazu sind meine Schwiegergroßeltern noch etwas jünger und fit im Umgang mit Technik. Sie haben mit einem normalen Smartphone daher keine Probleme. Du solltest deine Entscheidung also unbedingt davon abhängig machen, was in deiner Familie der Fall ist. Es ist aber immer ratsam, die Einrichtung und Grundfunktionen gemeinsam mit der zukünftig nutzenden Person durchzugehen. Solange das Phone (auch auf längere Sicht) funktioniert, bin ich überzeugt, dass die Hardware zweitrangig ist. Das gilt jedoch nicht für die Reaktionsgeschwindigkeit des Displays und eine zu langsame Performance im Allgemeinen. Hier will niemand unnötig Zeit und Nerven vergeuden.
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Stand: Juli 2023
Fotos: Pixabay 1, 2; Einfachfon